Es ist kein Fußballspiel wie jedes andere. Die Drittliga-Auswärtspartie der Würzburger Kickers beim Karlsruher SC wird von den badischen Hausherren ganz besonders zelebriert werden. Es soll Abschied und Aufbruch zugleich sein. An diesem Samstag (14 Uhr) steigt das letzte Spiel im alten Wildparkstadion. Seine Spielstätte wird der KSC danach nicht verlassen, allerdings wird in Zukunft auf einer Baustelle gekickt. Schon am Montag sollen die Bagger anrollen, der Beginn einer neuen Ära im Wildpark, so hoffen sie in Karlsruhe.
Die Geschichte rund um einen Stadionneubau ist lang, voller Irrungen und Wendungen. Bis in die tiefe Nacht von Montag auf Dienstag wurde zwischen Stadt und Verein verhandelt. Am Dienstag setzten dann Bürgermeister Frank Mentrup und KSC-Präsident Ingo Wellenreuther ihre Unterschriften unter einen Vertrag, der die letzten Details regelt. Insgesamt kostet das ganze Projekt 123 Millionen Euro, darunter 77 Millionen für das Stadion selbst und 13 Millionen für Infrastrukturmaßnahmen. Der Verein trägt die Kosten für den Bau eines VIP-Parkdecks am Stadion, das rund zehn Millionen Euro kostet. Zahlen, bei denen in Würzburg mancher mit den Augen rollen dürfte. Aber das ist ein anderes Thema.
Nun müssen sich Würzburgs Drittliga-Kicker in der alten Arena mit einer besonderen Kulisse auseinandersetzen. Die Begegnung unter dem Motto „Danke Wildparkstadion!“ soll ein Erlebnis werden. Der KSC hat einen Nostalgiespieltag ausgerufen, lockt mit einem entsprechenden Programm und speziellen Eintrittspreisen im ganzen Rund: fünf Euro pro Stehplatz und zehn Euro für einen Sitzplatz. Die Resonanz ist groß. Rund 20 000 Tickets waren schon am Mittwochabend weg.
Schieles Drittliga-Debüt
So soll die Partie gegen die Rothosen am Schluss einer Reihe von denkwürdigen Spielen in dieser Arena stehen. Wie beispielsweise dem legendären 7:0 im Uefa-Cup-Wettbewerb gegen den FC Valencia im Jahr 1993, bei dem ein gewisser Edgar Schmitt vier Mal traf und seither „Euro-Eddy“ gerufen wird. Und eben dieser Schmitt war – um den Bogen zu den Kickers zu spannen – auch einmal Trainer des heutigen Kickers-Coaches Michael Schiele, von 2007 bis 2008 beim VfR Aalen. Für den 40-jährigen Schiele ist der Wildpark auch der Ort seines Drittliga-Trainerdebüts bei den Kickers. Im Oktober 2017 bestritten hier die Würzburger ihr erstes Punktspiel nach dem Rauswurf von Ex-Coach Stephan Schmidt. 0:2 verlor der damalige Interimstrainer Schiele.
„Es wird Zeit, dort mal etwas mitzunehmen“, sagt er nun. Allzu gute Erinnerungen habe er an den Wildpark nicht. Und so würde er auch gerne die Stimmung auf der Stadion-Abschiedsparty etwas vermiesen. „Wir wollen nicht nur Gast sein. Wir wollen ein ekliger Gast sein“, sagt Schiele.
Nun gibt es schon rein sportlich auch überhaupt keinen Grund zu übertriebener Höflichkeit. Nach vier Spielen ohne Sieg und zuletzt zwei Niederlagen am Stück sind Schiele und Co. gefordert, wollen sie nicht in der unteren Tabellenhälfte versinken. Wobei das Tableau für Schiele, schon aufgrund der engen Abstände, derzeit nur wenig Aussagekraft besitzt: „Die Tabelle blende ich aus. Was mich ärgert, ist, dass wir die 20 Punkte noch nicht geknackt haben“, sagt der Coach: „Denn die Chancen dazu waren ja da.“
Kickers-Coach vermisst „Spielglück“
Null statt sechs Zähler gab es aus den Partien in Münster (0:1) und gegen Halle (1:2). Mit der vollen Punktzahl aus diesen Spielen stünden die Kickers auf Platz drei statt zehn. Als Alarmzeichen mag Schiele die letzten Resultate nicht verstehen. „Ich war mit den Spielen zufrieden“, sagt er mit Überzeugung in der Stimme. Von einer Krise könne keine Rede sein. Die Abschlussschwäche? „Eine Frage der Zeit, bis wir wieder treffen,“ so Schiele. „Das Spielglück“ sei zuletzt abhanden gekommen. „Wenn es in Karlsruhe ein normales Spiel gibt, wir uns die Bälle nicht selbst ins Tor legen oder Sonntagsschüsse in den Kasten fallen, dann nehmen wir dort etwas mit“, glaubt der Kickers-Coach.
Für den Trainer ist offenbar weiterhin alles im Lot. „Der Druck liegt beim KSC“ ist er vor der Partie am Samstag schon alleine aufgrund der zu erwartenden Kulisse überzeugt. Und auch sein zuletzt etwas flattrig wirkender Torhüter Leon Bätge werde ganz sicher wieder in die Spur finden. „Er hatte in den letzten drei Jahren als Ersatzmann nicht allzu viel Spielpraxis. Da kann ein junger Spieler nicht gleich 20 Top-Spiele am Stück machen.“ In zwei Wochen, während der nächsten Länderspielpause, soll Stammkeeper Patrick Drewes nach seiner Muskelverletzung wieder mit der Mannschaft trainieren, hofft Schiele. Wenn das so kommt, wäre die Nachverpflichtung eines weiteren Keepers wohl kein Thema mehr. „Wir vertrauen unseren Torhütern“, so Schiele.