Es war gar nicht so leicht für Otto von Bismarck, sich den Titel Eiserner Kurgast zu verdienen. Seinen ersten Besuch in Kissingen verleidete ihm der Magdeburger Böttchergeselle Eduard Kullmann.
Der verübte am 13. Juli 1874 vor dem Haus Diruf in der Saalestraße ein Attentat auf den Reichskanzler wegen dessen Verhalten im Kulturkampf gegen die katholische Kirche. Bismarck wurde nur leicht verletzt und nahm zumindest Kissingen den Vorfall nicht krumm. „Die Sache ist zwar nicht kurgemäß, aber das Geschäft bringt es eben so mit sich“, sagte er.
Eine Herausforderung in Lebensgröße stellte für Bismarck zudem sein 1877 unweit der Unteren Saline errichtetes Denkmal dar. Angeblich hat er allerdings sein metallenes Ebenbild nie gesehen. Es störe ihn, „wenn ich gewissermaßen fossil neben mir dastehe“, soll er einmal erklärt haben. Denn er wäre „von der größten Verlegenheit, [...] mit welchem Gesicht ich an meiner Statue vorbeigehen sollte“.
Kullmanns Kugel
Die Freude an Kissingen haben Bismarck weder das Denkmal noch Kullmanns Kugel verdorben. Nach dem Attentat kehrte er noch 14-mal zurück. Zumindest solange er als Reichskanzler im Amt war, machte dabei gerne der Scherz die Runde, der Mittelpunkt des Reiches sei jetzt nach Kissingen verlegt. Und selbst nach der Entlassung war er, wie Theodor Fontane es formulierte, „hier immer noch unentthronter Gott“.
Zur Gedenktafel an der Stelle des Anschlags und zum Standbild kamen seither diverse weitere Orte und Arten des Gedenkens an einen Politiker, der es zu Lebzeiten zum Status einer Legende gebracht hatte. Die bekanntesten sind das Bismarckmuseum und der Bismarckturm. Für die Kissinger nicht weniger wichtig: Der von Alexander Karl verkörperte Bismarck gehört zum inneren Kreis der historischen Persönlichkeiten, mit denen die Kurstadt alljährlich Ende Juli beim Rakoczy-Fest an ihre glanzvolle Zeit als Weltbad erinnert.
In diesem Jahr ist Otto von Bismarck in Bad Kissingen sogar ganz besonders präsent. Zur Feier seines 200. Geburtstags am 1. April stellt die Stadt ihren Eisernen Kurgast in allen Facetten dar, mal tiefschürfend und mal oberflächlich-unterhaltsam (Programm).
Den Politiker und sein Kissinger Diktat, in dem er die Grundzüge seiner Außenpolitik formulierte, würdigt eine Sonderausstellung im Museum Obere Saline. Eine Ausstellung mit Mail-Art-Kunstwerken rund um Bismarck setzt in der Orangerie der Oberen Saline künstlerische Kontrapunkte. Der gute Esser Bismarck kommt bei der Veranstaltungsreihe Kissinger Genusswelten mehrfach kulinarisch zu seinem Recht.
Zur seriösen Auseinandersetzung mit der historischen Figur kann der Bismarckfan im Bismarckmuseum rund um den Reichsgründer Bücher kaufen. Aber er findet auch Bisi-Bärchen aus Gummi, Bisi-Bussis aus Schokolade oder Bismarck-Schnaps aus Korn. Eben alles, was schlechtem Geschmack mit Sinn für gute Geschäfte so einfällt.
Grundsätzlich aber sind die Kissinger auf ihr Bismarckmuseum zu Recht ganz stolz. Die Räume, die der Eiserne Kurgast in der Oberen Saline einst nutzte, seien noch heute mit „ihrem historischen Ambiente“ zu besichtigen, betont die Stadt. Das zeittypisch etwas klobige Mobiliar illustriert dort durchaus eindrucksvoll den altdeutschen Muff der Gründerzeit. Vom Arbeitszimmer bis zum Nachttopf finden sich Hinweise auf eine Persönlichkeit, die trotz aller Macht kaum in Gefahr geriet, verschwenderische Pracht entfalten zu wollen.
Dazu kommen Informationen zu all dem, was Bismarck im Zusammenhang mit Kissingen ausmacht. Das Museum zeigt, wer in die Stadt kam, um mit dem Reichskanzler politische Gespräche zu führen. Es führt Bismarck in der Karikatur vor und illustriert dabei unter anderem das schöne alte Wort, im Sommer sei Europa seinerzeit von Kissinger Badewannen aus regiert worden. Auch Eduard Kullmanns Gebetsbüchlein gehört zu den ausgestellten Objekten. Nicht dem originalen Ambiente der Oberen Saline entstammt ein Bismarckporträt, das Franz von Lenbach 1896 gemalt hat. Zu sehen ist es zur Feier des 200. Geburtstags aber trotzdem. Eine Würzburgerin hat es jüngst dem Bismarckmuseum geschenkt. Zu den Beständen des Museums gehören zudem etliche fotografische Abbildungen des frühen Medienstars Bismarck. Dem Kissinger Hoffotografen Jacques Pilartz saß er dafür bereitwillig Modell.
