Nein, sie hatten nicht gerade die Meisterschaft gewonnen, auch nicht den Pokal-Wettbewerb oder eine prickelnde Play-off-Serie für sich entschieden. Das 98:73 (43:34) von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg am Freitagabend gegen die EWE Baskets Oldenburg war nüchtern-analytisch betrachtet nichts weiter als stinknormaler Sieg an einem stinknormalen Bundesliga-Spieltag. Wer aber die Ovationen und die Erleichterung darüber nach Spielende in der mit 3089 Zuschauern nahezu ausverkauften s.Oliver Arena beobachtete, der konnte leicht einen anderen Eindruck gewinnen. Anhaltenden Applaus gab es von den noch lange nach Ertönen der Schlusssirene voll besetzten Rängen, und die Baskets-Korbjäger feierten ausgelassen vor dem F-Block, in dem die Treuesten der Treuen fast ekstatisch ihren zuletzt durchaus kritisch begegneten Lieblingen zujubelten. „Es war eine lange Leidenszeit, und natürlich nagt so eine Negativ-Serie an einem.
Aber wir haben wie Profis weitergearbeitet und dieser Erfolg entschädigt für die harten Wochen, die hinter uns liegen“, sagte US-Center Brendan Lane, nicht nur wegen seiner 19 Punkte einer der Protagonisten des sechsten Saisonerfolgs der Würzburger nach zuvor sieben Pleiten in Serie.
Ein wenig abseits des Trubels stand Dirk Bauermann und lächelte gelöst. Nach seinen ersten beiden Heimspielen als Cheftrainer hatte der 59-Jährige noch das Mikrofon ergriffen und sich an die Zuschauer gewandt, dieses Mal überließ er seiner Mannschaft die Bühne und genoss still den Moment. Wie es in ihm aussah nach seinem ersten Sieg als Baskets-Trainer im siebten Anlauf, offenbarte er mit einigem Abstand zum Spiel im Anschluss an die offizielle Pressekonferenz. „Ich glaube, wenn man eines über mich sagen kann, dann dass ich alles investiere, um maximalen Erfolg zu haben und mich dabei auch nicht irritieren lasse. Aber mir war auch klar, dass irgendwann auch das stärkste Rohr bricht und natürlich stellt sich die Frage, wie viele Misserfolge wir noch hätten kompensieren können. Insofern wurde es allerhöchste Zeit für diesen Sieg. Er ist Gold wert und wichtig für unser gesamtes Programm, um wieder Luft zum Atmen zu haben.“
Favorisierte Norddeutsche
Gegen die favorisierten Norddeutschen, ihres Zeichen Tabellensiebter und mit zuvor nur einer Niederlage aus den letzten sieben Liga-Spielen in die Domstadt gereist, platzte bei den Hausherren nicht nur der berühmte Knoten, er explodierte förmlich. Vor allem nach der Halbzeit im dritten Viertel, als die Würzburger sich all den Frust und die Enttäuschungen der jüngsten Zeit von der Seele zu werfen schienen: einen einzigen Fehlwurf aus dem Feld erlaubten sie sich in diesen zehn Minuten, trafen sämtliche sechs Drei-Punkte-Würfe und erzielten fast sagenhafte 34 Zähler in diesem Abschnitt, der zweifellos einer der besten war, den die altehrwürdige „Turnhölle“ wohl je zu sehen bekommen hat. „Es war eine unglaubliche Energieleistung von allen Spielern. Erfolge kommen immer über den Kampf. Den haben wir heute gezeigt, und dann kommt auch der Rhythmus im Angriff“, resümierte Bauermann – wohlwissend, dass ein derartiger Kraftakt für die derzeit arg dezimierte Mannschaft wohl nicht jede Woche möglich ist. „Das, was die Jungs gegen Oldenburg geleistet haben, war sicher am oberen Limit.“
Und Besserung beim spielenden Personal ist zumindest kurzfristig nicht in Sicht – im Gegenteil. Zum auf unbestimmte Zeit ausfallenden US-Spielmacher Mustafa Shakur, der mit einem Spezialschuh am lädierten rechten Knöchel auf der Bank saß, gesellte sich Landsmann Lamonte Ulmer. Der Flügelspieler war kurz vor der Halbzeit umgeknickt und kehrte dick bandagiert am rechten Sprunggelenk und wie Shakur auf Krücken gestützt kurz vor Ende der Partie in die Halle zurück. Der 30-Jährige dürfte wohl einige Wochen ausfallen. Hinzu kam die Suspendierung von Marshawn Powell, den Bauermann aus disziplinarischen Gründen bis zum Oldenburg-Spiel aus dem Team verbannt hatte. „Marshawn hat sich sehr unprofessionell im Zusammenhang mit dem Frankfurt-Spiel verhalten. Es gibt Grenzen, Leitplanken, die einzuhalten sind. Wenn dies nicht geschieht, ist es meine Aufgabe, Konsequenzen zu ziehen“, betont Bauermann, der mit dem Verzicht auf seinen nach eigener Aussage „vielleicht talentiertesten Spieler“ durchaus ein Risiko einging angesichts der dünnen Spielerdecke: „Aber ich kann Entscheidungen nicht danach treffen, dass ich, wenn es in die Hose geht, im Nachhinein dafür kritisiert werde.
Wenn ich dies zur Richtschnur für mein Handeln mache, brauche ich gar keine Entscheidungen mehr zu treffen.“ Ob es für den 27-Jährigen eine Rückkehr ins Team geben wird, ließ der Headcoach offen. „Die Sache ist abgehakt, für ihn geht es bei Null los, er ist ab sofort auf Bewährung wieder dabei.“