Plötzlich bekommt Bernhard Trares ein Funkeln in den Augen. Man hört die Begeisterung in der Stimme des neuen Trainers der Würzburger Kickers, als er über "den perfekten Flugball" spricht. Es gäbe schließlich Tausende verschiedene Möglichkeiten, einen Mitspieler auf Brusthöhe anzuspielen, so dass dieser den Ball butterweich annehmen könne. Mit mehr Kraft, mit weniger Kraft, geschlenzt, gelupft oder "englisch". "Das auszuprobieren, das ist etwas Wunderbares. Daran zu arbeiten, macht die Faszination aus", schwärmt Trares.
Man unterhält sich, das ist spätestens jetzt klar, mit einem Fußball-Verrückten. Genau diese Begeisterung für die einfachen Dinge des Spiels, die wolle er nun den Kickers-Spielern vermitteln. Bei denen haben in dieser Saison tatsächlich manchmal auch die scheinbar einfachen Dinge nicht funktioniert. Der Aufsteiger steht nicht umsonst ganz hinten in der Tabelle.
Bernhard Trares, 55 Jahre, seit 9. November Chefcoach am Dallenberg, ist keiner dieser neuen Trainertypen, die über Systeme philosophieren, die über die Spiele reden, als sprächen sie über eine neue Wissenschaft mit ganz eigenen Begriffen. Sicher: Taktik ist wichtig. Aber Trares spricht lieber über das Einfache. An den Grundlagen müsse man arbeiten, Tag für Tag. "Ich mache keine halben Sachen", sagt er.
Video-Botschaft von Bruno Labbadia
Am Sonntag (13.30 Uhr) wird er erstmals bei einem Zweitliga-Spiel als Trainer an der Seitenlinie stehen. Gegner der Rothosen bei der Premiere des dritten Kickers-Trainers in dieser Saison ist Hannover 96 - ein Aufstiegskandidat. Sein alter Kumpel Bruno Labbadia - mit dem Hertha-Coach hatte Trares nicht nur bei Darmstadt 98, Werder Bremen und dem Karlsruher SC, sondern bereits in der Jugend-Auswahl zusammen gekickt - schickte am Donnerstag einen Video-Gruß: "Du rockst das."
Trares steht vor einer großen Herausforderung. Das Trainingslager in Bad Mergentheim in der vergangenen Woche sei wichtig gewesen, um als Mannschaft zusammenzuwachsen, trotz aller Sprachbarrieren. "Auf dem Feld", da müsse es funktionieren. Wie die Chemie abseits des Platzes sei, das spiele doch weniger eine Rolle. "Ich habe auch schon Mannschaften erlebt, da hat man sich schon vor dem Spiel darüber unterhalten, wo man abends noch ausgeht. Und auf dem Platz lief überhaupt nichts zusammen."
Der gebürtige Hesse hat viel erlebt in seiner Karriere. Erst kurz vor seinem 39. Geburtstag beendete er 2004 seine Profikarriere - 19 Jahre nach einem ersten Zweitliga-Spiel. "Danach war ich ausgebrannt", erzählt er. Auch ein Fußball-Verrückter hat mal genug.
Bis er in die Zweite Bundesliga zurückkehrte, diesmal als Cheftrainer, dauerte es 16 Jahre. Mittlerweile ist Trares 55, und er brennt wieder. Das Feuer sei zurück, sagt er.
Als Co-Trainer war er schon in Liga eins tätig, an der Seite von Labbadia beim Hamburger SV. Nachdem er und Drittligist Waldhof Mannheim sich im Sommer nicht auf eine Fortführung der Zusammenarbeit geeinigt hatten, habe es schon ein paar Angebote gegeben. Erst als sich sein Ex-Coach Felix Magath meldete und der Head of Flyeralarm Global Soccer ihn für die Kickers gewinnen wollte, schlug er zu.
Zimmerkollege Bernhard Winkler
Würzburg und er - das passe gut zusammen, findet Trares. Er habe nicht lange überlegen müssen. Den Klub kannte der Coach aus der gemeinsamen Drittliga-Saison, als er mit Waldhof Mannheim gegen die Rothosen nicht gewinnen konnte.
Das Stadion am Dallenberg besitzt für ihn einen besonderen Charme. "Das hat noch einen eigenen Charakter. Anders als die vielen Arenen, die doch irgendwie alle gleich sind. Hier in Würzburg, das erinnert mich an meine eigene Fußballer-Zeit."
Über Würzburg hatte er sich davor schon öfter unterhalten, mit seinem einstigen Teamkollegen Bernhard Winkler. Der Veitshöchheimer war zu Trares' Zeiten bei 1860 München sein Zimmerkollege. Auch nach Trares' Verpflichtung durch die Kickers gab es einen Anruf vom alten Kumpel. "Er hat mir Glück gewünscht", so der 55-Jährige.
In Heppenheim am westlichen Rand des Odenwalds ist der Vater zweier erwachsener Töchter daheim. Das Motorradfahren ist eine Leidenschaft: "Da hat man nur Augen für die Straße und das Drumherum. Da vergisst man alles andere einmal." In Würzburg will er alsbald das Hotelleben beenden, sich eine Wohnung suchen.
Erinnerungen an Werner Lorant
Nach sieben Spielen haben die Kickers bereits zweimal den Trainer getauscht. Trares soll nun wieder für Kontinuität stehen. Für jene Stabilität, die die Kickers in den vergangenen Wochen verloren hatten.
Welcher Trainer ihn selbst geprägt hat? Da gäbe es viele, sagt Trares: "Aber über Werner Lorant wird ja vieles gesagt. Fest steht: Mit ihm hatten wir Erfolg." Unter Lorant stieg Trares einst mit den Münchner Löwen aus der Bayernliga in die Bundesliga auf.
Der Klassenerhalt sei auch mit dieser Kickers-Mannschaft nach wie vor möglich, ist Trares überzeugt. Das ist klar, sonst hätte er den Job gar nicht angenommen. Ausreden mag er nicht, auch nicht von seinen Spielern. Von ihnen fordert er Respekt ein. Es muss klar sein, wer der Chef ist. Er selbst habe ein vertrauensvolles, aber distanziertes Verhältnis zu seinen Trainern gepflegt, berichtet er. "Das erwarte ich auch von meinen Spielern so."
Vor seiner Premiere am Sonntag sagt Trares: "Wir brauchen Punkte. Das ist jetzt das Allerwichtigste." Bei den Kickers soll er die Zukunft gestalten. Bernhard Trares ist auf seine Art ein Fußball-Nostalgiker. Fußball ist ein einfaches Spiel.