Das Magazin „Stern“ schrieb im Sommer 2006 überschwänglich vom „deutschen Fräuleinwunder“, von den „Golden Girls“. Bei der Schwimm-Europameisterschaft in Budapest hatten die deutschen Frauen Erfolg um Erfolg eingeheimst – unter Anderem über 4x100 Meter Freistil und 4x200 Meter Freistil Gold geholt. Überdies hatte Schluss-Schwimmerin Annika Lurz vom SV 05 Würzburg über 200 Meter Freistil auch noch Silber im Einzelwettbewerb geholt.
Das ist längst Geschichte, ebenso wie die WM ein Jahr später in Melbourne, wo ihr die Französin Laure Manaudou um einen Wimpernschlag Gold und Weltrekord wegschnappte. Wie bärenstark Annika 2007 war, lässt sich an der DSV-Bestenliste ablesen: die 1:55,68 sind noch heute DSV-Rekord, seit über 13 Jahren. Annika Liebs sagte dieser Zeitung einmal, sie habe „lauter schöne Gefühle“, wenn sie an diese außergewöhnliche Weltmeisterschaft in Australien zurückdenkt.
Nach dem Ende ihrer Schwimmkarriere ging die Ehe mit ihrem Mann und Trainer Stefan Lurz in die Brüche, seit 2013 ist das Paar geschieden. Annika Liebs hat ein neues Leben. Nicht umsonst schlummern die drei Silbermedaillen aus Melbourne in einer Kiste im Keller. Treu geblieben ist die gebürtige Karlsruherin ihrer Wahlheimat Würzburg („Ich fühle mich hier sehr wohl“). Sie arbeitet in der Grundschule in Höchberg (Lkr. Würzburg) als Lehrerin.
Annika Liebs: Privat gab es in der Corona-Krise natürlich Einschränkungen. Der Kontakt zu Freunden, zu meinen Eltern und Geschwistern war leider auf das (Video-)Telefon begrenzt. Das tat mir schon weh, sie alle nicht live sehen zu können, sie zu umarmen und mit ihnen Geburtstage feiern zu können. Beruflich musste ich mich als Lehrerin auf eine völlig neue, herausfordernde Unterrichtssituation umstellen. Die Erarbeitung und dann Durchsetzung der geforderten notwendigen Sicherheitsgebote war oft nicht einfach, stressig und arbeitsintensiv. Eine Betreuung meiner Schüler, telefonisch oder per PC, während der Homeschooling-Zeit zu gewährleisten, war zeitaufwendig und klappte leider nicht immer bei allen. Dennoch habe ich versucht, auch etwas Positives aus dieser Zeit mitzunehmen: Im Bereich „Computer“ habe ich selbst dazugelernt und bin fitter geworden ?. Ich hoffe ganz stark, dass die Schulen jetzt geöffnet bleiben, ich meine Klasse täglich sehen kann und ein kontinuierliches Arbeiten möglich ist.
Liebs: Welche Form? Meine Fitness? Könnte sicherlich etwas besser sein.
Liebs: Ich gehe laufen und Fahrrad fahren. Die frische Luft tut gut und ist eine willkommene Abwechslung zum Schulalltag. Im Winter, wenn Schnee liegt, geht’s dann auch mal zum Skifahren.
Liebs: Heißt das ich bin alt? Ich fühle mich eigentlich noch recht jung ?
Liebs: Nochmal: ich fühle mich jung. Dennoch: bereits in jungen Jahren einige Erfahrungen gemacht zu haben, die mich jetzt prägen und mich vieles gelehrt haben, ist mir wertvoll.
Liebs: Ich bleibe in der Jetzt-Zeit! Sie ist so voller Abenteuer, Herausforderungen, Überraschungen, Freuden – das möchte ich nicht aufgeben. Wann, wenn nicht im hier und jetzt, finde ich wieder so viele, gute, Freunde?
Liebs: Im Kuschelsessel vor dem Kamin. Am Meer. Vom Wasser komme ich nicht los. Ich liebe die Wellen, das Geräusch der Brandung und das Geschrei der Möwen. Da ist es auch gleichgültig, ob es stürmt, regnet oder die Sonne scheint.
Liebs: Dass es sich zu leben lohnt.
Liebs: Eine ganze Menge: Das harte Arbeiten, um sich Träume erfüllen zu können, sich persönliche realistische Ziele setzen; die Disziplin, konzentriert auf deren Realisierung hinzuarbeiten den Fokus zu halten, auch auf manches dafür verzichten zu können.
Liebs: Bei unfairen, unüberlegten Anfeindungen oder Behauptungen.
Meine Familie und Freunde.
Liebs: Nicht ganz einfach, da ich damals mit meinem Trainer verheiratet war. Es war eine enorme Umstellung für uns beide.
Liebs: Keinen! Große Momente bleiben groß durch das Sich Erinnern und das Wissen der Unmöglichkeit einer Wiederholung. Die Wiederholung eines herausragenden Moments berührt uns emotional niemals so stark, wie das Urerlebnis.
Liebs: Puhh, das ist schwer zu sagen. Ich weiß es nicht. Da ich von Kind an Sport gemacht habe und dies aus freien Stücken, stellte sich mir nie die Frage nach einer Alternative.
Liebs: Roger Federer.
Liebs: Mein bisheriges Leben war sicher reich an Überraschungen, positiven wie negativen, reich an Hoffnungen, Befürchtungen und Erwartungen im sportlichen, privaten und beruflichen Umfeld. Aber Abenteuer habe ich niemals gesucht und auch nicht wissentlich erlebt.
Liebs: Nach keiner.
Liebs: Über manche Fragen dieses Bogens.
Liebs: Meinen Lebensgefährten – dass er es mit mir und meinem burschikosen Mundwerk aushält.
Liebs: Meine Familie. Hier weiß ich immer, dass ich aufgefangen werde, mit meinen Problemen zu ihr kommen kann. Zu wissen, dass dies möglich ist, ist unbezahlbar.
Liebs: Wieso sollte ich mich vor einem Unglück fürchten, von dem ich gar nicht weiß, ob es mich trifft? Sollte mich ein Unglück treffen, muss ich handeln, wenn ich kann, nicht vor Furcht erstarren.
Liebs: Geduld, ich bin wahnsinnig ungeduldig.
Liebs: Soll ich etwa passend zum Augenblick sagen: Den Covid-19-Impfstoff für alle? Ich bin nicht fixiert auf „unbedingt“, das erschwert nur ein zufriedenes, erfülltes Leben mit seinen vielen Facetten.
Liebs: Habe ich beim Aufwachen bereits vergessen.
Liebs: Frage dich selbst, wer du bist und was du von und für dich erwartest, und dann handle.