
Plötzlich stand Würzburgs eigentlich verletzter Nationaltorhüter Enrico Göbel doch in der Startformation. Gemeinsam mit Würzburgs Blindenfußball-Nationalspieler Sebastian Schäfer konnte Göbel die ersten zehn Minuten des WM-Testspiels gegen Girondins Bordeaux bestreiten. Nationaltrainer Uli Pfisterer gönnte den beiden Lokalmatadoren vom VSV und BFW Würzburg einen gemeinsamen Auftritt vor heimischer Kulisse. Über 150 Zuschauer erlebten auf dem Kunstrasen des Sportzentrums am Hubland zweimal 25 Minuten Blindenfußball vom Feinsten. Mit Frédéric Villeroux, Bordeauxs Spielmacher, lief einer der weltbesten Blindenfußballer in Würzburg auf. Der 31-Jährige machte an diesem Tag den Unterschied und sorgte mit vier sehenswerten Treffern für den verdienten 4:1 (1:0)-Sieg der Franzosen.
„Allein gegen Frédéric Villeroux spielen zu dürfen, ist ein Erlebnis“, stellte Würzburgs Nationalstürmer Sebastian Schäfer nach der Begegnung klar. „Mit der Nationalmannschaft will man ja immer gegen die besten der Welt spielen, und das haben wir heute getan.“ Enttäuscht vom Ergebnis war der gebürtige Goldbacher nicht wirklich. Schließlich sind die Blindenfußballer von Girondins Bordeaux besser einzustufen als die aktuelle französische Blindenfußball-Nationalmannschaft. In einem Freundschaftsspiel gewann die Vereinsmannschaft von Bordeaux kürzlich gegen den amtierenden Vize-Europameister aus Frankreich.
Vor allem in der ersten Halbzeit gestalteten die deutschen Blindenfußballer die Begegnung weitgehend ausgeglichen. Nach dem Führungstreffer durch Villeroux (20.) kam das französische Angriffsspiel mehr und mehr ins Rollen. Bemerkenswert am Rande: Die Franzosen leisteten sich den Luxus, ihren Torguide stumm an der Seitenlinie zu postieren. Der Torguide ist im Blindenfußball hinter dem gegnerischen Tor aktiv und gibt den Stürmern durch Zurufe zusätzlich Orientierung. Eine ungewöhnliche taktische Variante der Franzosen.
Die lautstarke Halbzeitansprache von Bordeauxs Teammanager Toussaint Akpweh, der trotz der 1:0 Führung mit seinen Akteuren unzufrieden war, zeigte in der zweiten Halbzeit Wirkung. Vier Minuten nach dem Seitenwechsel erhöhte Villeroux auf 2:0. Neun Minuten später dann ein erstes Ausrufezeichen der deutschen Nationalmannschaft. Alikan Pektas setzte sich mit einer Einzelaktion durch und verkürzte mit dem Rasselball aus sieben Metern zum 1:2. Das ließ Villeroux nicht lange auf sich sitzen. In der Schlussphase der Partie nutzte er zwei Unkonzentriertheiten in der deutschen Abwehr zum verdienten 4:1-Endstand aus.
Die verletzungsgeschwächte deutsche Auswahl, die neben dem Kurzzeiteinsatz von Göbel auch drei Feldspieler ersetzen musste, nahm die WM-Testspielniederlage sportlich. „Ich hätte die Jungs aus Bordeaux sogar noch stärker erwartet“, betonte Deutschlands Kapitän Alex Fangmann hinterher und sah sogar positive Aspekte: „Wir sind hinten momentan nicht optimal besetzt, das gibt uns die Möglichkeit zum Experimentieren und zum Rollentausch.“ Tags darauf experimentierte man dann sogar bei der Torgröße. Statt auf Handballtore spielte man gegen Bordeaux in einem verkürzten Match auf etwas größere Hockey-Tore. 0:2 hieß es am Ende nach zwei Treffern von Ausnahmespieler Frédéric Villeroux – von wem auch sonst . . .
Nationaltorhüter Enrico Göbel, der seine Blindenfußball-Teamkollegen im Rahmen eines Uni-Seminars nach Würzburg holte, zeigte sich mit den hochklassigen Begegnungen sehr zufrieden: „Das Wochenende war eine Werbung für den Blindenfußball“, freut er sich in den nächsten Monaten auf weitere sportliche Highlights der Blindenfußballern von VSV und BFW Würzburg. Die WM steigt vom 13. bis 25. November in Japan.
Die Statistik des Spiels
Deutschland – Girondins Bordeaux 1:4 (0:2)
Deutschland: Göbel, Schleich, van Aken – Fangmann, Smirek – Celebi, Atunbas – Schäfer, Pektas. Guides: Söhner, Nordlohne. Bordeaux: Grangier – Roudeix, Val – Maya, Villeroux - Youme. Guide: Le Colvez. Tore: 0:1, 0:2 Villeroux (20., 29.), 1:2 Pektas (38.), 1:3, 1:4 Villeroux (42., 46.). Schiedsrichter: Herkens (Dietlingen). Zuschauer: 150.