Erst als das erste Heimspiel der Bergtheimer Handballerinnen seit fast acht Monaten vorüber war, ging die Mannschaft in die Knie. Aber nicht, um eine Siegesraupe nach dem verdienten 31:28-Erfolg gegen den TSV Winkelhaid anzuzetteln, sondern um noch einmal zu schuften.
Denn die Gemeinde verlangt, dass Harzflecken auf dem Hallenboden unmittelbar nach einem Spiel wieder entfernt werden müssen. Also setzten die Bergtheimer Spielerinnen ihre Masken auf, stülpten sich überdimensionale Gummihandschuhe über und merzten mit einem Entfernungsmittel kreisend die betroffenen Stellen aus.
Der neue HSV-Sportleiter Stephan Dinkel stand derweil daneben und verteilte eifrig Lob. Nicht für das Reinigen, sondern für das Handballspielen zuvor. Auch dort waren die Spielerinnen immer wieder auf ihren Knien gelandet. "Die Mannschaft hat in den entscheidenden Phasen zusammengestanden und sich diesen Sieg erkämpft", sagte Dinkel, der nach dem Rücktritt von Michaela Lehnert nun neben der B-Jugend auch das Bayernligateam gemeinsam mit Karin Wehner coacht.
Im Bergtheimer Handball hat eine neue Zeit begonnen
Die Corona-Pandemie fiel in Bergtheim mit einer Art Zäsur zusammen: in der Mannschaft, aber auch im Umfeld. Vier absolute Leistungsträgerinnen stehen prinzipiell nicht mehr zur Verfügung. Bis auf Topwerferin Anna-Maria Renner, die in die Dritte Liga nach Herzogenaurach gewechselt ist, hängt das mit dem Beruf zusammen, der Torfrau Jennifer Mathan sowie die Außenzange Martina Gerdes und Lisa Seibert in die Ferne geführt hat. Sie sind Lehrerinnen.
"Wenn wir die Drei unbedingt brauchen würden, stünden sie aber bereit", machte Dinkel deutlich. Spielerinnen aus der B-Jugend füllten die vakanten Positionen auf, daneben ist Isabelle Redinger der einzige Neuzugang. Als Rechtsaußen präsentierte sie sich gegen Winkelhaid bereits vollständig in ihre neue Mannschaft integriert.
Im Umfeld hat der überraschende Tod des Urvaters und Vorsitzenden Wolfgang Kreisel Ende Juli alles überschattet. Ihm gedachte man noch einmal mit einer Schweigeminute – genau wie dem ebenfalls verstorbenen Hallenfotografen Willy Stark. Dominik Weingart war am vergangenen Mittwoch zum Nachfolger Kreisels als Vorsitzender gewählt worden.
Achse mit Schwalbe und Bausenwein wirbelt am Kreis
In dem 2006 neugegründeten Verein hat somit eine neue Ära begonnen, die derweil stark von Corona belastet ist. Weil die Willi-Sauer-Halle sehr schmal ist, durften zum ersten Heimspiel nur etwas mehr als 30 Zuschauer kommen, mit den Ordnern war vielleicht 40 in der Halle. Ein Verkauf von Essen und Trinken fand nicht statt. Trotzdem legten sich die treuen Fans mit Klatschen und Trommeln ins Zeug. Davon angestachelt zogen die Bergtheimerinnen gleich mal auf 8:3 davon.
"Die Achse Ronja Schwalbe im Rückraum und Tanja Bausenwein am Kreis hat uns das Genick gebrochen", gestand Winkelhaids Trainer Sebastian Wilfing hernach. In der Tat: Als Spielmacherin Schwalbe nach etwa einer Viertelstunde behandelt werden musste, konnten die Mittelfränkinnen binnen weniger Minuten aufholen und sogar zum 9:9 ausgleichen.
Dinkel hatte schon kurz vorher die Auszeit gezogen und versucht, seine Frauen zu beruhigen: "Seid vorne weiter konzentriert und geht hinten früher raus, dann läuft die Geschichte."
Es scheint zu gelingen, den Abstiegsplätzen fernzubleiben
Die Heimsieben fing sich wieder, obwohl die Gäste ein von vielen Zeitstrafen geprägtes Match noch etwas länger offen halten konnten. Nach dem Seitenwechsel waren es auch die Verdienste von Außenspielerin Anna Zimmer, die ihre schnellen Antritte regelmäßig mit Toren krönte, und von Svenja Winheim, die sich am Siebenmeterpunkt nicht aus der Ruhe bringen ließ, das der zweite Sieg im zweiten Saisonspiel nicht mehr in Gefahr geriet.
"Unser Ziel war es, keinesfalls in den Abstiegsstrudel zu geraten. Das scheint uns zu gelingen", frohlockte Dinkel, während die Spielerinnen weiter auf Knien den Boden schrubbten.