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MÜNCHEN
Alles wieder ganz normal bei der Bayern LB?
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 29.07.2017 03:15 Uhr

Die Mitteilung aus Brüssel kam in einer schmucklosen E-Mail: Mit dürren Worten teilte die EU-Kommission in Brüssel der staatlichen BayernLB kürzlich mit, dass die scharfe EU-Kontrolle der Landesbank nach Rückzahlung der geforderten fünf Milliarden Euro in die bayerische Staatskasse beendet ist.

Der Freistaat hatte seine nach gescheiterten Spekulationsgeschäften am finanziellen Abgrund stehende Landesbank Ende 2008 mit stolzen zehn Milliarden Euro am Leben erhalten. Das Haftungsrisiko für Bayerns Steuerzahler lag in den schlimmsten Zeiten bei über 100 Milliarden Euro. Auch auf Brüsseler Druck hin schrumpfte die Bank in den letzten Jahren massiv, um am Leben zu bleiben. Sie löste Risikogeschäfte auf, verkaufte Beteiligungen wie die LBS oder die Wohnungsgesellschaft GBW. Sie trennte sich auch unter Milliardenverlusten von ihren gescheiterten Auslandsexperimenten in Österreich oder Ungarn.

Heute sei die Bank aber „nicht nur gerettet, sondern stabiler, als je zuvor“, jubilierte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) am Mittwoch in einer Regierungserklärung zum Thema im Landtag. Einen ganzen „Rucksack schwerster Steine“ seien die Bank, aber auch er selbst als zuständiger Minister in den letzten Jahren nach und nach losgeworden: „Da war Glück dabei, aber auch viel Geschick“, findet Söder.

37 Länder auf der schwarzen Liste

Einen Schlussstrich würde der Finanzminister nun gerne ziehen unter ein dunkles Kapitel bayerischer Wirtschaftsgeschichte, das auch die CSU wegen der einst engen personellen Verflechtungen zur Bank selbst schwer in Bedrängnis gebracht hatte. Alle Auflagen seien „übererfüllt“, argumentiert Söder. Die BayernLB sei endlich wieder „in einem ordentlichen, normalen Geschäftsmodus“.

Eine Euphorie, die die Landtags-Opposition nicht teilen will. Zwar erkennt man dort sehr wohl an, dass die BayernLB viele Altlasten besser, als befürchtet, losgeworden ist. Der SPD-Haushaltsexperte Harald Güller erinnerte Söder allerdings daran, dass trotz der Milliardenrückzahlungen noch knapp fünf Milliarden Euro Staatshilfe offen sind.

Seit 2009 seien zudem allein an Zinsen für die staatliche BayernLB-Hilfe stolze 2,55 Milliarden Euro angefallen. „Mit diesem Geld hätten wir 2100 Lehrer und 2100 Polizisten zehn Jahre lang bezahlen können“, rechnete Güller vor: „Oder sämtliche 14 000 Kilometer Staatsstraßen hätten damit saniert werden können – und wir hätten noch 300 Millionen Euro übrig gehabt.“

Allein in den 31 Minuten der Söder-Rede im Landtag seien für die noch offenen Schulden erneut rund 16 500 Euro Zinsen aufgelaufen, so Güller: „Es ist heute nicht der Zeitpunkt für einen Schlussstrich.“ Die neue „Beinfreiheit“ durch das Ende der EU-Kontrolle dürfe zudem etwa nicht „zur Veränderung von Gehaltsstrukturen im Vorstand“ führen, mahnte der SPD-Politiker.

Neben der offenen Schulden-Rückzahlung bemängelte die Opposition an Söders Rede zudem fehlende Details zur künftigen Geschäftsstrategie der Bank: Zwar beteuerte Söder erneut, dass die Bank auf Risikogeschäfte künftig verzichten werde. Neues Auslandsgeschäft werde strikt kontrolliert, auch gebe es eine „No-Go-Liste“ mit 37 Ländern, in denen die Bank nicht aktiv sein darf.

Doch ob die BayernLB im hart umkämpften Mittelstandsgeschäft tatsächlich die noch offenen Milliarden verdienen kann? Ein Verkauf der Bank stehe jedenfalls nicht zur Debatte, beteuerte Söder: Die bayerische Wirtschaft brauche einen starken bayerischen Bankpartner. Kürzlich hatte der Minister sogar davon gesprochen, mit der Bank wieder „klassische Industriepolitik“ machen zu wollen – was manchen BayernLB-Experten in Erinnerung an die einst beim Fernsehmogul Leo Kirch versenkten Landesbank-Milliarden neuen Angstschweiß auf die Stirn treibt.

 
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