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Fußball
Vom Sammler zum Ladenbesitzer: Ghaith Mousa will in Würzburg zeigen, dass Retrotrikots längst Mode sind
Der 29-Jährige musste seine Sammlung in Syrien zurücklassen. In Würzburg hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Wobei ihm der Fußball hilft.
Ghaith Mousa ist passionierter Sammler von Retrotrikots von Fußballvereinen. Hier hält er seinen Liebling aus seiner Sammlung in der Hand.
Foto: Thomas Obermeier | Ghaith Mousa ist passionierter Sammler von Retrotrikots von Fußballvereinen. Hier hält er seinen Liebling aus seiner Sammlung in der Hand.
Lukas Eisenhut
 |  aktualisiert: 24.01.2025 02:40 Uhr

Den Großteil seiner ursprünglichen Sammlung hat Ghaith Mousa verloren. Etwa 350 bis 400 seiner Fußballtrikots seien wegen des Krieges in Syrien weggekommen, berichtet der 29-Jährige. Nur ganz wenige habe er retten können, vielleicht drei. Eins hatte er bei der Flucht sogar an. "Unser Haus wurde komplett zerstört. Wir sind einfach geflüchtet und haben alles zurückgelassen." Mousa, seine Freunde nennen ihn Mo, stammt aus Damaskus, der Hauptstadt Syriens. Seit rund sieben Jahren lebt er in Würzburg.

Verschollen ist seit damals auch Mousas erstes Trikot, das er bekam, als er zwei Jahre alt war. Eines der brasilianischen Nationalmannschaft von 1994, mit "Romario"-Flock. Über die Jahre sammelte Mousa immer mehr Jerseys an. Alleine von Real Madrid, seinem Lieblingsverein, mehr als 100 Stück. "Mein Vater hat mich mit Trikots belohnt, wenn ich in der Schule gut war", erzählt er. "Es gab nichts Schöneres."

Mousas Leidenschaft für Fußball ist im Gespräch spürbar. Er kennt Resultate, Aufstellungen, sogar Frisuren von Spielern. Und seine Passion ist inzwischen auch sein Beruf. Seit September letzten Jahres hat der 29-Jährige, der in Syrien Bauingenieurswesen und in Deutschland später Informatik studiert hat, an der Würzburger Juliuspromenade seinen eigenen Laden für Trikots. "Ich kann kaum glauben, dass ich das in Vollzeit mache. Das ist wie ein Traum", sagt er.

Im Trikotgeschäft von Ghaith Mousa hängen viele seltene Jerseys.
Foto: Thomas Obermeier | Im Trikotgeschäft von Ghaith Mousa hängen viele seltene Jerseys.

Die Entscheidung, es auf eigene Faust zu versuchen, sei während der Europameisterschaft im vergangenen Jahr gefallen, erzählt Mousa. In Berlin habe es eine Veranstaltung von "Classic Football Shirts" – einem der führenden Unternehmen in der Branche – gegeben. "Ich dachte mir: 'Nein, ihr übernehmt hier nicht. Ihr seid überall in Großbritannien, ihr geht in die USA. Und wir gucken nur zu.'" Im Endeffekt: "No risk, no fun. Du musst zugreifen. Sonst macht es jemand anderes und du ärgerst dich."

Das Lieblingstrikot ist von Real Madrid

Angefangen hat Mousa mit fünf Trikots aus seiner persönlichen Sammlung. Inzwischen hängt der Laden voll mit den bunten Shirts, die er von internationalen Freunden bezieht. "Der Fußball verbindet die Leute miteinander", sagt er. "Ich hatte in Deutschland immer das Problem, dass die Leute verängstigt sind. Es gibt immer eine Grenze zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen." Aber der Fußball bringe alle zusammen. "Ich kann mit jedem plaudern. Egal, ob das ein kleines Kind ist oder ein alter Mann mit über 70 Jahren."

Mousa selbst hat inzwischen wieder rund 40 Trikots angehäuft. Sein teuerstes? Das ist ein Trikot der argentinischen Nationalmannschaft. Von der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko, beflockt mit der Nummer 10, die Diego Maradona trug. "Dafür habe ich 325 Euro bezahlt. Aber das war ein Freundschaftspreis", sagt er schmunzelnd.

Und sein persönlich liebstes? Ein Trikot von – natürlich – Real Madrid. In typischen Weiß mit lila Applikationen. Beflockt mit dem Nachnamen der kroatischen Sturm-Legende Davor Suker und der Nummer 9. Ein sehr seltenes Exemplar sei das, erklärt Mousa. Vor diesem Jersey sei sein Lieblingstrikot eines des brasilianischen Angreifers Ronaldo gewesen, natürlich auch von den Königlichen, von 2003/2004. Wenn er Trikots findet, die er schon mal hatte oder mit seiner Kindheit verbindet, behält er sie für sich. Der Rest geht in den Laden.

Mousa sieht Retrotrikots als Modestücke

Fußballtrikots, insbesondere Retromodelle, sind inzwischen längst zu modischer Alltagskleidung geworden. Das versuche auch Mousa seinen Kunden näherzubringen, sagt er. Der 29-Jährige trägt beim Gespräch zwar kein Jersey, aber ein Sweatshirt in einem ähnlichen Design. Dazu eine blaue, weite Jeans und weiße Sneaker. 

Die Leidenschaft zum Beruf gemacht: Ghaith Mousa hat einen Shop für Retrotrikots eröffnet.
Foto: Thomas Obermeier | Die Leidenschaft zum Beruf gemacht: Ghaith Mousa hat einen Shop für Retrotrikots eröffnet.

"Das Problem ist, dass Trends immer spät nach Deutschland kommen", sagt er. "In Großbritannien tragen viele Prominente Trikots aus den 90ern zur Baggy-Hose. Das mache ich schon mein Leben lang." Er könne es überhaupt nicht verstehen, warum Leute sagen, Trikots im Alltag gingen nicht. Manch eine Person verstehe die Mode aber. "Wenn die Leute schon mal Filialen von 'Classic Football Shirts' gesehen haben, erleichtert mir das mein Leben hier", sagt er.

Mousas neuestes Vorhaben hat nun erstmal nichts mit seiner eigenen Sammlung oder seinem Laden zu tun. "Ich möchte etwa 20 Kindertrikots sammeln und sie dann nach Damaskus schicken", sagt er. Denn er weiß, wie sehr die Menschen dort in den vergangenen Jahren gelitten haben. Und er weiß auch, was ein Fußballtrikot bei einem Kind auslösen kann.

 
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Kommentare
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  • Bruno Bauer
    Wo ist denn der Laden.
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  • Lukas Eisenhut
    Hallo Herr Bauer. Der Laden befindet sich an der Würzburger Juliuspromenade, Hausnummer 48. Viele Grüße, Lukas Eisenhut
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  • Steffen Cyran
    "....Seit September letzten Jahres hat der 29-Jährige, der in Syrien Bauingenieurswesen und in Deutschland später Informatik studiert hat, an der Würzburger Juliuspromenade seinen eigenen Laden für Trikots. ....."

    Für Sie hab ich auch noch 10 Sekunden gegoogelt: Hausnummer 48
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