Ist es ein Erfolg? Oder doch eher ernüchternd, wenn die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) rund ein Drittel der teilnehmenden Flüchtlinge in einem Ende März ausgelaufenen Pilotprojekt in eine feste Arbeit oder Ausbildung vermitteln konnte „Ordentlich“, nennt vbw-Chef Bertram Brossardt das Ergebnis des neunmonatigen Qualifizierungsprogramms für 109 Flüchtlinge vor allem aus Eritrea, Afghanistan, Äthiopien, Syrien und dem Iran, für das der Wirtschaftsverband knapp eine Million Euro ausgegeben hat.
35 der Teilnehmer konnten bislang in den Arbeitsmarkt integriert werden – vor allem in der Metallbranche, im Pflegebereich, in der Logistik und im Handwerk. 18 Teilnehmer brachen den Kurs vorzeitig ab, vier wurden abgeschoben. Die Erfolgquote liege auf einem Niveau mit ähnlichen Fortbildungsmaßnahmen für deutsche Langzeitarbeitslose, so Brossardt. Zudem dürfe man nicht folgern, dass die zwei Drittel noch nicht Vermittelten am deutschen Arbeitsmarkt gescheitert seien: Bei vielen stünden vor allem mangelnde Deutschkenntnisse einer dauerhaften Beschäftigung im Wege. „Wer aber die Schritte in den Arbeitsmarkt nicht auf einmal nehmen kann, dem müssen wir eben eine Treppe zur Verfügung stellen“, fordert der Verbandschef.
Er habe sich selbst einen Eindruck von den Teilnehmern verschaffen können: „Und ich war von der Leidenschaft und der Leistungsbereitschaft dieser Menschen extrem positiv überrascht“, sagt Brossardt.
Auch die 83 beteiligten Unternehmen an den fünf ausgewählten Standorten München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg und im niederbayerischen Mainburg hätten durchweg ein sehr positives Fazit gezogen. Vor allem der Integrationswille der Teilnehmer sei überall sehr gelobt worden.
Allerdings verfügten die von der Bundesagentur für Arbeit ausgewählten Teilnehmer auch über eine für Flüchtlinge überdurchschnittliche Qualifikation: Knapp zwei Drittel haben mehr als zehn Jahre eine Schule besucht, 26 Prozent haben sogar einen Hochschulabschluss. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 32 Jahren, knapp achtzig Prozent waren Männer.
Als problematisch habe sich erwiesen, dass die formale Qualifikation und die im Heimatland bereits ausgeübte Tätigkeit oft weit auseinandergehe, berichtet Brossardt: „Da hat jemand zwar Wirtschaft studiert, aber als Gärtner gearbeitet.“
Wichtig sei deshalb neben der Vermittlung der Deutschkenntnisse vor allem eine schnelle Feststellung der tatsächlichen Fähigkeiten und eine enge persönliche Begleitung beim Berufseinstieg: „Je individueller man arbeitet, desto größer der Erfolg.“
Das Modellprojekt habe auch gezeigt, dass Berufsinhalte trotz ähnlicher Bezeichnung im Heimatland und in Deutschland „in der Regel nicht vergleichbar sind“. Auch „falsche Vorstellungen bezüglich deutscher Berufsbilder und Arbeitsweisen“ hätten sich als Herausforderung erwiesen. Hier müssten „realistische Berufswege erschlossen werden“.
Oft machten aber auch sehr konkrete Probleme den Berufserfolg schwierig: Wie etwa kommt man auf dem Land von der zugewiesenen Unterkunft zu einer weit entfernten Arbeitsstätte? In Gemeinschaftsunterkünften hätten die Flüchtlinge zudem mit Schlafmangel und Lärm zu kämpfen: „Die sind dann oft schon müde, wenn sie in der Arbeit ankommen“, so Brossardt.
Der vbw will aus den Erfahrungen lernen und nun zwölf dauerhafte Projekte zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen starten. Bis 2019 will Bayerns Wirtschaft so rund 60 000 Flüchtlingen einen Job vermitteln.