Die Würzburger Kickers kommen dem Abstieg in die Fußball-Regionalliga Bayern immer näher. Zum Auftakt des 33. Drittliga-Spieltags unterlagen sie dem Tabellenzweiten 1. FC Kaiserslautern knapp mit 1:2 (0:1) und müssen nun hoffen, dass der Abstand zum rettenden Ufer nicht noch weiter anwächst. "Wir haben nun ein Endspiel weniger", sagte Trainer Ralf Santelli nach der Partie: "Jetzt bleiben noch fünf Spiele, um Punkte zu sammeln. So lange es rechnerisch möglich ist, wird die Mannschaft alles daran setzen."
Die Ränge am Dallenberg hatten sich am Freitagabend schon gut gefüllt. Die Torhüter beider Teams machten sich schon warm, da debattierte Schiedsrichter Mitja Stegemann mit seinen Assistenten und einigen Offiziellen mitten auf dem Spielfeld. Immer wieder ließen sie einen Ball über den Platz rollen, probten, ob das Spielgerät überhaupt rollte. Die Partie stand um 18 Uhr auf der Kippe. Regen und Schnee hatten dem während der jüngsten Spielpause teilweise erneuerten Rasen am Dallenberg ziemlich zugesetzt. Mit vereinten Kräften schafften Helfer das Nass vom Platz. Und um 19 Uhr, als die Partie eigentlich hätte beginnen sollen, stand fest: Das Spiel wird mit einer halben Stunde Verspätung angepfiffen.
Kickers-Stadion am Dallenberg gut gefüllt
Was folgte war ein, man muss es nach zwei Jahren Pandemie so sagen, Erlebnis. Vor allem die mitgereisten Anhänger der Pfälzer unter den 6471 Zuschauern sorgten im Tribünenviereck für knisternde Fußball-Atmosphäre – auch wenn bei nass-kaltem Wetter offenbar nicht alle Karteninhaber ins Stadion gekommen waren.
Auch das Spiel konnte an diesem Abend durchaus mithalten mit dem emotionalen Drumherum. Es ging im Flutlichtschein durchaus rasant hin und her. Die abstiegsbedrohten Kickers hatten in der ersten Spielhälfte durchaus Phasen, in denen sie den Aufstiegsaspiranten vor ein paar Probleme stellten.
Ralf Santelli bringt Lars Dietz von Beginn an
Santelli hatte den gesperrten Innenverteidiger Tobias Kraulich durch den genesenen Lars Dietz ersetzt, der wegen Knieproblemen seit 12. Dezember (2:2 gegen Zwickau) kein Spiel absolviert hatte. Die lange Pause merkte man ihm freilich überhaupt nicht an. Der Abwehrmann sorgte für Stabilität und Ruhe im Spielaufbau.
Der Würzburger Dreier-Sturm mit David Kopacz (rechts) und Robert Herrmann (links) auf den Flügeln sowie Marvin Pourié im Zentrum beschäftigte Kaiserslauterns Hintermannschaft in der ersten halben Stunde mehr als so mancher Gästefan gedacht hätte. Nur im Abschluss wirkten die Rothosen nicht so zielstrebig wie nötig. Die beste Gelegenheit zur Kickers-Führung vergab Herrmann, der von Pourié bedient aus halblinker Position volley abzog, den Lauterer Gehäuse aber verfehlte. Zuvor war schon der diesmal im zentralen Mittelfeld Dennis Waidner, der bislang in dieser Saison eher auf der rechten Außenbahn zu Hause war, am nicht immer sicher wirkenden Lauterer Torhüter Matheo Raab gescheitert.
Mike Wunderlich bringt 1. FC Kaiserslautern in Führung
In Führung gingen dann aber die Gäste, die letztlich mehr Wucht in ihre Aktionen brachten als die im Abschluss oft zögerlich wirkenden Gäste. Und die Lauterer zeigten, welch individuelle Klasse in ihrer Mannschaft steckt. Angreifer Terrence Boyd, der US-Amerikaner war während dieser Saison aus Halle in die Pfalz gewechselt, schirmte den Ball in der 34. Minute an der Strafraumkante stark ab, legte millimetergenau auf für Mike Wunderlich. Und der Mittelfeldmann zog ansatzlos ab und platzierte den Ball aus rund 16 Metern genau neben dem Torpfosten. Da konnte Kickers-Keeper Hendrik Bonmann nichts ausrichten.
Nun waren die Gäste richtig drin im Spiel und hätten durch Kevin Kraus, der mit einem Kopfball den Pfosten traf, beinahe noch vor der Halbzeitpause ein zweites Tor nachgelegt. So aber gingen die Würzburger doch mit der Hoffnung in die Kabine, der Partie in der zweiten Halbzeit noch eine Wende zu geben.
Terrence Boyd erhöht auf 2:0
Doch es gab an diesem Abend dann doch keinen Hoffnungsschimmer im Abstiegskampf. Dafür waren die Gäste aus Kaiserslautern einfach zu zielstrebig. Der Tabellenzweite nutzte einen Zuordnungsfehler in der Kickers-Hintermannschaft bei einer Freistoßflanke von Wunderlich eiskalt aus. Diesmal profitierte Boyd von der Vorlage des Kollegen und erzielte unbedrängt mit einem wuchtigen Kopfball das 2:0 für den FCK (58.).
Es blieb dabei: Während die Kaiserslauterer in Strafraumnähe immer wieder auf direktem Weg den Abschluss suchten, wirkten die Hausherren in ähnlichen Situationen schlichtweg zu umständlich. Chancenlos waren die Kickers nicht. Doch auf eigenartige Art und Weise fehlte den Würzburger Abschlüssen lange Zeit die Vehemenz. "Die Entschlossenheit, das Tor machen zu wollen, hat heute bei vielen Chancen gefehlt", fand auch Abwehrmann Dietz. So dauerte es bis zur 85. Minute, ehe der eingewechselte Saliou Sané den Ball zum 1:2-Anschluss über die Linie bugsierte und in der Schlussphase noch einmal für Spannung und Hektik sorgte. Doch die Kickers konnten das Blatt nicht mehr wenden und so wuchs am Ende die Erkenntnis, dass solcherlei Fußballfeste in Würzburg wohl bald erst einmal der Vergangenheit angehören werden.
Aufregung gab es dann nach Schlusspfiff. Da zeigte Schiedsrichter Stegemann Kickers-Trainer Santelli, nachdem der sich wiederholt beschwert hatte, zunächst die Gelbe und schließlich die Rote Karte, was bedeutet, dass er mindestens beim kommenden Auswärtsspiel bei Eintracht Braunschweig in seiner Funktion als Trainer gesperrt sein wird. "Ich habe nur die Gelbe Karte gesehen", gab er sich später in der Pressekonferenz unwissend, obgleich ihm der Referee den Roten Karton deutlich sichtbar vor die Augen gehalten hatte: "Habe ich Rot gesehen? Wenn ja, weiß ich nicht warum."
Und das ist sowas von verdient!