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Was macht eigentlich?
Was macht eigentlich... Hubert Karl?
Früher im Stadion oder der Halle erfolgreich – und jetzt? Wie geht es Unterfranken, die den Sport prägten, nach der Karriere? Diese Woche erzählt der ehemalige deutsche Leichtathletik-Meister Hubert Karl aus seinem Leben.
Tiefenentspannt: Hubert Karl.  1989 wurde der Leichtathlet im Trikot des TV Ochsenfurt deutscher Meister über die 3000-Meter-Hindernisstrecke.
Foto: Karl | Tiefenentspannt: Hubert Karl.  1989 wurde der Leichtathlet im Trikot des TV Ochsenfurt deutscher Meister über die 3000-Meter-Hindernisstrecke.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 10.02.2024 22:39 Uhr

Hubert Karl lief am 13. August 1989 in Hamburg die 3000 Meter Hindernis in 8:27,95 Minuten. Das reichte dem 1,97 Meter großen Athleten des TV Ochsenfurt zum Gewinn der deutschen Meisterschaft. Im gleichen Jahr war er auch erster Sieger in der Geschichte des Würzburger Residenz-Laufs. 1978 hatte Karl seine Laufbahn begonnen, Trainer Josef Ziesenböck führte den ehrgeizigen Sportler in die deutsche Spitze. Er lieferte sich bis Ende der Achtziger packende Duelle mit Engelbert Franz (Waldkraiburg), Michael Heist (Darmstadt) und Jens Volkmann (Berlin). Jahre packende Duelle.

So auch an diesem 13. August. Im Finale über 3000 m Hindernis lief Franz beherzt an. Es sah nach einem Start-Ziel-Sieg des Odenwälders aus. Doch die Verfolger kamen näher. Das Volksparkstadion brodelte, als am letzten Wassergraben Michael Heist und Hubert Karl nur noch wenige Meter hinter dem Führenden lagen. Auf der Zielgeraden überholten sie Franz und kämpften Brust an Brust um den Titel. Am Ende sicherte Karl in neuer persönlicher Bestzeit den ersten deutschen Meistertitel für den TV Ochsenfurt. Sein Neffe Patrick eiferte ihm 2016 mit einem U-23-Titel nach.

Heute ist der 56-Jährige Einkaufsleiter bei einer mittelständischen Regler- und Armaturen-Firma  in Marktbreit, wo er sich "täglich mit wechselnden Herausforderungen konfrontiert" sieht. "Das macht Spaß und hält mich fit." Seiner Ochsenfurter Heimat ist der seit 25 Jahren verheiratete Vater zweier Töchter (23 und 21 Jahre alt) stets treu geblieben..

Auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft: Hubert Karl (TV Ochsenfurt, Nummer 305)
Foto: Karl | Auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft: Hubert Karl (TV Ochsenfurt, Nummer 305)
Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt und mit welchen Erwartungen gehen Sie in die nächsten Monate?

Hubert Karl: Einerseits geht durch Einschränkungen ein gewisses Maß an Freiheit und Sozialkontakten verloren, andererseits entstehen dadurch auch ganz neue Gestaltungsspielräume.

Ihre gegenwärtige Form?

Karl: Inzwischen habe ich einen ganz guten Rhythmus gefunden, Familie, Beruf und etwas Sport unter einen Hut zu bekommen. Zwei bis drei Sporteinheiten pro Woche erhalten einigermaßen die Fitness.

Für welchen Sport bewegen Sie sich noch?

Karl: Joggen in der Natur ist meine große Leidenschaft. Gelegentlich auch Radfahren oder Wandern. Ergänzend noch Gymnastik und Stabilitätsübungen.

Und was bewegt Sie?

Karl: Gelebtes Unrecht.

Wofür wären Sie heute gerne noch mal jung?

Karl: In meiner Kindheit habe ich viel Zeit bei meinen Großeltern auf dem Bauernhof verbracht. Das war eine tolle, unbeschwerte Zeit.

Was schätzen Sie am Alter am meisten?

Karl: Die zunehmende Abgeklärtheit und Lockerheit.

In welche Zeit würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen und warum?

Karl: In eine Zeit, in der der Sport weniger vom Geld und mehr von der Leidenschaft dominiert wird.

Fokussiert: Der Ochsenfurter Hindernisläufer Hubert Karl in den Achtzigern.
Foto: Karl | Fokussiert: Der Ochsenfurter Hindernisläufer Hubert Karl in den Achtzigern.
Ihr Lieblingsort?

Karl: Meine Heimat Mainfranken. Hier fühle ich mich wohl.

Was haben Sie vom Leben gelernt?

Karl: Den Menschen nicht nach seinem Äußeren beurteilen.

Und was hat Sie der Sport gelehrt?

Karl: Nach jedem Tiefschlag kommt auch wieder eine positive Phase. Das Vertrauen darauf hilft über manche Krise hinweg.

Bei welchem Thema werden Sie angriffslustig?

Karl: Ignoranz und Ungerechtigkeit. Ich habe zum Beispiel ein Problem mit Menschen, die sich nicht an Regeln halten und sich auf Kosten anderer über Gebühr bereichern.

Und wen oder was würden Sie immer verteidigen?

Karl: Als Familienvater schützt man natürlich besonders seine Kinder. Generell versuche ich immer, für Gerechtigkeit und Fairness einzustehen.

Wie waren die ersten Wochen/Monate nach Ihrem Karriereende in der Familie?

