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Leichtathletik
Sportart auf dem absteigenden Ast? Wie der TSV Oberthulba immer mehr Kinder für Leichtathletik begeistert
Die Leichtathletik-Abteilung im Verein wächst und wächst – entgegen des allgemeinen Trends. Das Cheftrainerteam nennt verschiedene Gründe für den Erfolg.
Die Leichtathletik-Abteilung des TSV Oberthulba kann immer wieder neue Kinder für den Sport begeistern.
Foto: Heiko Becker | Die Leichtathletik-Abteilung des TSV Oberthulba kann immer wieder neue Kinder für den Sport begeistern.
Lukas Eisenhut
 |  aktualisiert: 13.08.2023 03:17 Uhr

Die Erfolgsgeschichte der Leichtathletik-Abteilung des TSV Oberthulba begann mit einem Eintritt in den Ruhestand. Roland Fröhlich, Cheftrainer beim TSV und bis dato Sportlehrer, durfte 2018 in Pension gehen.

"Meine Enkelkinder waren soweit, dass sie Leichtathletik machen können, und dann haben wir gesagt, wir machen eine Gruppe auf", erzählt Fröhlich. Ruckzuck habe man ein paar Kinder aus Oberthulba zusammen gehabt. "Zur ersten unterfränkischen Meisterschaft sind wir mit sechs Kindern gefahren. Das war dann wirklich ein Selbstläufer."

Inzwischen gibt es beim TSV Oberthulba vier Leichtathletik-Gruppen, die fünfte folgt im Herbst. Rund 70 Kinder sind aktuell dabei. Dazustoßen darf, wer den Schuleintritt hinter sich hat. Trainingsgruppe eins, die Roland Fröhlich zusammen mit seinen Kindern Mario Fröhlich und Christina Füller leitet, befindet sich inzwischen in der Altersgruppe U 16. Angefangen haben die Jugendlichen im Alter von zehn oder elf Jahren.

Dass sich der TSV entgegen der Gesamtsituation entwickelt, zeigen die bundesweiten Zahlen: Hatte der Deutsche Leichtathletik-Verband 2002 noch 871.453 Mitglieder, so waren es 2020 nur noch 798.819. Und von 2020 auf 2021 – hier dürfte die Corona-Pandemie eine große Rolle gespielt haben – sank die Zahl auf nur noch 768.487 Mitglieder. Bei Kindern im Alter von sieben bis 14 Jahren ist die Entwicklung dieselbe.

In Unterfranken gibt es laut Bestandserhebung vom 31. Dezember 2021 noch 17.576 Mitglieder, aktiv sind davon aber nur die wenigsten, was sich an der Zahl der Startpässe ablesen lässt. Gerade einmal 1617 Athletinnen und Athleten aus Unterfranken waren 2022 für Wettbewerbe gemeldet.

Viel Lob für Christina Füller und ihren Vater Roland Fröhlich

Christina Füller betont, dass der TSV Oberthulba damals einen talentierten Jahrgang erwischt habe. "Und wenn man die Erfolge hat, dann bekommt man die Anfragen, und die Gruppen waren schnell voll", sagt sie. Ihr Vater ergänzt, dass sich das Angebot eben schnell rumgesprochen habe.

Es klingt sehr bescheiden, wenn Vater und Tochter über die Erfolge reden, sie tun es eher beiläufig.  Jennifer Schmitt, Trainerin von Gruppe drei, aber weiß: "Roland Fröhlich und seine Tochter machen super Training mit den Kindern."

Dem kann Günther Felbinger, Lehrwart im Leichtathletik-Bezirk Unterfranken sowie Stützpunkttrainer in Würzburg und Karlstadt, nur zustimmen. "Der TSV Oberthulba hat ein sehr engagiertes und motiviertes Team", sagt er. Die große Stärke des Vereins sei, dass er ständig versuche, neue Trainerinnen und Trainer auszubilden. "Dadurch kann im Training altersgemäß differenziert werden. Es ist wichtig, dass die individuellen Stärken der Jugendlichen herausgearbeitet werden", betont Felbinger. Zudem lobt Felbinger Roland Fröhlich, der "fachlich sehr gut drauf" sei, und die stete Bereitschaft des Trainerteams, sich weiterzubilden.

