Der Einer-Star in Topform, der Achter im Aufwind - bei den deutschen Ruderern steigt vor dem Showdown der beiden Paradeboote die Stimmung. Vor allem der famose Auftritt von Oliver Zeidler in olympischer Einer-Rekordzeit geriet zur Demonstration der Stärke.
Drei Jahre nach seinem vorzeitigen Aus von Tokio überwand der 28 Jahre alte Münchner sein Halbfinal-Trauma in erstaunlich souveräner Manier. „Es war ein sehr wichtiger Schritt. Ich kann Olympiasieger werden. Das weiß ich - und ich werde alles dafür tun”, kommentierte Zeidler seine beeindruckende Show.
Mit bester Zeit in die Favoritenrolle
Nicht nur der große Vorsprung von über einer Bootslänge auf den Belarussen Jewgeni Solotoi und Olympiasieger Stefanos Ntouskos aus Griechenland macht ihn zum Topfavoriten für den Endlauf am Samstag (10.30 Uhr). Überdies war Zeidler mit seiner Fabelzeit von 6:35,77 Minuten gut sechs Sekunden schneller als sein wohl ärgster Widersacher Simon van Dorp aus den Niederlanden bei dessen Sieg im zweiten Halbfinale.
Der naheliegenden Einschätzung, dass alles auf einen Zweikampf zwischen ihm und Rotsee-Sieger van Dorp hinausläuft, wollte sich der Weltmeister jedoch nicht anschließen: „Es gibt sechs Bahnen, da kann alles passieren.”
Mit Notteam ins Finale
Für ähnlich großes Erstauen wie Zeidler sorgte der Deutschland-Achter. Trotz personeller Probleme präsentierte sich das DRV-Paradeboot drei Tage nach dem schwachen Auftritt im Vorlauf deutlich formverbessert und musste sich nur dem Mitfavoriten aus den Niederlanden knapp geschlagen geben.
Selbst der kurzfristige Ausfall von Mattes Schönherr aus Potsdam, dessen Schlagposition der Hamburger Torben Johannesen einnahm, brachte die Qualifikation für das Finale nicht in Gefahr. „Das war das beste Rennen seit Tokio”, schwärmte Johannesen mit Verweis auf den zweiten Platz vor drei Jahren.
Anruf morgens um halb acht
Gehörigen Anteil am Finaleinzug hatte der auf die Schnelle für Schönherr ins Boot beorderte Julius Christ. „Mein Coach hat mich um 7.30 Uhr angerufen. Da lag ich noch im Bett”, verriet der Leverkusener, der am Tag zuvor noch ein Rennen im Zweier ohne Steuermann bestritten hatte.
Nur wenige Stunden später trug der Nothelfer dazu bei, dass dem Achter ein peinliches Aus erspart blieb. Folgerichtig kam die Diskussion auf, auch das Finale mit dieser Besetzung zu bestreiten.
Doch mit solchen Überlegungen konnte sich Christ nur bedingt anfreunden. Seinen Anteil am Erfolg wollte er nicht zu hoch bewerten. „Mit Mattes wäre das heute genauso passiert. Er ist am Samstag hoffentlich wieder da. Und das ist auch gut so, weil er dem Team viel gibt.”
Unabhängig von der Entscheidung, welches Aufgebot am Samstag an den Start geht, wirkte Crewmitglied Max John sichtlich erleichtert: „Es ist eine Superleistung, dass wir es geschafft haben, mit diesem Stress der Umbesetzung und mit dem Heckmeck am Morgen unsere Leistung abzurufen”, sagte der Rostocker.