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Allgäu
Prozess in Kempten: Urteil gegen Klima-Aktivisten der Letzten Generation
Nach einer Sitzblockade stehen Mitglieder der "Letzten Generation" in Kempten vor Gericht. Tränen fließen beim Prozess – doch die Richterin bleibt hart.
Laura Wiedemann
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:30 Uhr

„Ich bin verzweifelt, wenn ich in die Zukunft blicke“, sagte eine Klimaaktivistin unter Tränen vor dem Kemptener Amtsgericht. Am 30. Mai blockierte sie mit weiteren Mitgliedern der „Letzten Generation“ die B12-Abfahrt in Richtung Innenstadt – es war die erste von mittlerweile drei solcher Aktionen in Kempten. Wegen Nötigung und der Beihilfe dazu wurde sieben Beteiligten nun der Prozess gemacht.

Die Beschuldigten kämpften für ihre Sache, sieben Stunden zog sich die Verhandlung. Am Ende sagte die Richterin: „Ich verstehe sie. Klimaschutz ist emotional. Es geht aber nicht um politische Einstellungen, sondern um eine strafbare Handlung.“

Letzte Generation: Was wurde den Angeklagten vorgeworfen?

Hunderte Autofahrerinnen und Autofahrer standen im Stau, nachdem sich sechs der sieben Beschuldigten auf einen Fußgängerüberweg gesetzt hatten – zwei von ihnen hatten sich an der Fahrbahn festgeklebt. Angemeldet war die Blockade nicht, auch wenn der Verteidiger einer beschuldigten Aktivistin versuchte, anderes zu beweisen. Die Richterin sagte dazu: „Eine Pressemeldung, die eine Stunde nach Eintreffen der Polizei erschienen ist, ist wahrlich kein Beweis für eine Ankündigung.“

Überrascht und wütend waren viele vom Stau Betroffene damals. Sie sind es teils noch heute, wie die Aussage eines Autofahrers aus dem Füssener Raum zeigte: „Ich habe mich gefühlt wie eingesperrt, konnte für zwei Stunden weder vor noch zurück.“ Auch zur Arbeit sei er zu spät gekommen. Von der Forderung nach dem Aus für fossile Energie, die Aktivisten während der Aktion auf Bannern zeigten, habe er mitbekommen. Auch er setze sich für den Umweltschutz ein, etwa durch erneuerbare Energie, die er für sein Zuhause nutze: „Ich denke aber nicht, dass die Protestierenden mit ihrem Weg ihre Zielen erreichen werden.“

Was sagen die Klimaaktivisten zu den Vorwürfen?

Die Aktivistinnen und Aktivisten, die großteils im Oberallgäu leben, sahen das freilich anders. Mehrere Minuten trug jeder von ihnen seine Ansichten vor, bevor die Beweisaufnahme begann. Etwa zum Vorschlag aus der Bundesregierung, das „Containern“ straffrei zu machen – also das Retten von Lebensmitteln, bevor diese im Supermarkt-Müll landen. Die „Letzte Generation“ startete ihre Arbeit im Januar vergangenen Jahres mit einer Kampagne dazu. Ein 67-jähriger Beschuldigter sagte: „Ziviler Ungehorsam, auch in Form von Sitzblockaden, ist notwendig und zielführend. Das zeigen zahlreiche Beispiele.“ Seit 40 Jahren sei er bei solchen Aktionen dabei, kämpfte etwa für den Atomausstieg.

Etwa 50 Zuschauende verfolgten die Verhandlung im Sitzungssaal. Immer wieder betonten die Beschuldigten, dass sie sich im Recht sehen. Grund dafür sei ihr friedlicher Protest und vor allem ihr Anliegen, die Klimakatastrophe zu verhindern. Friedlich seien sie, bestätigten zwei Polizeibeamte, die bei der Aktion im Mai im Einsatz waren. Einer von ihnen sagte im Zeugenstand: „Sie waren ruhig und klar, aber reduziert.“ Auf verbale Angriffe von Autofahrern seien die Protestierenden nicht eingegangen, hätten mit ihnen aber auch nicht über den Klimawandel gesprochen. Ein 21-jähriger Beschuldigter, der aus Leipzig für die Aktion im Mai angereist war, sagte: „Der Rückhalt in der gesamten Gesellschaft ist größer als der Hass auf der Straße.“

Was sagt der Staatsanwalt zu den beantragten Beweismitteln?

Gutachten von Umweltwissenschaftlern, Protestforschern oder ein Urteil zu einer ähnlichen Blockade in Berlin wollten die Beschuldigten in seitenlangen Anträgen als Beweismittel einbringen. Immer wieder wehrten Richterin und Staatsanwalt dies ab. Die klimapolitischen Ziele der Beschuldigten seien zwar Gegenstand, aber eben nicht im Detail. Der Staatsanwalt sagte: „Vor allem gibt es ausreichend andere Möglichkeiten für sie, zum Beispiel eine angemeldete Demo.“

Am Ende erhielten alle sieben Aktivistinnen und Aktivisten eine Geldstrafe – zwischen 300 und 3000 Euro, je nach Tagessatz. Weniger als in den Strafbefehlen, gegen die die Beschuldigten Einspruch eingelegt hatten, ursprünglich vorgesehen war.

 
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