Jungen entscheiden sich oft für Fußball, deshalb gibt es mehr Mädchen

Als weiteren Erfolgsfaktor nennt Trainerin Schmitt derweil den Zusammenhalt der Kinder unabhängig von den Altersklassen. "Sie unterstützen sich alle und gönnen einander die Erfolge. Niemand ist neidisch, wenn jemand besser ist."

Roland Fröhlich
Foto: Reinhold Nürnberger | Roland Fröhlich

Ähnliches berichten auch Fröhlich und Füller. "Obwohl es eine Individualsportart ist, feuern die Kinder sich gegenseitig an, wenn wir bei einem Wettkampf sind. Sie freuen sich für die anderen und gönnen ihnen eine gute Leistung", sagt die Cheftrainerin. Der Verein lege außerdem viel Wert auf Staffel- und Mannschaftsergebnisse. Das begeistere vor allem die Mädchen.

Für Leichtathletik-Training fehlen oft die Übungsleiter

Die stellen übrigens rund zwei Drittel der Kinder in der Abteilung. Auf dem Dorf sei es immer noch so, dass die Jungen Fußball spielten, sagt Fröhlich. Das sei anfangs auch kein Problem, irgendwann aber kämen die Jungen in ein Alter, in dem sie sich für eine Sportart entscheiden müssten. Und das sei dann eben oft der Fußball.

Der Nachwuchs ist kein Problem: Beim TSV Oberthulba gibt es bald fünf Leichtathletik-Trainingsgruppen.
Foto: Heiko Becker | Der Nachwuchs ist kein Problem: Beim TSV Oberthulba gibt es bald fünf Leichtathletik-Trainingsgruppen.

Für Mädchen bedeutete die Leichtathletik vor allem auch ein neues Angebot. "Mädchen können nicht viel machen bei uns in Oberthulba. Deshalb haben sie gesagt, sie lassen die Kinder Leichtathletik machen", erklärt der Cheftrainer über die Verhältnisse in der gut 5000 Einwohner zählende Marktgemeinde im Landkreis Bad Kissingen. Die Leichtathletik komme bei den Kindern auch so gut an, weil sie so vielfältig sei, sagt Füller.

Das Problem der Leichtathletik – da sind sich Vater und Tochter einig – liege nicht bei den Kindern. "Kinder, die Leichtathletik machen wollen, gibt es genug", sagt Füller. Die habe man "noch und nöcher", betont ihr Vater. Es sind die Trainerinnen und Trainer, die fehlen. Man brauche eben auch ausgebildete Übungsleiterinnen und Übungsleiter, weil es wichtig sei, auf Feinheiten zu achten. Und davon gibt es bei derart vielen verschiedenen Disziplinen sehr viele.

In Oberthulba gibt es zufällig viele Sportlehrer

Der TSV Oberthulba hat an der Stelle das Glück, dass nicht nur Roland Fröhlich Sportlehrer war, sondern auch seine Tochter diesen Beruf hat. "Mein Bruder macht auch noch mit, der kennt es auch von klein auf", sagt die Cheftrainerin. Und eine Übungsleiterin habe der TSV aus den eigenen Reihen gewonnen. Eine Sportlerin habe zusammen mit ihrer Mutter als Trainerinnen jüngere Kinder übernommen.

Und dann ist es auch noch ein besonderer Zufall, der sich in Oberthulba niederschlägt, wie Füller verrät: "Wir haben im Dorf noch viele Sportlehrer, deshalb kommen glücklicherweise viele Ausgebildete nach."

 
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