Im Gras liegen leere Kaffeebecher und Pizzakartons, Bier- und Weinflaschen, Chipstüten, Zigarettenkippen. Wie groß das Müllproblem im Englischen Garten in München ist, zeigt sich in den frühen Morgenstunden. Dann, wenn der Aufräumtrupp mit der Greifzange anrückt. "Insbesondere feiernde Gruppen lassen nach Einbruch der Dunkelheit oftmals ihren Müll liegen", sagt Ines Holzmüller von der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, die für den Park zuständig ist.
Jeden Tag fällt derzeit im Englischen Garten eine halbe Tonne Abfall an
Und der Müll in Münchens grüner Lunge wird immer mehr, Holzmüller spricht von einem "enormen Anstieg des Abfallaufkommens". Waren es 2019 noch 163 Tonnen, kamen 2021 bereits 260 Tonnen zusammen. Bei schönem Wetter, sagt Holzmüller, fällt derzeit jeden Tag eine halbe Tonne Abfall an.
Und das Problem gibt es ja nicht nur im Englischen Garten. Vor den Wertstoffinseln in der Landeshauptstadt türmen sich die Flaschen, weil die Glascontainer entweder voll sind oder die Leute zu bequem, sie einzuwerfen. An der Isar türmen sich Kartons und Plastikverpackungen, seit die Lieferdienste auch dorthin Essen bringen. Grünen-Stadträtin Julia Post sagt. "München ist insgesamt eine saubere Stadt." Dennoch hätten sich in den vergangenen Jahren Beschwerden gehäuft über all den Abfall, der an Wertstoffinseln, in Parks und auf Grünflächen herumliegt. Oder auch über Zigarettenkippen an Spielplätzen und Haltestellen.
Waste Watcher sollen in München bald Bußgelder verhängen dürfen
Deswegen sollen in München bald Waste Watcher zum Einsatz kommen – eine Müll-Patrouille, die Bürgerinnen und Bürger anspricht, wenn sie achtlos ihren Abfall wegwerfen. Im Ernstfall sollen die Mitarbeiter sogar Bußgelder verhängen dürfen. Wie hoch dieses sein könnte, ist noch nicht klar.
Ein breites Bündnis mehrerer Fraktionen hat im Juli einen entsprechenden Antrag im Stadtrat eingebracht und sich darauf verständigt, Waste Watcher an den Wertstoffinseln und in Grünanlagen einzusetzen. Grünen-Politikerin Julia Post sagt: "Bei den Waste Watchern geht es nicht ums Schnüffeln, es geht um Prävention, Information und Aufklärungsarbeit."
Das Konzept stammt aus Hamburg, die Münchner Kommunalpolitiker haben es sich bei einem Besuch im Mai angeschaut. In der Hansestadt sind seit einigen Jahren Waste Watcher im Einsatz. Gerade jetzt, wenn in den Parks gegrillt wird, wenn junge Menschen sich am Elbestrand auf ein Bier treffen, ziehen die Mitarbeiter der Stadtreinigung los und suchen das Gespräch, "Clean Schnack" nennen sie das dort. Sie erklären, dass eine weggeschnippte Zigarette im schlimmsten Fall 80 Liter Grundwasser unbrauchbar machen kann, verteilen Taschen-Aschenbecher und Müllsäcke und ahnden, wenn es nötig ist, wilde Müllablagerungen. Grünen-Politikerin Post sagt: "Dieses Konzept wollen wir auch in München erproben."
Dabei hatte es einen solchen Vorstoß in der bayerischen Landeshauptstadt schon gegeben. Im Mai 2022 hatte Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) beantragt, Detektive anzuheuern, um gegen die Vermüllung von Wertstoffinseln in der Stadt vorzugehen. Grün-Rot erteilte dem Vorstoß damals eine Abfuhr – mit dem Hinweis, man wolle Bürgerinnen und Bürgern nicht hinterherspionieren. SPD-Stadträtin Kathrin Abele sagt zum jetzigen Konzept: "Wir wollen aufklären, nicht plump bestrafen."
Müll ist auch in Augsburg ein Problem
Natürlich ist die Sache mit dem achtlos weggeworfenen Müll nicht nur ein Münchner Thema, auch in Augsburg etwa kennt man das Problem. Am Rathausplatz und am Königsplatz quellen die Abfalleimer über, gerade während der Corona-Pandemie häuften sich die Beschwerden über Müll in den Parks, an anderen Plätzen hat es sich "eingebürgert", wie es im Umweltreferat der Stadt heißt, dass Sperrmüll, Autoreifen oder Bauschutt rund um Wertstoffinseln abgelagert werden. Pläne, Waste Watcher in der Stadt einzusetzen, gibt es dennoch nicht. Ein Außendienstmitarbeiter des Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungsbetriebs ist mit der "Nachsorge zu begangenen Müllsünden" befasst. Und im Juli waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsdienstes eine Woche lang in der Innenstadt auf Straßen, Plätzen und in Grünanlagen unterwegs, um auf das Thema Vermüllung aufmerksam zu machen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit einem Lächeln – und mit Handaschenbechern, die an Raucherinnen und Raucher verteilt wurden.
München: Nächsten Sommer sollen "Waste Watchers" starten
Und in München? Dort soll die Verwaltung nun ein Konzept erarbeiten, wie das Modell in der Landeshauptstadt genau aussehen soll. Grünen-Politikerin Post hofft, dass die Waste Watcher im nächsten Sommer schon in der Stadt unterwegs sein können.
Im Englischen Garten hat man die Müllbeseitigung, die vorher die Schlösserverwaltung übernommen hat, seit dem Frühjahr an eine Privatfirma übergeben. Und man hat größere Abfalleimer aufgestellt, die täglich geleert werden. Doch das alles hilft nur, wenn sie auch benutzt werden.