Die fürs Erste vielleicht augenfälligste Neuerung ist die Tatsache, dass der Neue auch selbst Hand anlegt. Denis Wucherer steht also im Trainingszentrum auf dem Parkett an der Drei-Punkte-Linie und passt seinen Spielern die Bälle zu, die diese im Korb versenken sollen. Eine Szenerie, die unter Wucherers Vorgänger Dirk Bauermann ziemlich undenkbar war, weil der Cheftrainer sich gerne an die Seite stellte, seine Assistenten die Pässegeber spielen ließ und das alles beobachtete und nötigenfalls unterbrach und einschritt. 16 Jahre Altersunterschied liegen zwischen den beiden Trainern, Wucherer assistierte Bauermann bei der Nationalmannschaft und beim FC Bayern München jeweils für ein Jahr, und vermutlich auch deshalb sagt er nun im Trainingszentrum: „In mir steckt viel Dirk Bauermann drin.“
Willkommen beim lockeren Aufgalopp, dem ersten öffentlichen Training von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg. 15 Spieler begrüßte der neue Baskets-Cheftrainer am Wochenende, von Montag bis Mittwoch standen die von der Liga vorgeschriebenen medizinischen Checks und eine Leistungsdiagnostik auf dem Plan, am Donnerstag wurde erstmals mit der Kugel trainiert. „Wir haben den konditionellen Zustand der Spieler getestet“, sagt Wucherer, war von einigen Ergebnissen offenbar positiv überrascht und lobte die gute Stimmung im Team. „Da ist kein schwieriger Charakter dabei“, glaubt der Coach.
Würzburg ist kein Neuland
Am Montag geht es dann richtig los, „auch mit Kontakt“, sagt Wucherer, der nun seit zwei Wochen in Würzburg lebt – was sich „wie zu Hause anfühlt“. Anfang des Jahrtausends spielte der 123-fache Nationalspieler mal für den Würzburger Bundesligisten, sein Bruder Nicolas lebt seit Jahrzehnten in der Domstadt. „Es ist kein Neuland für mich.“
Es kam im Sommer mal wieder zu einem munteren Bäumchen-wechsel-dich in Würzburg. Mit Kapitän Kresimir Loncar und Felix Hoffmann sind genau zwei Spieler aus der vergangenen Bundesligasaison noch in Baskets-Diensten. Der Rest muss sich als Mannschaft erst finden. Wucherer holte einige Spieler, für die er bereits in Gießen verantwortlich war, und nur zwei der Neulinge kennt die Bundesliga noch gar nicht. „Eine Mannschaft, die relativ wenige Wundertüten hat“, glaubt Wucherer, der sich auch auf das „Abenteuer Europe Cup“ freut. Das wurde erst möglich, weil Oldenburg sich zurückgezogen hat. Auch, weil die Niedersachsen ein Draufleggeschäft im sportlich am wenigsten anspruchsvollen europäischen Wettbewerb befürchteten. Die Baskets tun das laut Geschäftsführer Steffen Liebler nicht: Auch er erwartet, dass der Klub drauflegt – aber das sei im Budget berücksichtigt. Der Nutzen soll viel wichtiger sein als der schnöde Mammon: „Wir wissen um die Doppelbelastung“, sagt Liebler, „aber für eine neu zusammengewürfelte Mannschaft sind viele Spiele wichtig, um zusammenzufinden.“ In dieselbe Kerbe haut auch Wucherer: „Wir freuen uns darauf. Die zusätzlichen Spiele und die Reisen schweißen zusammen.“
Eine Mannschaft ohne großen Star
Selbst, wenn Wucherer sagt, in ihm stecke auch viel Bauermann – es gibt gravierende Unterschiede: Die Mannschaft hat keinen großen Star mehr wie vergangene Spielzeit Nationalmannschaftskapitän Robin Benzing, der dem Vernehmen nach noch immer auf Vereinssuche ist. „Die Mannschaft ist flexibel und breit aufgestellt“, sagt Wucherer, „wir haben viele gute Werfer. Und wir wollen eine Kultur etablieren, die zu uns passt. Bei uns muss das heuer übers Teamplay gehen.“ In der vergangenen Runde lautete das Baskets-System allzu oft „Robin, hilf!“. Wenn's eng wurde, sollte er oft im Alleingang die Kastanien aus dem Feuer holen. Erst als sich Benzing gegen Ende verletzt hatte und ausfiel, konnte die Mannschaft plötzlich leidenschaftlichen und auch erfolgreichen Mannschaftsbasketball spielen. Auch wenn Wucherer natürlich – ebenso wie Defensiv-Guru Bauermann – Wert auf eine gute Verteidigung legt, ein Ziel hat er schon definiert: „Vielleicht vorne mit ein bisschen mehr Tempo spielen.“
Das Ziel sind die Play-offs
Eine Neuerung führt der Neue auch ein: Es wird üblicherweise keine zwei auf den Tag verteilten Trainingseinheiten mehr geben, sondern eine, von 10 bis 14 oder auch von 9 bis 13 Uhr. „Da haben die Spieler mehr Regenerationszeit und können auch das Leben außerhalb der Halle ein bisschen mehr genießen“, so Wucherer, der seinen Ehrgeiz so unterstreicht: „Auch wenn vielleicht zehn, zwölf oder auch 14 Mannschaften das wollen: Das Ziel muss sein, in die Play-offs zu kommen.“
Öffentliche Spiele der Baskets:
1./2. September: Gezeitenhaus Cup in Rhöndorf mit den Gastgebern (ProB-Ligist) sowie den Bundesligisten Bonn und Frankfurt.
3. bis 7. September: Trainingslager in Bormio/Italien mit drei Testspielen.
14./15. September: Bosch Rexroth Cup in Würzburg mit den Bundesligisten Bonn, Braunschweig und Charleroi (Belgien, mit Ex-Basketsspieler Cliff Hammonds).
29. September: Saisonstart mit dem Heimspiel gegen Brose Bamberg (Vorverkauf ab 3. September)
Der Baskets-Kader
Guards: Skyler Bowlin (USA), Jordan Hulls (USA), Brad Loesing (D), Cameron Wells (USA), Philipp Hadenfeldt (D), Badu Buck (D). Forwards: Xavier Cooks (Australien), Perry Ellis (USA), Felix Hoffmann (D), Florian Koch (D), Johannes Richter (D). Center: Kresimir Loncar (D), Gabriel Olaseni (Großbritannien), Fynn Fischer (D).
Zugänge: Richter (Erfurt), Bowlin (Jena), Koch (Ludwigsburg), Loesing (Oldenburg), Olaseni (Fuenlabrada/Spanien), Hulls (Bremerhaven), Fischer (Schwabing), Wells (Varese/Italien), Ellis (Cantu/Italien), Cooks (USA/Winthrop University), Buck (Berlin).
Abgänge: Maurice Stuckey (Bamberg), Dejan Kovacevic (Braunschweig), Owen Klassen (Ludwigsburg), Leon Kratzer (Bamberg), Clifford Hammonds (Spirou Charleroi/Belgien), Robin Benzing, Jackson-Cartwright, Abdul Gaddy, Vytenis Lipkevicius, E.J. Singler, Kameron Taylor (alle Ziel unbekannt).