Es war Ende Januar, kurz vor dem Start in die zweite Saisonhälfte nach der Winterpause, als die drei Hauptverantwortlichen des Handball-Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe zum Hintergrundgespräch mit dieser Redaktion kamen: Geschäftsführer Roland Sauer, Manager Jochen Bähr und Cheftrainer Matthias Obinger. Anlass des Gesprächs war ein Ausblick auf die Rückrunde und den womöglich „drohenden“ Aufstieg sowie ein Austausch über den Stand des Projekts Rimparer Wölfe 2020.
Das hatten Sauer und Bähr am 17. März 2016 als erste gemeinsame Amtshandlung ausgerufen, als sie auf einer Pressekonferenz ihre Zusammenarbeit bekannt gaben und damit einen Personalcoup in der überschaubaren Würzburger Sportwelt landeten, den sie wochenlang zuvor im Verborgenen ausgeheckt hatten. Der Handballboss und der ehemalige Basketballboss (2007 bis 2013 Geschäftsführer der s.Oliver Baskets) als Doppelspitze – und mit dem ambitionierten Aufschlag, den Verein strukturell zu professionalisieren und die Wölfe innerhalb der nächsten vier Jahre unter den besten 25 Handballklubs in Deutschland etablieren zu wollen, mindestens. Es war ein Paukenschlag damals.
Als die beiden nun Ende Januar in einem Konferenzraum dieser Redaktion zusammensaßen, als sie um eine erste Zwischenbilanz nach zehn Monaten Doppelspitze gebeten und gefragt wurden, wie die Zusammenarbeit laufe zwischen zwei so starken Persönlichkeiten, deren Kooperation anfangs von nicht wenigen mit Skepsis aufgenommen worden war, antwortete Sauer wörtlich: „Gut“. Und sinngemäß: Wie in einer Ehe sei man zwar nicht immer einer Meinung, trage Meinungsverschiedenheiten aber konstruktiv aus. Schließlich, ergänzte Bähr sinngemäß, gehe es um die Sache und nichts anderes, und die liege allen am Herzen.
Rund sechs Wochen nach diesem Gespräch ist die Wölfe-Doppelspitze Geschichte. Sie endete am Mittwochabend mit einem ebensolchen Paukenschlag, wie sie vor fast genau einem Jahr begonnen hatte. Nach einem Treffen mit Bähr in der Geschäftsstelle des Vereins in Rimpar verschickte Sauer um 20.20 Uhr völlig überraschend eine Pressemitteilung per E-Mail. Kein Betreff. Nur diese drei Sätze: „Die Rimparer Wölfe geben bekannt, dass der Vertrag mit Herrn Jochen Bähr als Berater und Manager form- und fristgerecht zum Saisonende gekündigt wurde. Herr Bähr ist mit sofortiger Wirkung von allen vertraglichen Verpflichtungen entbunden. Die Rimparer Wölfe bedanken sich bei Herrn Bähr für seine bisherige Tätigkeit. Gründe für diese Maßnahme werden nicht mitgeteilt.“ Auf Nachfrage bekräftige Sauer am späten Mittwochabend wie auch am Donnerstag noch einmal: „Wir haben Stillschweigen vereinbart und wollen die Sache nicht in der Öffentlichkeit breittreten. Das gebietet der Respekt.“ Manchmal gehe es halt nicht anders. Persönliche Differenzen zwischen ihm und Bähr gebe es nicht.
