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Würzburg
Was macht eigentlich...? Annika Liebs
Das Rennen ihres Lebens schwamm sie 2007 bei der WM in Melbourn, wo die Athletin des SV 05 Würzburg Zweite über 200 Meter Freistil hinter der Französind Laure Manaudou wurde. Was die Lehrerin heute macht...
Die deutsche Schwimmerin Annika Lurz vom SV 05 Würzburg jubelt am Mittwoch, 28. März 2007 über Silber bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Melbourne über 200 m Freistil. 
Foto:  Gero Breloer, dpa | Die deutsche Schwimmerin Annika Lurz vom SV 05 Würzburg jubelt am Mittwoch, 28. März 2007 über Silber bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Melbourne über 200 m Freistil. 
Norbert Hohler
Norbert Hohler
 |  aktualisiert: 09.02.2024 09:58 Uhr

Das Magazin „Stern“ schrieb im Sommer 2006 überschwänglich vom „deutschen Fräuleinwunder“, von den „Golden Girls“. Bei der Schwimm-Europameisterschaft in Budapest hatten die deutschen Frauen Erfolg um Erfolg eingeheimst – unter Anderem über 4x100 Meter Freistil und 4x200 Meter Freistil Gold geholt. Überdies hatte Schluss-Schwimmerin Annika Lurz vom SV 05 Würzburg über 200 Meter Freistil auch noch Silber im Einzelwettbewerb geholt.

Das ist längst Geschichte, ebenso wie die WM ein Jahr später in Melbourne, wo ihr die Französin Laure Manaudou um einen Wimpernschlag Gold und Weltrekord wegschnappte. Wie bärenstark Annika 2007 war, lässt sich an der DSV-Bestenliste ablesen: die 1:55,68 sind noch heute DSV-Rekord, seit über 13 Jahren. Annika Liebs sagte dieser Zeitung einmal, sie habe „lauter schöne Gefühle“, wenn sie an diese außergewöhnliche Weltmeisterschaft in Australien zurückdenkt.

Nach dem Ende ihrer Schwimmkarriere ging die Ehe mit ihrem Mann und Trainer Stefan Lurz in die Brüche, seit 2013 ist das Paar geschieden. Annika Liebs hat ein neues Leben. Nicht umsonst schlummern die drei Silbermedaillen aus Melbourne in einer Kiste im Keller. Treu geblieben ist die gebürtige Karlsruherin ihrer Wahlheimat Würzburg („Ich fühle mich hier sehr wohl“). Sie arbeitet in der Grundschule in Höchberg (Lkr. Würzburg) als Lehrerin.

Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt und mit welchen Erwartungen gehen Sie in die nächsten Monate?

Annika Liebs: Privat gab es in der Corona-Krise natürlich Einschränkungen. Der Kontakt zu Freunden, zu meinen Eltern und Geschwistern war leider auf das (Video-)Telefon begrenzt. Das tat mir schon weh, sie alle nicht live sehen zu können, sie zu umarmen und mit ihnen Geburtstage feiern zu können. Beruflich musste ich mich als Lehrerin auf eine völlig neue, herausfordernde Unterrichtssituation umstellen. Die Erarbeitung und dann Durchsetzung der geforderten notwendigen Sicherheitsgebote war oft nicht einfach, stressig und arbeitsintensiv. Eine Betreuung meiner Schüler, telefonisch oder per PC, während der Homeschooling-Zeit zu gewährleisten, war zeitaufwendig und klappte leider nicht immer bei allen. Dennoch habe ich versucht, auch etwas Positives aus dieser Zeit mitzunehmen: Im Bereich „Computer“ habe ich selbst dazugelernt und bin fitter geworden ?. Ich hoffe ganz stark, dass die Schulen jetzt geöffnet bleiben, ich meine Klasse täglich sehen kann und ein kontinuierliches Arbeiten möglich ist.

Ihre gegenwärtige Form?

Liebs: Welche Form? Meine Fitness? Könnte sicherlich etwas besser sein.

Für welchen Sport bewegen Sie sich noch?

Liebs: Ich gehe laufen und Fahrrad fahren. Die frische Luft tut gut und ist eine willkommene Abwechslung zum Schulalltag. Im Winter, wenn Schnee liegt, geht’s dann auch mal zum Skifahren.

Wofür wären Sie heute gerne noch mal jung?

Liebs: Heißt das ich bin alt? Ich fühle mich eigentlich noch recht jung ?

Was schätzen Sie am Alter am meisten?

Liebs: Nochmal: ich fühle mich jung. Dennoch: bereits in jungen Jahren einige Erfahrungen gemacht zu haben, die mich jetzt prägen und mich vieles gelehrt haben, ist mir wertvoll.

In welche Zeit würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen und warum?

Liebs: Ich bleibe in der Jetzt-Zeit! Sie ist so voller Abenteuer, Herausforderungen, Überraschungen, Freuden – das möchte ich nicht aufgeben. Wann, wenn nicht im hier und jetzt, finde ich wieder so viele, gute, Freunde?

Ihr Lieblingsort?

Liebs: Im Kuschelsessel vor dem Kamin. Am Meer. Vom Wasser komme ich nicht los. Ich liebe die Wellen, das Geräusch der Brandung und das Geschrei der Möwen. Da ist es auch gleichgültig, ob es stürmt, regnet oder die Sonne scheint.

