
Ganz entspannt saß Dirk Bauermann am Sonntagabend nach Ertönen der Schlusssirene am Spielfeldrand, die Arme vor der Brust verschränkt und mit einem zufriedenen Lächeln das Tohuwabohu um sich herum betrachtend. Ausgelassen wie kleine Kinder tollten seine Schützlinge auf dem Parkett herum, ließen sich von ihren Anhängern mit „Spitzenreiter, Spitzenreiter“-Rufen minutenlang feiern. Der 59-Jährige aber genoss still den Augenblick, stimmte nicht ein in das bunte Treiben. Vielleicht auch, weil er schon viel erlebt hat in seiner Trainerkarriere, auch größere Glücksmomente als jene, die der perfekte Saisonstart von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg im Umfeld des Klubs ausgelöst hat.
Doch auch dem neunmaligen Meistercoach ist natürlich nicht entgangen, dass er und sein Team Bemerkenswertes, ja Denkwürdiges in den ersten Saisonspielen abgeliefert haben. Erst das 76:73 zum Auftakt gegen Meister Bamberg, der erste Derbysieg im 14. Anlauf.
Dann am Freitagabend „eines der großartigsten Comebacks in der Geschichte der Basketball-Bundesliga“ (Live-Kommentar von Sport1-Reporter Michael Körner) beim 84:76-Husarenstreich beim hochgewetteten FC Bayern nach zwischenzeitlichem 22-Punkte-Rückstand. Und dann nicht einmal 48 Stunden später der abgeklärte, grundsolide herausgespielte und im Stile einer Spitzenmannschaft ins Ziel gebrachte 84:69-Erfolg gegen Tübingen.
„Es spricht für die hohe Qualität dieser Mannschaft, dass sie nach dem Hoch durch den Sieg in München gegen wirklich sehr gute Tübinger derart nachgelegt hat. Offensiv war das vielleicht unser bestes Saisonspiel. Wir haben 22 Assists verteilt und uns nur sechs Ballverluste geleistet“, resümierte Bauermann angetan von der Leistung. Auch Center Leon Kratzer war hochzufrieden mit dem Auftritt: „Uns war vorher klar, dass das Spiel gegen Tübingen das schwerere an diesem Wochenende ist, weil wir eigentlich nur verlieren konnten, gerade nach dem Sieg in München. Aber wir haben immer eine Antwort gehabt, wenn Tübingen noch mal an einer Wende geschnuppert hat.“
Fünf Siege aus fünf Spielen stehen für die Baskets auf der Habenseite. „Die kann uns schon keiner mehr nehmen, und das dürfen wir durchaus auch einen Moment lang genießen“, freute sich Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler über den Traumstart in die neue Spielzeit – selbstredend der beste der Klubgeschichte.
Stuckeys Bewerbung für Rödl
Begibt man sich auf die Suche nach dem Erfolgsgeheimnis der im Sommer auf zehn Positionen neu zusammengestellten Mannschaft, wird vor allem auf den mannschaftlichen Zusammenhalt verwiesen. „Die Teamchemie ist einfach super, wir glauben immer an uns. Selbst an freien Tagen, an denen man manchmal ja froh ist, keinen zu sehen, unternehmen wir etwas zusammen“, sagte etwa Maurice Stuckey, der gegen die Schwaben einmal mehr ein Bewerbungsschreiben für die Ende November anstehenden EM-Qualifikationsspiele der deutschen Nationalmannschaft ablieferte: Zehn Punkte, sechs Korbvorlagen und vier Rebounds standen am Ende für den Publikumsliebling auf dem Statistikbogen. „In der Form ist Moe definitiv ein Kandidat für Bundestrainer Hendrik Rödl“, ist sich Liebler sicher.
Auch für Bauermann ist das gute Klima innerhalb der Mannschaft der Garant der gegenwärtigen Erfolgsserie. Selbstverständlich, das betont der Headcoach, sei dies nicht. Gerade durch die Verpflichtung von Nationalmannschaftskapitän Robin Benzing kurz vor Rundenbeginn habe sich die Hackordnung im Team noch mal verschoben – zulasten der ausländischen Korbjäger, die ihre Rolle neu finden und definieren mussten. „Darüber kannst du stundenlang erzählen, am Ende aber braucht es die Bereitschaft der Spieler, dies auch zu akzeptieren. Es ist eine der Stärken dieser Mannschaft, dass sich jeder voll reinhängt, keiner beleidigt ist oder das Köpfchen hängen lässt“, sagt Bauermann, der gegen Tübingen mit Stuckey, dem seit Saisonbeginn überragenden Benzing und dem sich stetig steigernden Kratzer erneut drei Deutsche in die Startformation beorderte.
Rechnet man den derzeit mit einer Knieverletzung fehlenden Kapitän Kresimir Loncar hinzu, der ebenfalls über einen deutschen Pass verfügt und bislang im Schnitt 15,5 Punkte pro Partie erzielte, gibt es in der Liga derzeit wohl kaum einen Klub mit derart vielen einheimischen Leistungsträgern – sicher ein weiterer Grund für den aktuellen Höhenflug der Baskets, den sie möglichst am Samstag in Braunschweig (18 Uhr, Volkswagenhalle, Liveticker auf mainpost.de) fortsetzen wollen. „Wir fahren dahin, um zu gewinnen“, sagt Kratzer mit dem Selbstbewusstsein eines Tabellenführers.