Das bestätigte auch Bähr, der am Donnerstagnachmittag erstmals öffentlich Stellung zu seinem Rausschmiss nahm, der ihn „aus heiterem Himmel“ erwischt habe. Sauer, so berichtet der 47-Jährige, habe ihn am Vorabend im Beisein eines ihm bekannten Rechtsanwalts empfangen. „Der Anwalt hat mir mitgeteilt, dass Roland Sauer nicht mehr mit mir zusammenarbeiten möchte und hat mir einen Auflösungsvertrag hingelegt, den ich nicht unterschreiben wollte. Daraufhin bekam ich eine ordentliche Kündigung.“ Auf die Frage nach dem Warum habe Sauer nur geantwortet: „Weil es halt nicht geht.“ Ein Grund für die Entlassung sei ihm bis jetzt nicht mitgeteilt worden, so Bähr, der betont: „Ich bedaure die Entscheidung, und ich hätte gerne weitergemacht, weil ich das Rimparer Projekt von den Wölfen bis in die Jugend nach wie vor spitze finde.“
Verantwortliche äußern Bedauern und Wertschätzung für Bähr
Verantwortliche aus dem Verein äußerten in ersten Reaktionen Bedauern über die Entlassung des 47-Jährigen. Cheftrainer Matthias Obinger und seine Mannschaft haben am Mittwochabend um 20.30 Uhr davon erfahren. „Roland Sauer hat uns persönlich mitgeteilt, dass die Zusammenarbeit beendet wurde, ohne Hintergründe zu nennen“, berichtet Obinger auf Anfrage dieser Redaktion. Er persönlich „bedauere die Entscheidung. Jochen und ich hatten zwar wenige Schnittmengen in unseren Aufgaben, aber wir hatten stets einen respekt- und vertrauensvollen Umgang. Er war immer ein guter und offener Ansprechpartner.“
Ähnlich äußert sich Bastian Krenz, Mitglied der Abteilungsleitung der DJK Rimpar und bei den Wölfen zuständig für Pressearbeit und Social Media: „Wir hatten in unserer Arbeit wenige Berührungspunkte, haben uns aber trotzdem viel ausgetauscht. Dieser Austausch war von gegenseitiger Wertschätzung geprägt und hat menschlich immer einwandfrei funktioniert. Grundsätzlich gilt meine Integrität und Loyalität dem Verein und ist losgelöst von Personen. Ich bin mir sicher, dass die Handballabteilung und die Rimparer Wölfe ihren Weg weitergehen werden.“
Michael Endres, Sportredakteur bei den Wölfen, sagt: „Jochen Bähr wird menschlich wie fachlich fehlen. Er hatte immer ein offenes Ohr für alle und ist auf jeden persönlich und emotional eingegangen. Gerade auch mit uns jungen Mitarbeitern hat er stets auf Augenhöhe gesprochen und uns und unsere Ideen ernst genommen. Dabei hatte er immer die Sache im Blick und wollte das große Ganze weiterbringen.“
Auch Rolf Brack, sportlicher Berater der Wölfe, den die Doppelspitze im August 2016 als zweiten großen Coup nach der Verpflichtung von Ex-Nationalspieler Benjamin Herth gelandet hatte, „bedauert“ die Entscheidung, wie er sagt: „Ich habe Jochen Bähr als Marketingverantwortlichen und emotionale Identifikationsfigur für das Projekt 2020 kennengelernt.“ Für viele Mitarbeiter im Verein sei er ein „Verlust als Ansprechpartner“.
Brachte Bähr zu wenig Geld bei?
Über die Gründe des Rausschmisses lässt sich bisher nach wie vor nur spekulieren. Laut Sauer hat es keinen aktuellen oder akuten Vorfall gegeben – wie der Zeitpunkt der Entlassung während der laufenden Saison nahelegen könnte. Eher herrschte wohl grundsätzliche Uneinigkeit darüber, wie man den Weg der proklamierten Professionalisierung weitergehen wolle – und vor allem mit welchen finanziellen Mitteln. Nach Außen hin traten die beiden Bosse zuletzt kaum noch gemeinsam auf. Bei Heimspielen in der s.Oliver Arena waren sie selten bis nie zusammen zu sehen.
Bähr war bei den Wölfen zuständig für Marketing und Sponsoring. Er ließ unter anderem den VIP-Raum neu gestalten und sorgte für eine optisch einheitlich in grün-weiß gehaltene Halle während der Heimspiele. Daraus, dass die Akquise auf der durch die Konkurrenz von Fußball-Zweitligist FC Würzburger Kickers und Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg weitgehend abgegrasten Würzburger Sponsorenwiese schwierig sei und man „um jeden Cent“ kämpfen müsse, machten weder er noch Sauer jemals einen Hehl. Die Annahme, dass Bähr nicht so viel Geld beibrachte, wie von dem gut vernetzten Würzburger Geschäftsmann erwartet oder erhofft worden war, liegt nahe, auch wenn Bähr sagt: „Wir haben vor der Saison gemeinsam ein Ziel an Sponsoringeinnahmen festgelegt. Diese Summe haben wir gemeinsam übererfüllt.“ Sauer will auch das nicht kommentieren.