Mit stehenden Ovationen haben die Abgeordneten des Bayerischen Landtags Tschechiens Ministerpräsident Petr Necas zum Abschluss seines zweitägigen Staatsbesuchs in München gefeiert. Ihr Applaus galt einer bewegenden Rede, welche die Erwartungen an eine Geste der Aussöhnung rund sieben Jahrzehnte nach Krieg, Mord und Vertreibung deutlich übertraf.
Zwar wich der 48-jährige tschechische Regierungschef nicht vom offiziellen Kurs Tschechiens gegenüber den Sudetendeutschen ab. Er stellte fest: „Die Eigentumsverhältnisse vor dem Krieg können nicht wiederhergestellt werden.“ Aber er formulierte mutige Sätze, die weit über das hinausgehen, was sich tschechische Politiker normalerweise zu bekennen trauen. Necas sagte: „Wir bedauern, dass durch die nach dem Kriegsende erfolgte Vertreibung sowie zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der damaligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung unschuldigen Menschen Leid und Unrecht zugefügt wurde.“ Zugleich stellte er den „kollektiven Charakter der Schuldzuweisung“ infrage, wodurch den Sudetendeutschen für die Gräueltaten der Nationalsozialisten in der Tschechoslowakei über Jahrzehnte eine pauschale Mitschuld gegeben worden war.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) sprach von einem „historischen Tag für Bayern“. Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, zeigte sich zufrieden: „Aus einem kleinen Schritt ist ein sehr großer geworden.“ Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sieht „Riesenschritte“ im Verhältnis zwischen Bayern und Tschechien. Doch gebe es noch viel zu tun: „Normalität haben wir dann, wenn sich die Frage nach der Normalität nicht mehr stellt.“