Ringer kommen sich sehr nahe. Für Außenstehende ist der Sinn der Positionskämpfe oft nur schwer zu erkennen, das Ergebnis der Rangeleien schwer zu verstehen. So verhält es sich nun auch im Streit zwischen dem Bayerischen Ringerverband (BRV) und dem Ringerbezirk Main-Spessart, bei dem es ums Geld geht.
Der BRV-Vorsitzende Manfred Werner aus Würzburg hat vor einigen Tagen kurzerhand den kompletten Vorstand des Bezirks Main-Spessart wegen „verbandsschädigenden Verhaltens“ des Amtes enthoben. Unter den Geächteten ist auch der bisherige Vorsitzende Michel Lefebvre, Ehrenmitglied des Deutschen Ringer-Bunds (DRB). Manfred Werner – der auch DRB-Präsident ist – sagt: „Das ist sehr schade. Michel hat ein Lebenswerk fürs Ringen geschaffen.“
Der Aschaffenburger Lefebvre ist 78 Jahre alt, war Anfang der 60er ein deutscher Spitzenringer, später jahrzehntelang Kampfrichter sowie Jugendreferent, erst im Hessischen Ringerverband, dann im Deutschen Ringer-Bund. 2004 – schon über 60 Jahre alt – ließ er sich breit schlagen, den Vorsitz des Ringerbezirks Main-Spessart, der die geografischen Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg umfasst, zu übernehmen.
Kunkel vermittelt Schmitts Dienste
Die Kasse der Main-Spessart-Ringer führte jahrelang Georg Heeg aus Hösbach. Nachdem Heeg – Bruder des Kreisgeschäftsführers Kurt – zurücktrat, blieb der Posten einige Jahre lang unbesetzt. Toni Kunkel, Präsident des Hessischen Ringer-Verbands, vermittelte seinem Heimatbezirk die Dienste von Karl-Heinz Schmitt, der zuvor im Bayerischen Landes-Sportverband engagiert war. Seit August 2015 war Schmitt Finanzreferent der Main-Spessart-Ringer. Schmitt, Kurt Heeg und Lefebvre wurden nun per Verbandsanweisung geschasst.
Der Streit begann mit der Forderung des BRV vor rund zwei Jahren, der Ringerbezirk Main-Spessart habe seine Kassen offen zu legen. „Ich habe den Sinn darin nicht erkannt, aber eine Aufstellung unseres Vermögens, das sich auf weniger als 40 000 Euro belief, übergeben“, sagt Lefebvre. Der Verband wollte die Verfügungsgewalt über diese Mittel; der Bezirk stellte sich quer. Kunkel und Werner hätten ihm dann geschrieben, „wir wollen Euer Geld nicht“, berichtet Lefebvre.
Bei einer Feier zum 40-jährigen Bestehen des Hessischen Ringer-Verbands im Oktober 2016 sei er von Werner und anderen BRV-Funktionären jedoch erneut zur Überweisung des Bezirksgelds gedrängt worden. Es war wie auf der Matte: Wenn der Druck zu groß ist, knickt der Unterlegene ein.
„Wir haben dann überwiesen – fristgerecht“, betont Lefebvre. Der abgesetzte Finanzreferent Schmitt hat allerlei Belege zur Hand, um zu beweisen, dass der Ringerbezirk Main-Spessart allen Forderungen um Offenlegung der Konten, Stellungnahmen und Überweisungen zwar mit Murren und Widerstand, aber letztlich immer fristgerecht nachgekommen ist. Behauptungen des BRV, Konten des Bezirks seien auf den Namen des früheren Kassiers Georg Heeg gelaufen, könne er ebenfalls widerlegen, sagt Schmitt.
Fehlbetrag weniger als 5000 Euro
Zu einem Fehlbetrag von weniger als 5000 Euro waren Lefebvre, Schmitt und Kurt Heeg bis 31. März um 12 Uhr zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Um 11.
56 Uhr hätten sie diese mit der Erklärung, der Betrag resultiere aus noch nicht erfolgter Abrechnung der Bezirksmeisterschaften Anfang 2017 und dem Wunsch um Beilegung des Streits abgesandt, sagt Schmitt. Keine halbe Stunde später verfügte der Landesverband die Absetzung der Funktionäre.
Toni Kunkel sagt, er wolle sich aus dem Streit zwischen BRV und dem Bezirk Main-Spessart eigentlich raushalten, halte die Absetzung der Vorstände aber für gerechtfertigt. Die Bezirke seien „nicht-selbstständige Untergliederungen der Landesverbände“ und führten „in der Regel keine Kasse“. Auch Manfred Werner sagt, er wolle sich zu dem schwebenden Verfahren nicht äußern, aber die Maßnahmen seien unumgänglich gewesen. Er will in Main-Spessart kurzfristig einen Interimsvorstand einsetzen und zügige Neuwahlen veranlassen.
Georg Heeg, früherer Schatzmeister des Bezirks Main-Spessart, hat Kunkel und Werner wegen Beleidigung privatrechtlich verklagt. Karl-Heinz Schmitt sagt, er würde Kunkel den Freundschaftsdienst, sich bei den Ringern zu engagieren, kein zweites Mal erweisen. Hans-Joachim Conzelmann, Vizepräsident Finanzen des BRV, hat auf mehrere Anfragen dieser Redaktion nicht geantwortet. Die Gemengelage bleibt auch neben der Matte unübersichtlich.