
Auch Kapitän Peter Kurzweg ist mit dem Team von Fußball-Regionalligist Würzburger Kickers nach Mallorca ins Trainingslager geflogen. Und das, obwohl an Fußballtraining für ihn derzeit gar nicht zu denken ist. Erst zwei Wochen ist es her, dass Kurzweg ein zweites Mal an jenem Knie operiert wurde, in dem im vergangenen Juli das Kreuzband gerissen war. Der 31-Jährige humpelt noch sichtbar. "Ab Hüfthöhe nach oben" könne er schon trainieren, erzählt er: "Kein Fahrradfahren, kein Laufen – das geht leider noch nicht."
Trotzdem ist die Betreuung auf Mallorca, wohin die Kickers von einem Physiotherapeuten und einer Physiotherapeutin begleitet worden sind, besser als daheim. Deswegen ist Kurzweg also dabei und auch ein bisschen, um nah dran zu sein an diesem Team und dem Verein, der dem gebürtigen Oberbayern so am Herzen liegt. Am Freitagmorgen machte er sich dann freilich einen Tag vor dem restlichen Kickers-Tross auf die Heimreise.
Wann er denn wieder eingreifen kann ins Geschehen? Kurzweg zuckt mit den Schultern. Nachdem er wegen wuchernden Narbengewebes im Knie erneut unter das Messer musste, habe er sich keinen neuen Zeitplan gesetzt: "Ich habe jetzt gesehen, was alles dazwischenkommen kann", sagt er: "Es macht keinen Sinn, mir Druck zu machen." Eines aber steht für ihn fest: "Ich habe noch Lust zu kicken. Einfach wieder Fußball zu spielen, mit den Jungs in der Kabine Quatsch zu machen, sich auf dem Platz gegenseitig zu pushen."
Der verpasste Aufstieg "das schlimmste Spiel der Karriere"
Hinter Kurzweg liegt ein schwieriges Jahr, das schmerzhafteste seiner bisherigen Karriere. Nicht nur, weil der in der Vorbereitungspartie im Sommer beim FSV Mainz 05 II erlittene Kreuzbandriss seine erste ernsthafte Verletzung war, sondern weil er kurz zuvor "das schlimmste Spiel meiner Karriere" erlebt hatte. Das Scheitern in Hannover, die Niederlage im Elfmeterschießen im Aufstiegsspiel zur 3. Liga, das sei nicht so leicht zu verkraften gewesen.
"Weil an diesem Spiel so viel dranhing. In der 3. Liga fängt eben das an, wo man hinwill. Dabei geht es nicht um Geld, sondern um das Gefühl. In der 3. Liga, da spielst du in Rostock und nicht mehr in Illertissen, da reist du am Abend vor dem Spiel an und übernachtest im Hotel. Erst da bist du ein richtiger Profi. Zwischen 3. Liga und 2. Bundesliga habe ich als Spieler keinen großen Unterschied gespürt. Aber zwischen Regionalliga und 3. Liga ist der Unterschied riesig."
Gerade deshalb sei es schwer zu ertragen gewesen, zwischen den geknickten Mitspielern zu stehen: "Es hat mir so leidgetan, die anderen Jungs so zu sehen. Ich war ja schon einmal da oben. Aber wir haben als Mannschaft alles dafür gegeben. Dann platzt der Traum, die ganze Saison ist für'n Arsch. Das war einfach so schrecklich bitter. Gerade weil wir so eine geile Mannschaft waren."

Nicht einmal ein Pflichtspiel habe er seither absolviert, sagt Kurzweg nun. Bei der Saison-Generalprobe riss sein Kreuzband: "Ich habe immer gedacht, mir passiert nie etwas. Weil ich nicht anfällig und eher ein kerniger Typ bin. Deshalb war das ein Schock." Kurzweg der Kapitän, der Anführer fehlte den Kickers und musste tatenlos zuschauen, wie das Team in dieser Saison hinter den Erwartungen zurückblieb.
Am Ende waren es wohl auch ein paar Missverständnisse auf menschlicher Ebene, die dazu führten, dass speziell unter Ex-Trainer Markus Zschiesche nicht viel zusammenlief, glaubt der Kapitän: "Jeder Verein, jede Mannschaft ist anders. Bei uns gibt es eine sehr flache Hierarchie. Das kennt so auch nicht jeder und da kommt nicht jeder mit zurecht."
Kurzweg will möglichst schnell zurück aufs Feld
Zuletzt lernte der 31-Jährige das Geschäft auch von einer gänzlich anderen Seite kennen, als er in den Wochen vor der Winterpause als Interims-Co-Trainer zusammen mit Vize-Kapitän Daniel Hägele Chefcoach Martin Lanig assistierte. Spaß habe das gemacht. "Davor hatte ich mir bei der Analyse von Spielen nicht so Gedanken gemacht und nur auf meine Position geschaut. Jetzt schaut man auf manche Sachen schon anders, sucht immer Lösungsansätze." Letztlich zähle für ihn dann aber doch nur eines: möglichst bald wieder auf dem Feld zu stehen.
Probleme mit der Motivation dürfe es vor der nun folgenden Restsaison trotz des deutlichen Rückstands auf Tabellenführer FC Schweinfurt 05 bei keinem Kickers-Akteur geben, sagt Kurzweg. "Es geht für jeden Einzelnen auch um seine Zukunft, um Verträge. Wir sind Profis. Ich erwarte von jedem, dass er sich professionell verhält", betont der Kapitän. Und weiter: "Klar ist der Rückstand ein Brett, aber du musst halt sofort mit dem Neustart da sein. Wir werden jetzt nicht die Flinte ins Korn werfen. Wir müssen immer an unsere Chance glauben."