Markus Anfang, Trainer von Holstein Kiel und nächste Saison ziemlich sicher beim 1. FC Köln angestellt, verließ den Audi Sportpark schon einige Minuten vor dem Abpfiff. Die Kunde, dass es beim 1:1 (0:0) geblieben war, dürfte Anfang die Heimreise versüßt haben. Bedeutet das Ergebnis doch, dass seine Kieler den 1. FC Nürnberg am kommenden Montag mit einem Heimsieg im direkten Duell vom zweiten Tabellenplatz der Zweiten Liga verdrängen können.
Der Aufsteiger hatte mit einem 4:0-Kantersieg in Dresden mächtig vorgelegt, der 1. FC Nürnberg konnte tags darauf nicht gleichwertig antworten. „Natürlich wünscht man sich in dieser Situation drei Punkte“, gab Club-Trainer Michael Köllner zu, war angesichts eines starken, selbst um seine letzte Chance im Aufstiegsrennen ringenden FC Ingolstadt aber mit dem Teilerfolg zufrieden. In einem rassigen, ungemein intensiven Kampfspiel waren sich beide Mannschaften bis zum Ende nichts schuldig geblieben. Die lautstarken 15 200 Zuschauer, darunter rund ein Drittel Club-Fans, machten im damit ausverkauften Mini-Stadion das „tolle Erlebnis“ (Köllner) rund.
Spielerisch blieb der Aufstiegsanwärter aus der Noris blass, obwohl sich der Trainer taktisch einiges einfallen hatte lassen. Ondrej Petrak (anstelle des noch eingewechselten Patrick Erras) und Eduard Löwen als Doppel-Sechs sollten Kevin Möhwald und Hanno Behrens allen kreativen Freiraum verschaffen, doch irgendein Ingolstädter stand den beiden Club-Strategen fast immer im Weg. Zudem lief über die beiden Flügel wenig, Marvin Stefaniak bevorteilte mit seinen vielen Fehlern sogar manchmal den Gegner.
Ewerton rennt Möhwald um
Allerdings zeigte der Club Stehvermögen und sich vom Rückstand kurz nach der Pause unbeeindruckt. „Das ist momentan schon eine Qualität von uns“, sagte Innenverteidiger Georg Margreitter. Ingolstadts Robert Leipertz hatte bei seinem Schlenzer zum 1:0 für die Gastgeber auch deshalb freie Bahn, weil Ewerton im Übereifer den ebenfalls um Klärung der Situation bemühten Möhwald umrannte (50.). „Schon Slapstick“, fand Margreitter.
Der Ausgleich gelang ausgerechnet dem schon als Fehleinkauf gehandelten Adam Zrelak, der nach 70 Minuten für den fleißigen, aber gut bewachten Mikael Ishak gekommen war. Mit seinem schwächeren rechten Fuß jagte der Slowake den von Ingolstadt nach einem Schuss von Joker Tobias Werner nicht gut geklärten Ball zum 1:1 unter die Latte (74.). Zrelaks erster Punktspieltreffer für den Club, auf den er so lange gewartet hatte, war ein besonders wertvoller. „Ich bin glücklich über dieses Tor. Ich fühle mich jetzt viel besser“, sagte der 23-Jährige, der zwei Mal für Monate verletzt ausgefallen war, auf Englisch. Nun kann er den Club-Angriff noch entscheidend bereichern. Köllner hofft auf den Ishak-Effekt. Denn auch der Schwede hatte lang warten müssen, bis der Knoten bei ihm mit dem ersten Torerfolg mächtig aufging.
Vor dem Ausgleich hatte der Club Glück gehabt, dass Ingolstadts Stefan Kutschke nach einem Konter das Duell mit Torwart Fabian Bredlow verlor und nicht auf 2:0 stellte (63.). Schon in der ersten Hälfte hatte der giftige Ex-Nürnberger Kutschke einen Flankenball frei vor Bredlow nicht verwerten können (14.). Und auch beim knapp vorbei gegangenen Kopfball von Almog Cohen, dem zweiten Ex-Cluberer beim FCI, mussten die Franken kräftig durchpusten (83.).
Auf der Gegenseite verpasste der furios los legende FCN durch Ewerton, dessen Nachschuss Christian Träsch von der Torlinie schlug, schon in der ersten Spielminute die Führung. Danach wurde es erst durch Möhwalds Kopfball, den Torwart Orjan Nyland hielt (54.), wieder gefährlich durch die Gäste, die nach der Pause mutiger und mit Löwen als Sturm-Unterstützung agierten.
Leibold fehlt gesperrt in Kiel
Das Chancenverhältnis sprach für Ingolstadt, dennoch bezeichnete Trainer Stefan Leitl das 1:1 großmütig als gerechtes Ergebnis: „Die Räume waren da nach unserer Führung, aber wir haben sie nicht gut genutzt.“ Der Bundesliga-Absteiger kann die Serie nun in Ruhe zu Ende spielen, will aber am nächsten Wochenende in Düsseldorf nichts herschenken. Der FCN ist bis auf zwei Punkte an den schwächelnden Tabellenführer herangerückt. Wohin soll Nürnberg also schauen, vor sich zur Fortuna oder hinter sich auf Kiel? „Vermeidungsziele puschen einen nie, deswegen versuchen wir ganz oben hin zu kommen“, sagte Margreitter.
Dennoch wird es in Kiel vor allem darum gehen, den Aufstiegsplatz mit aller Macht zu behaupten. Nicht dabei sein kann nach seiner fünften Gelben Karte Tim Leibold – eine Schwächung. Laszlo Sepsi und Ulisses Garcia, die den Linksverteidiger ersetzen können, haben keine Spielpraxis.