
Arbeitgeber und Gewerkschaften rufen die Unternehmen in Bayern auf, zum Schutz vor Corona-Infektionen den Mitarbeitern noch stärker als bislang ein Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen: "Wo immer es geht, sollten Unternehmen den Beschäftigten mobile Arbeit gewähren", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Arbeitgeberverbandes vbw und der Gewerkschaft DGB Bayern nach einem "Homeoffice-Gipfel" bei Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Söder will finanzielle Homeoffice-Anreize für Firmen
"Jedes Unternehmen sollte prüfen, wo es bei dem Thema noch Luft nach oben gibt", heißt es in dem Appell von Mittwoch weiter. Auf die Vereinbarung einer fixen Homeoffice-Quote wurde allerdings genauso verzichtet wie auf klare rechtliche Regelungen. Eine gesetzliche Grundlage sei in der aktuellen Situation auch nicht nötig, erklärte Söder nach dem Treffen. Er könne sich allerdings finanzielle Anreize des Staates für die Firmen vorstellen, damit sie mehr Arbeitsplätze daheim einrichten – etwa über steuerliche Abschreibungen.
Vor dem Treffen hatte der Ministerpräsident noch "feste Zielvereinbarungen" für mehr Homeoffice verlangt. Zwar sei nicht jede Branche gleich: "Aber die Bereitschaft generell muss deutlich erhöht und verbessert werden", forderte Söder zunächst. Nach dem Treffen klang er weniger forsch: Man habe zwar keine festen Quoten vereinbart, dafür gebe es für die Firmen nun "ein Mehr an Möglichkeiten".
Aiwanger: Beim Homeoffice in Bayern "noch Luft nach oben"
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte sich im Gegensatz zu Söder von vorneherein gegen verpflichtende Regeln für die Firmen ausgesprochen. Mehr Homeoffice erreiche man "nicht mit der Brechstange, sondern mit gesundem Menschenverstand", sagte Aiwanger auch nach dem Spitzentreffen. Rund 40 Prozent der Jobs in Bayern seien grundsätzlich für Homeoffice geeignet, so der Wirtschaftsminister. Etwa 25 Prozent der Arbeitnehmer arbeiteten derzeit zumindest teilweise von zu Hause aus: "Da ist also schon noch Luft nach oben."
Grüne und SPD fordern von Söder verbindliche Regeln
Die Grünen im Landtag hatten bereits in der vergangenen Woche einen "Pakt für Heimarbeit" gefordert: Es sei den Menschen nicht zu vermitteln, dass Schulen und Geschäfte geschlossen seien, während die zahlreichen Kontakte am Arbeitsplatz nicht überall ausreichend reduziert würden, kritisierte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Auch die SPD fordert von Söder "verbindliche Regeln, dass jedes Unternehmen Homeoffice anbieten muss, sofern keine dringenden betrieblichen Gründe dagegen stehen".
Homeoffice wäre "in mehr Bereichen möglich, wird aber nicht überall gemacht", beklagt derweil Marietta Eder, die stellvertretende Verdi-Bezirksgeschäftsführerin in Unterfranken. Gründe dafür sieht Eder in der "Präsenzkultur" mancher Unternehmen, in fehlender technischer Ausstattung durch den Arbeitgeber sowie in Regeln bei der Steuer oder auch beim Arbeitsschutz, die nicht arbeitnehmerfreundlich sind. "Vieles ist zudem noch ungeregelt", kritisiert Eder. Dies liege auch an Söder, dessen CSU sich in Berlin einer gesetzlichen Regelung für das Homeoffice bislang verweigert habe.
DGB-Unterfranken: Klare gesetzliche Homeoffice-Regeln nötig
"Faktisch ändert Söders Homeoffice-Gipfel wenig", sagt auch DGB-Regionalgeschäftsführer Frank Firsching: "Das ist schon ein bisschen Show." Mittelfristig seien ohnehin klare gesetzliche Regeln für das Homeoffice nötig, fordert Firsching. Dabei dürften die Firmen weder Kosten auf die Arbeitnehmer abwälzen, noch den Arbeitsschutz einschränken: "Und die Beschäftigten müssen selbst entscheiden können, ob sie zu Hause oder im Büro arbeiten wollen."