Karl: Es hat eine Weile gedauert, vom Leistungsmodus auf Freizeit- und Genusssport umzuschalten. Die gewonnenen Freiheiten kamen größtenteils den Kindern zugute.

Welchen Moment Ihres Lebens würden Sie gerne noch einmal erleben?

Karl: Zu meiner deutschen Meisterschaft in Hamburg ist ein großer Fanclub aus Ochsenfurt per Bahn mitgereist. Die Heimfahrt war ein einziges Fest. Zuhause haben mir die Ochsenfurter einen sensationellen Empfang bereitet. Das hat mich unheimlich mit Stolz erfüllt.

Ein Trio, das Leichtathletik-Geschichte schrieb (von links): Hubert Karl, sein Neffe Patrick Karl und Legende Otto Knarr 2014 am Rande des Würzburger Residenz-Laufs.
Foto: Daniel Peter | Ein Trio, das Leichtathletik-Geschichte schrieb (von links): Hubert Karl, sein Neffe Patrick Karl und Legende Otto Knarr 2014 am Rande des Würzburger Residenz-Laufs.
Welches sportliche oder menschliche Foul würden Sie gerne rückgängig machen?

Karl: Mir sind weder gravierende sportliche oder menschliche Fouls bewusst, die ich bereuen müsste.

Wenn Sie nicht Sportler geworden wären – was dann?

Karl: Dann hätte ich auf jeden Fall ein Musikinstrument erlernt, wahrscheinlich Trompete.

Ihr Lieblingssportler heute?

Karl: Ich sehe vor allem die vielen ehrenamtlichen Schüler- und Jugendtrainer und -trainerinnen als Helden des Sports an. Sie bringen unseren Kindern nicht nur Spaß an der Bewegung bei, sondern auch Sozialverhalten in der Gruppe sowie die Grundregeln von Fairness und Disziplin.

Was war das größte Abenteuer Ihres Lebens?

Karl: Mit 17 Jahren habe ich zusammen mit meinem Cousin eine vierwöchige Interrail-Tour quer durch Südeuropa bis nach Marokko gemacht. Das war im Nachhinein betrachtet wohl eines meiner größten Abenteuer.

Nach wessen Pfeife tanzen Sie heute?

Karl: Meine Familie gibt den Takt vor.

Worüber haben sie zuletzt gelacht?

Karl: Ich kann ganz gut auch mal über mich selbst lachen, zum Beispiel bei einem klassischen und peinlichen Versprecher.

Was regt Sie auf?

Karl: Wenn Raucher ihre Kippe einfach auf den Boden fallen lassen.

Wen bewundern Sie – und wofür?

Karl: Menschen, die in sich ruhen und mit sich im Reinen sind.

Auch das Trikot des damals dominierenden LAC Quelle Fürth trug Hubert Karl einmal.
Foto: Karl | Auch das Trikot des damals dominierenden LAC Quelle Fürth trug Hubert Karl einmal.
Wer oder was macht Sie glücklich?

Karl: Wenn ich in die glücklichen Gesichter meiner Mitmenschen schaue.

Und vor welchem Unglück fürchten Sie sich?

Karl: Dass bei den vielen Konflikten auf dieser Welt eine Partei die Kontrolle verliert und es zur Eskalation kommt.

Was möchten Sie noch lernen?

Karl: Gelassenheit in allen Lebenslagen.

Was möchten Sie unbedingt noch erleben?

Karl: Eine Alpenüberquerung zu Fuß - und mit 75 Jahren noch das Deutsche Sportabzeichen.

Wovon träumen Sie?

Karl: Dass die Sportart Leichtathletik wieder populärer wird.

Welche Botschaft würden Sie (jungen Sportlern) gerne hinterlassen?

Karl: Die eigene Leidenschaft leben und sich dabei immer selbst treu bleiben.

Als wer oder was würden Sie wiedergeboren werden?

Karl: Ich könnte mir durchaus vorstellen, noch einmal unter den gleichen Vorzeichen zu starten.

Schwingt auch mal das Tanzbein: Hubert Karl (rechts) 2012 beim Ball des TV Ochsenfurt.
Foto: Gerhard Meißner | Schwingt auch mal das Tanzbein: Hubert Karl (rechts) 2012 beim Ball des TV Ochsenfurt.

Die neue Reihe: Was macht eigentlich...?

Fast jeder in der Region kennt sie – aber kaum einer weiß, was sie heute machen. Früher waren sie erfolgreiche Sportler, Trainer oder Funktionäre. Doch wenn sie nach ihren Karrieren nicht mehr im Scheinwerferlicht der Arenen, Hallen und Stadien stehen und damit im Fokus der Öffentlichkeit, verschwinden sie in der Regel auch aus den Schlagzeilen.
In unserer neuen Reihe „Was macht eigentlich . . . ?“, die in losen Abständen erscheint, haben wir uns auf die Suche gemacht nach Menschen, die den Sport in Unterfranken im vergangenen Jahrhundert oder Jahrzehnt auf irgendeine Weise geprägt haben. Wir haben ihnen allen den gleichen Fragebogen zukommen lassen und sie gebeten, ihn für uns auszufüllen. Darin blicken sie zurück auf ihre Karrieren, verraten, was sie gegenwärtig auch jenseits des Sports bewegt und wovon sie in Zukunft noch träumen.
Sie wollen wissen, was aus einer ehemaligen lokalen Sportgröße geworden ist? Dann schreiben Sie in die Kommentare, über wen Sie gerne mehr erfahren würden. Wir versuchen, die Sportler zu kontaktieren, um herauszufinden, was sie eigentlich machen.
 
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