750 Pfund Bismarck
Beim Umzug zum Rakoczy-Fest fahren die Kissinger ihren Bismarck mit einem Hinweis auf die einst berühmte Bismarck-Waage durch die Straßen der Stadt. Damit verweisen sie auf die 750 Pfund Lebendgewicht, die Bismarck bei seinen 15 Kuren angeblich insgesamt in Kissingen gelassen hat. Beim Promenadenkonzert zum Fest im Kurgarten gruppiert Bismarck sich zudem gerne mit Zeitgenossen, die er zu Lebzeiten vielleicht manchmal gar nicht so gerne gesehen hat: Der Schriftsteller Theodor Fontane ist ebenso da wie Kaiserin Auguste Viktoria.
Während der Saison, also von Frühjahr bis Herbst, können Kissinger und Gäste auf den Spuren des Eisernen Kanzlers auch den Bismarckturm erklimmen. Wobei die Wendung „auf den Spuren“ womöglich eine falsche Fährte legt. Dass Bismarck dort selbst unterwegs gewesen sein könnte, ist nicht bekannt. Und wenn, dann wusste er nichts von dem Aussichtsturm zu seinen Ehren. Denn der wurde deutlich nach Bismarcks Tod geplant und erst 1926 bis 1928 errichtet.
Das Bismarckdenkmal, immerhin das erste in Deutschland, das den Eisernen Kanzler in voller Größe zeigte, sollte übrigens ursprünglich an jener Stelle aufgestellt werden, wo Eduard Kullmann auf ihn geschossen hatte. Bayerns König Ludwig II. lehnte das jedoch ab. Er bestimmte den Standort der Statue an der Saline, wo Bismarck regelmäßig Heilung fand. Die Kissinger sahen das nicht so eng. 1893 benannten sie die frühere Saalestraße in Bismarckstraße um.
Wie Bad Kissingen heuer Bismarck feiert
Zur Würdigung des Geburtstags hat sich Bad Kissingen mit der Otto-von-Bismarck-Stiftung und ihren zwei Gedenkstandorten Friedrichsruh und Schönhausen zu einem gemeinsamen Ausstellungsprojekt zusammengetan. In Schönhausen (Sachsen-Anhalt), wo Bismarck geboren ist, steht das Thema Familie Bismarck im Vordergrund. In Friedrichsruh östlich von Hamburg, dem späteren Familiensitz, wird der Bismarck-Mythos dargestellt. Bad Kissingen widmet sich bevorzugt der großen Politik Bismarcks und seinem Kissinger Diktat, in dem er die Grundzüge seiner Außenpolitik formulierte. Eine Sonderausstellung (13. Mai bis 25. Oktober) in der Oberen Saline, wo Bismarck 14 seiner 15 Kissingenaufenthalte verbrachte, stellt das Kissinger Diktat als „Schlüsseldokument auf den Prüfstand, indem sie es zum Leitfaden ihrer Retrospektive auf die internationale Diplomatie der 1870er und 1880er Jahre macht“. Eher verspielt-witzig ist eine Ausstellung von 200 Mail-Art-Objekten bis 3. Mai in der Orangerie der Oberen Saline. Sie geht zurück auf eine Aktion von Kurator Roland Halbritter.
Eine Geburtstagswanderung mit Bismarckdenkmal, Bismarckturm und Bismarckwohnung als Stationen steht am 1. April an. Es folgen ein Geburtstagsmenü am 10. Mai und am 15. Mai ein Festmenü an zwei Orten. Beim Museumsfest am 17. Mai in der Oberen Saline wird gefeiert wie beim Junker Bismarck. Am 19. September geht's zur Kaffeetafel und am 20. September zum Frühstück bei Otto von Bismarck. Sonderführungen im Bismarckmuseum kommen jeden zweiten Sonntag im Monat dazu. Am 22. März, 26. April, 30. August und 27. Dezember sind Führungen zum Thema Kurgast, Staatsmann, Mythos, Bismarck in Kissingen vorgesehen. Um Bismarck privat geht es bei Kostümführungen am 19. Juli und am 22. November.
Als Reichskanzler hat er das deutsche Reich sehr eisern und selbstherrlich regiert. Er hatte keine Minister, nur Staatssekretäre. Er alleine bestimmte, was in diesem Reich passierte.
Daneben hat er so viel gegessen und getrunken, dass er regelmäßig nach Bad Kissingen zur Kur musste, um abzunehmen.
Aber sein Anfangsgewicht, das auf der sog. Bismarckwaage zu Beginn seines Kuraufenthalts festgestellt wurde, unterschied sich nur geringfügig von dem Gewicht am Ende seiner Kur.
den weichgespülten Politikern von heute.
Der Otto hat gern mal einen gesoffen und
in seiner Jugend gerauft, die Politiker/innen
von heute trinken halt Tee und diskutieren im
Sitzkreis (endlos...) -
ich frag mich wer die bessere Politik für Deutschland
und seine Bürger gemacht hat ?
Dich nicht wohl gefühlt - da hätten auch die Kuraufenthalte
nicht helfen können......