Großeinsatz in und um Oberstdorf am Mittwoch. Plötzlich klagen mehrere Wanderer über teils heftige Magen-Darm-Beschwerden - insgesamt fliegen Rettungskräfte neun Menschen von verschiedenen Hütten rund um Oberstdorf ins Tal. Sogar eine Evakuierung der Berghütten stand im Raum. Über 50 Ärzte, Sanitäter und Mitglieder der Bergwacht waren im Einsatz.
Nach der komplizierten Rettung am Mittwoch sorgen sich nun Wanderer, die in den Hütten Schutz suchen wollen. Gibt es weitere Infizierte? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Nach Hütten-Großeinsatz am Mittwoch: Wie war die Lage in der Nacht?
Auf den betroffen Hütten waren in der Nacht jeweils ein Arzt, ein Sanitäter und ein Mitglied der Bergwacht stationiert, teilt das Landratsamt mit. Die Fachleute gingen davon aus, dass in der Nacht noch weitere Erkrankte die Hütten besuchen wollten. Am Donnerstagvormittag ist klar: Es gibt weitere Fälle von Magen-Darm-Erkrankungen. Vier weitere Infizierte meldet das Landratsamt in einer Mitteilung. Einer von ihnen hatte so starke Beschwerden, dass er mit einem Hubschrauber ins Tal geflogen wurde.
Insgesamt leiden laut Landratsamt also 19 Männer und Frauen nach einem Besuch einer Berghütte im Bereich Oberstdorf an einer Magen-Darm-Erkrankung. Ob sie alle am Norovirus erkrankt sind, ist bislang allerdings nicht gesichert. Die Labordiagnostik werde noch einige Tage in Anspruch nehmen, so eine Sprecherin.
Norovirus bei Hütten im Oberallgäu: Was sagt ein Bergführer?
"Wir sind in engem Kontakt mit den Hüttenwirten", sagt Bernd Zehetleitner. Er leitet die Bergschule Oberallgäu - und führt damit Wanderer auch in die Hütten, die derzeit vom Norovirus betroffen sein könnten. Denn über einige Hütten im Oberstdorfer Gebiet führt der Weitwanderweg E5 oder der Heilbronner Höhenweg.
Momentan gebe es aber keinen Grund, die Touren abzusagen, sagt Zehetleitner. Am Telefon betont der Bergführer, dass die Bergschule unbesorgt sei. Vor Ort gebe es keinerlei Einschränkungen mehr, die Hütten könnten wie geplant angelaufen werden.
Zwar hatte Zehetleitner damit gerechnet, dass aufgrund der Berichterstattung einige Wanderer besorgt anrufen würden. Doch das sei nur vereinzelt der Fall gewesen.
Fast jedes Jahr komme es in den Allgäuer Hütten zu solchen Vorfällen. Dass es bereits zu Beginn der Saison auf den Hütten zu einem Viren-Ausbruch kommt, sei allerdings ungewöhnlich, sagt er. Meist sei das erst gegen Ende der Saison der Fall.
Wie geht es auf den Oberallgäuer Berghütten nun weiter?
Kann die Infektionskette beim Norovirus schnell gebrochen werden, beruhige sich die Lage nach 24 Stunden zunehmend, so das Landratsamt. In den betroffenen Hütten nahmen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Lebensmittel- und Wasserproben. Hüttenwirte, Helferinnen und Helfer wurden aufgefordert, die Hütten gründlich zu desinfizieren. Geschlossen wurde keine der Hütten, teilt das Landratsamt mit.
Was war die Ursache für den Norovirus-Ausbruch im Allgäu?
„Das können wir nicht sagen“, erklärte dazu bereits gestern Ralph Eichbauer vom Landratsamt. Er betonte, den Hüttenwirten sei nach jetzigem Stand kein Vorwurf zu machen. Auch am späten Mittwochnachmittag teilt das Landratsamt mit: "Wo das Ausbruchsgeschehen seinen Anfang nahm, wird sich vermutlich nicht mehr rekapitulieren lassen."
Was müssen Wanderer im Oberallgäu nun beachten?
Durch den Großeinsatz am Mittwoch sollen sich Wanderer nicht von einem Besuch einer Oberstdorfer Berghütte abschrecken lassen, teilt das Landratsamt mit. Ein direkter Kontakt mit der Hütte, um zum Beispiel nach geänderten Öffnungszeiten zu fragen, sei gegebenenfalls sinnvoll.
Vor einzelnen Hütten will Notarzt Martin Fiedermutz nicht warnen. "Derzeit würde das aber der Lage nicht gerecht werden", sagte er gegenüber unserer Redaktion. Wie immer gilt: "Wer sich bei seiner Wanderung in den Bergen unwohl und in der Lage fühlt, sollte gegebenenfalls über einen Abstieg nachdenken und einen Arzt konsultieren", schreibt das Landratsamt.
Symptome: Woran erkenne ich eine Norovirus-Infektion?
- Das Norovirus bewirkt laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) meist eine Magen-Darm-Erkrankung.
- Die Erreger werden dabei von Erkrankten massenhaft mit dem Stuhl und dem Erbrochenen ausgeschieden - sie sind hoch ansteckend.
- Sie werden meist über eine Schmierinfektion von Mensch zu Mensch übertragen.
- Aber auch winzige virushaltige Tröpfchen in der Luft, die beispielsweise während des Erbrechens entstehen, sind sehr ansteckend.
- Aber auch an Gegenständen wie Türgriffen, Armaturen oder Handläufen können die Erreger haften.
- Ebenso ist eine Infektion über rohe Lebensmittel wie Salate, Obst oder Meerestiere, oder über verunreinigtes Wasser oder andere Getränke möglich.
Die Symptome beginnen meist mit heftigem Durchfall, Übelkeit und schwallartigem Erbrechen. Hinzu kommen häufig starke Bauchschmerzen und gelegentlich auch leichtes Fieber und Kopfschmerzen. Durch die starken Brechdurchfälle kommt es rasch zu einem Flüssigkeitsmangel im Körper. Dadurch fühlen sich Erkrankte häufig schwach und schwindelig. Meist klingen die Beschwerden nach ein bis zwei Tagen vollständig ab.