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SCHWIMMEN: WM FREIWASSER
Weiterwursteln wird nicht reichen
Schwimmen: Weltmeisterschaft       -  Keine WM-Medaille im Freiwasser: Der Würzburger Bundestrainer Stefan Lurz, hier mit Leonie Beck im Zielbereich der abschließenden 25-Kilometer-Rennen, erlebte Ungewohntes.
Foto: Axel Heimken, dpa | Keine WM-Medaille im Freiwasser: Der Würzburger Bundestrainer Stefan Lurz, hier mit Leonie Beck im Zielbereich der abschließenden 25-Kilometer-Rennen, erlebte Ungewohntes.
Sabrina Knoll
 |  aktualisiert: 31.07.2017 03:14 Uhr

Tiefe Furchen und Falten von Schwimmbrille und Anzug ließen erahnen, welchen Strapazen sich Sören Meißner in den vorangegangenen fünf Stunden ausgesetzt hatte. Zum ersten Mal überhaupt war der Würzburger gestern über die 25 Kilometer bei der WM in Ungarn an den Start gegangen – und hatte das Rennen auf einem respektablen elften Rang beendet.

Alle hatten sie den 25-Kilometer-Frischling vor diesem einen Moment gewarnt. Trainer Stefan Lurz, Rekordchampion Thomas Lurz, Routinier Angela Maurer, alle hatten sie ihm gesagt: Pass auf, wenn ihr das Feld der Frauen überrundet, die sich dann an euch festkrallen, um in eurem Sog wichtige Plätze gutzumachen, dann wird es noch mal richtig hart. Und genau so war es dann auch gekommen.

„Bis 17,5 Kilometer dachte ich noch: Das geht doch ganz gut, alles in Ordnung, das schaffe ich“, sagte Meißner später. „Doch dann kamen die Frauen und dann war's aus. Da war plötzlich totales Chaos. Das hat mich so viel Kraft gekostet. Da ging plötzlich gar nichts mehr.

“ Die neunte von zehn Runden sei dann „der totale Horror“ gewesen: „Ich wollte nur noch bis zum Stefan vorne ans Ponton schwimmen und aussteigen.“ Doch Lurz konnte seinen Schützling an der Verpflegungsstation noch mal anspornen. Schau, habe er gesagt, der Mazedonier ist nur zehn Meter vor dir, den kannste dir noch schnappen, dann schaffste noch die Top 12. Und mit diesem Ziel vor Augen meisterte Meißner auch die letzte 2,5-Kilometer-Runde, machte sogar noch zwei Plätze gut und kam nach 5:06:20,4 Stunden mit nur dreieinhalb Minuten Rückstand als Elfter an.

Einen Platz vor Meißner schwamm der zweite Deutsche Andreas Waschburger (5:06:14,1) durchs Ziel. Gold sicherte sich der Franzose Axel Reymond (5:02:46,4) vor Matteo Furlan aus Italien (5:02:47,0) und Evgeni Dratchev (Russland, 5:02:49,8). Bei den Frauen Sarah Bosslet beendete ihr erstes WM-Rennen als 14. (5:33:19,7).

Weltmeisterin wurde die Brasilianerin Ana Marcela Cunha (5:21:58,4) vor Sharon van Rouwendaal (Niederlande, 5:22:00,8) und Arianna Bridi (Italien, 5:22:08,2). Angela Maurer als größte deutsche Hoffnungsträgerin musste aufgrund von Magenproblemen auf einen Start verzichten.

Teils Unvermögern, teils Pech"
Und so blieben die deutschen Freiwasserschwimmer also zum ersten Mal, seit bei Weltmeisterschaften mehrere Distanzen geschwommen werden, ohne Edelmetall. Ein Desaster für Bundestrainer Stefan Lurz. „Teilweise war es Unvermögen, teilweise Pech. Da kam alles ein bisschen zusammen.“ Die beste Platzierung erreichte Lichtblick Finnia Wunram mit Rang sieben über die wichtigen zehn Kilometer. Rob Muffels blieb den Nachweis internationaler Konkurrenzfähigkeit auf dieser einzig olympischen Distanz schuldig. „Es können nicht immer Medaillen rauskommen, aber ein paar mehr Top-Ten-, Top-Acht-Platzierungen hatten wir uns schon erhofft“, sagte Lurz. Bedeutet ein Platz unter den besten Zehn der Welt doch die sichere Qualifizierung für Olympia, wenn es 2019 ernst wird.

Nach dem Rücktritt von Thomas Lurz hatten die vier WM-Medaillen von 2015 den nötigen Umbruch überdeckt. „Wenn wir ehrlich sind, waren die Ergebnisse damals schon nicht optimal, vor allem über die zehn Kilometer. Da hätten wir früher aufpassen müssen, hätten nicht die rosarote Brille aufhaben dürfen“, sagt Lurz und nahm sich selbst bei der Kritik nicht aus: „Um den Nachwuchs hätte ich mich einfach mehr kümmern müssen. Das fällt uns jetzt auf die Füße.“

Insgesamt sei zudem das Niveau bei Freiwasserrennen deutlich gestiegen. Für die Zukunft fordert Lurz daher vor allem vom ambitionierten Nachwuchs auch aus den eigenen Würzburger Reihen ein klares Bekenntnis fürs Freiwasser und damit die Bereitschaft zu mehr Rennen um die nötige Erfahrung zu sammeln und sich die fehlende Rennhärte anzueignen. Das einzig Positive aus dieser Woche am Plattensee, schloss Lurz, sei „der Hallo-Wach-Effekt. Wenn wir den Ruf behalten wollen, den wir international im Freiwasser haben, dann können wir nicht so weiterwurschteln, dann müssen wir eine Schippe draufpacken, damit wir spätestens zur Olympia-Quali wieder konkurrenzfähig sind.“

 
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