Was haben Sie vom Leben gelernt?

Liebs: Dass es sich zu leben lohnt.

Und was hat Sie der Sport gelehrt?

Liebs: Eine ganze Menge: Das harte Arbeiten, um sich Träume erfüllen zu können, sich persönliche realistische Ziele setzen; die Disziplin, konzentriert auf deren Realisierung hinzuarbeiten den Fokus zu halten, auch auf manches dafür verzichten zu können.

Bei welchem Thema werden Sie angriffslustig?

Liebs: Bei unfairen, unüberlegten Anfeindungen oder Behauptungen.

Und wen oder was würden Sie immer verteidigen?

Meine Familie und Freunde.

Wie waren die ersten Wochen/Monate nach Ihrem Karriereende in der Familie?

Liebs: Nicht ganz einfach, da ich damals mit meinem Trainer verheiratet war. Es war eine enorme Umstellung für uns beide.

Welchen Moment Ihres Lebens würden Sie gerne noch einmal erleben?

Liebs: Keinen! Große Momente bleiben groß durch das Sich Erinnern und das Wissen der Unmöglichkeit einer Wiederholung. Die Wiederholung eines herausragenden Moments berührt uns emotional niemals so stark, wie das Urerlebnis.

Wenn Sie nicht Sportlerin geworden wären – was dann?

Liebs: Puhh, das ist schwer zu sagen. Ich weiß es nicht. Da ich von Kind an Sport gemacht habe und dies aus freien Stücken, stellte sich mir nie die Frage nach einer Alternative.

Ihr Lieblingssportler heute?

Liebs: Roger Federer.

Was war das größte Abenteuer Ihres Lebens?

Liebs: Mein bisheriges Leben war sicher reich an Überraschungen, positiven wie negativen, reich an Hoffnungen, Befürchtungen und Erwartungen im sportlichen, privaten und beruflichen Umfeld. Aber Abenteuer habe ich niemals gesucht und auch nicht wissentlich erlebt.

Nach wessen Pfeife tanzen Sie heute?

Liebs: Nach keiner.

Worüber haben sie zuletzt gelacht?

Liebs: Über manche Fragen dieses Bogens.

Wen bewundern Sie – und wofür?

Liebs: Meinen Lebensgefährten – dass er es mit mir und meinem burschikosen Mundwerk aushält.

Wer oder was macht Sie glücklich?

Liebs: Meine Familie. Hier weiß ich immer, dass ich aufgefangen werde, mit meinen Problemen zu ihr kommen kann. Zu wissen, dass dies möglich ist, ist unbezahlbar.

Und vor welchem Unglück fürchten Sie sich?

Liebs: Wieso sollte ich mich vor einem Unglück fürchten, von dem ich gar nicht weiß, ob es mich trifft? Sollte mich ein Unglück treffen, muss ich handeln, wenn ich kann, nicht vor Furcht erstarren.

Was möchten Sie noch lernen?

Liebs: Geduld, ich bin wahnsinnig ungeduldig.

Was möchten Sie unbedingt noch erleben?

Liebs: Soll ich etwa passend zum Augenblick sagen: Den Covid-19-Impfstoff für alle? Ich bin nicht fixiert auf „unbedingt“, das erschwert nur ein zufriedenes, erfülltes Leben mit seinen vielen Facetten.

Wovon träumen Sie?

Liebs: Habe ich beim Aufwachen bereits vergessen.

Welche Botschaft würden Sie (jungen Sportlern) gerne hinterlassen?

Liebs: Frage dich selbst, wer du bist und was du von und für dich erwartest, und dann handle.

Holten zusammen Gold bei der Schwimm-Europameisterschaft 2006 in Budapest in der 4x100 Meter-Freistilstaffel der Frauen (von links): Daniela Götz, Petra Dahlmann, Annika Liebs vom SV 05 Würzburg und Britta Steffen.
Foto: Tamas Kovacs, dpa | Holten zusammen Gold bei der Schwimm-Europameisterschaft 2006 in Budapest in der 4x100 Meter-Freistilstaffel der Frauen (von links): Daniela Götz, Petra Dahlmann, Annika Liebs vom SV 05 Würzburg und Britta Steffen.

Unsere Serie über Sportgrößen der Region: "Was macht eigentlich..."

Was macht eigentlich...? Fast jeder in der Region kennt sie – aber kaum einer weiß, was sie heute machen. Früher waren sie erfolgreiche Sportler, Trainer oder Funktionäre. Doch wenn sie nach ihren Karrieren nicht mehr im Scheinwerferlicht der Arenen, Hallen und Stadien stehen und damit im Fokus der Öffentlichkeit, verschwinden sie in der Regel auch aus den Schlagzeilen.
In unserer Reihe „Was macht eigentlich . . . ?“, die in losen Abständen erscheint, haben wir uns auf die Suche gemacht nach Menschen, die den Sport in Unterfranken in der Vergangenheit auf irgendeine Weise geprägt haben. Wir haben ihnen allen den gleichen Fragebogen zukommen lassen und sie gebeten, ihn für uns auszufüllen. Darin blicken sie zurück auf ihre Karrieren, verraten, was sie gegenwärtig auch jenseits des Sports bewegt und wovon sie in Zukunft noch träumen. Wenn Sie einen Vorschlag für die Serie haben – immer her damit!
Mail: red.sport@mainpost.de
Quelle: noh
 
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