Wenn FC Bayern München spielt, fiebert Familie Gerst aus Gaukönigshofen mit den Roten. Die Gersts sind glühende Anhänger des Fußball-Rekordmeisters und Mitglieder im örtlichen Fanclub. Am Sonntag drücken sie aber dem Gegner die Daumen, denn Laura Gerst tritt mit ihren Würzburger Kickers in der Zweiten Bundesliga Süd gegen die zweite Mannschaft der Bayern-Frauen an. "Ich bin schon etwas nervös", gesteht die 17-Jährige vor dem Abschlusstraining.
Dabei hat sie allen Grund, selbstbewusst zu sein: Bei ihrem Startelfdebüt am vergangenen Wochenende in Saarbrücken (2:2) erzielte sie ihre ersten zwei Tore. Von ihrer Nominierung hatte sie erst Tags zuvor erfahren. Zuvor war sie viermal eingewechselt worden. Der Druck, den sie verspürte, sei groß gewesen, berichtet sie. Denn die Jüngste im Team sollte in der Sturmspitze die angeschlagene Torjägerin Medina Desic ersetzen. "Ich wollte zeigen, dass ich es auch draufhabe, in der zweiten Liga zu spielen", sagt Laura Gerst.
Tipps der Torjägerin beflügeln die Stürmerin beim Startelfdebüt
"Medi hat mir vorm Spiel gesagt, dass ich eine gute Spielerin bin und ich einfach mein Spiel durchziehen soll", verrät Gerst. Die schnelle Stürmerin hat das mit zwei sehenswerten Treffern in den 90 Minuten im Saarland dann auch eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Damit endete auch die Tor- und Punktflaute der Kickers, die sich in den ersten drei Spielen nach dem Re-Start im März jeweils ohne eigenen Treffer geschlagen geben mussten.
Ihr Trainer Gernot Haubenthal steht nun vor einem unerwarteten Luxusproblem im Angriff: "Never change a winning team", sagt er vor dem Duell gegen die Bayern und grinst. Ein teaminternes Duell möchte er natürlich nicht eröffnen. Durch ihre Schnelligkeit könne Gerst auch auf dem Flügel eingesetzt werden, erklärt er.
"Sie hat bewiesen, welch enorme Durchschlagskraft sie entwickeln kann", findet er. Auch ihre Spielübersicht sowie ihre Dribbel- und Schussstärke machten sie wertvoll, doch gleichzeitig nutze sie ihre Stärken noch zu wenig, moniert der Coach: "Sie zieht noch zu oft zurück und zeigt zu viel Respekt vor großen Namen." Dabei müsse sie sich vor niemandem verstecken, betont Haubenthal.
Ihr enormes Talent bewies Gerst schon in ihrer Kindheit. Mit fünf ließ sich von Bruder Lukas zum Fußballspielen beim SV Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg) inspirieren. Bis zur U-15 kickte sie in ihrem Heimatverein und nahm später wöchentlich am Stützpunkttraining in Schwarzach (Lkr. Kitzingen) teil. Trainiert wurde sie im Heimatverein meist von ihrem Vater Otto Gerst, von dem sie viel gelernt habe. "Ich bin zwar seine Tochter, aber im Training galt das nicht", fügt sie an und sagt lachend: "Er hat mich genauso wie die anderen angeschrien."
Spieltempo und Körperlichkeit hat sie bei den Jungs gelernt
Anschließend ging es für sie zu Bayern Kitzingen – mit Zweitspielrecht für die weibliche U-17 beim ETSV Würzburg. In dieser Zeit habe sie sogar ein Angebot vom 1. FC Nürnberg ausgeschlagen. Die Zeit in Kitzingen war bewusst gewählt: Sie wollte so lange wie möglich mit Jungs zusammenspielen, um an Spieltempo und Körperlichkeit zuzulegen. Davon profitiert sie auch heute in der zweiten Liga. "Dort musst du gewohnt sein, in Zweikämpfen dagegen zu halten", erklärt sie.
Schon in der vergangenen Saison lief sie noch beim SC Heuchelhof für die erste Mannschaft in der Regionalliga auf. Zu Vorurteilen von Männer gegenüber dem Frauenfußball hat die Schülerin, die im Sommer ihr Fachabi macht, eine klare Meinung: "Ich verstehe es, wenn jemand keinen Frauenfußball schaut. Aber wenn er behauptet, Fußball sei Männersache, finde ich das abwertend und respektlos."
Wohin kann ihre Karriere noch führen? "Ich hoffe, so weit wie möglich", sagt sie. An diesem Sonntag stehen aber erstmal die Bayern an. "Wir brauchen uns nicht zu verstecken, wir sind eine richtig starke Mannschaft", sagt die Stürmerin, für die es – trotz der Bayernfans in der Familie – dann nichts Schöneres geben könnte, als weitere Tore folgen zu lassen.