„Hier kommt nicht der Messias.“ Rolf Brack (62) will gleich mal klarstellen, dass er bei den Rimparer Wölfen keine Wunder wird vollbringen können. Schließlich ist er „nur“ nebenberuflicher Berater und kein Sportdirektor in Vollzeit. Und doch, so wird im Gespräch schnell klar, platzt er vor Ehrgeiz, dem nächsten kleinen Zweitliga-Verein zum großen Sprung in die deutsche Handballspitze zu verhelfen.
Rolf Brack: Ich hatte bisher immer ein Näschen dafür, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und ich glaube, die Erfolgswahrscheinlichkeit von Projekten ganz gut einschätzen zu können. Das Rimparer Projekt verfolge ich intensiv, seit meine früheren Balinger Spieler Daniel Sauer und Jens Bürkle (Ex-Geschäftsführer und Ex-Trainer der Wölfe, Anm. d. Red.) damit anfingen, die Wölfe an die Spitze im deutschen Handball heranzuführen. Auch mit Roland Sauer ist dadurch ein regelmäßiger Austausch auf freundschaftlicher Ebene entstanden. Nach Gesprächen mit ihm und Matthias Obinger habe ich ein gutes Bauchgefühl bei der Sache und große Lust, Teil dieses ambitionierten Teams zu sein.
Die Wölfe wollen bis 2020 zu den Top-25-Klubs in Deutschland gehören. Halten Sie das für realistisch?
Brack: Natürlich! Wäre ich nicht vom Erfolg dieses Projekts überzeugt, würde ich nicht mitmachen. Für mich besteht Erfolg nur aus drei Buchstaben: t-u-n. Zwar werden wir diese Vision nicht im ersten Jahr verwirklichen, denn nichts, was bleiben soll, kommt schnell. Aber wir werden aus der Vision eine tatkräftige Mission machen. Die ersten konkreten Schritte sind ja mit der Verpflichtung von Benni Herth und mir bereits gemacht. Weitere Taten werden folgen.
Brack: Mit Abenteuer meinte ich damals das adrenalinorientierte Arbeiten als Trainer im Verein. Aber diese Tätigkeit, das zweimal am Tag in der Halle stehen, dazwischen an der Uni zu sein, verbunden mit viel Fahrstress, das ist nicht mehr mein Thema. Das Projekt in Rimpar würde ich eher eine spannende Geschichte als ein Abenteuer nennen.
Also stehen Sie nicht, wie manche vielleicht reflexartig mutmaßen werden, heimlich als Nachfolgetrainer von Matthias Obinger in den Startlöchern?
Brack: Ganz und gar nicht. Ich habe drei Enkel und werde sicher nicht nach Rimpar ziehen. Im Unterschied zum Fußball gibt es im Handball wahrscheinlich viele Trainer, die eher ein Risiko als eine Chance darin sehen, wenn ein erfolgreicher Trainer als Berater des Sportmanagements geholt wird. Matthias denkt sehr chancenorientiert und freut sich offenkundig auf die Zusammenarbeit nach dem Motto: Erstklassige Führungskräfte haben erstklassige Mitarbeiter, zweitklassige umgeben sich eher mit drittklassigen.
Brack: Zwischen uns hat die Chemie von Anfang an gestimmt. Ich schätze Matthias sehr. Seinen Bericht, den er damals nach seiner Hospitanz bei mir geschrieben hat, habe ich übrigens jahrelang als Muster an andere angehende Trainer herausgegeben, so schön strukturiert war der. Auch sein Playbook für die neue Saison ist schon sehr überzeugend, wohl durchdacht und ansprechend visualisiert. An Erfahrung ist er freilich noch ein recht junger Trainer. Aber er reflektiert viel und lernt aus Fehlern. In unsere Zusammenarbeit gehen wir beide mit einem guten Gefühl, mit viel Respekt voreinander und auf Augenhöhe.
Brack: Konkret werde ich alle Spiele der Wölfe per Videostudium zusammen mit Matthias vor- und nachbereiten. Dies umfasst auch die Gegneranalyse, die Erstellung des Matchplans und die Planung der Trainingswoche. Dann werden wir gemeinsam Ideen entwickeln, wie wir die Einzelspieler und die gesamte Mannschaft verbessern können.
Brack: Die Kommunikation ist dadurch natürlich einfach. Wir wissen beide, wovon wir reden. Und die Wissenschaft ist im Spitzensport auf jeden Fall eine unverzichtbare Basis zur objektiven Analyse von Leistungen und Ergebnissen. Aber alleine von ihr darf man keinen Erfolg erwarten. Entscheidend ist, welche praktischen Handlungskonsequenzen daraus abgeleitet werden und was sie bringen. Sie würden sich ja auch nicht von jemandem operieren lassen, nur, weil er ein Medizinstudium hinter sich hat. Der Chirurg wird erst ein richtig erfolgreicher Chirurg sein, wenn er auch eine Vielzahl gelungener Operationen am Knie, am Magen oder am Herzen vorweisen kann.
Brack: Davon bin ich auch überzeugt. Allerdings hängt sportlicher Erfolg in der Spitze schon auch von der Wirtschaftlichkeit ab. Ein Low-Budget-Team aus der Provinz braucht einen finanziellen Aufschwung, um dauerhaft oben mitmischen zu können. Unter einem siebenstelligen Jahresetat geht nichts in den Top 20. Deshalb sehe ich mittelfristig meine Rolle auch darin, das Management im Sponsoring zu unterstützen.
Brack: Ich würde sogar am liebsten über die Top 18 und die erste Bundesliga als stärkste Liga der Welt reden.
Na ja, Sie haben ja auch Erfahrung darin, kleine Klubs groß zu machen und in die Bundesliga zu führen. Ist Rimpar mit Scharnhausen, Pfullingen oder Balingen vergleichbar?
Brack: Natürlich, denn in allen diesen Vereinen zeigt sich, wo der Handball seinen Ursprung hat: im Dorf beziehungsweise in der Kleinstadt. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen, ist es wichtig, den Verein aus der Provinz in eine größere Stadt mit mehr Wirtschaftskraft und damit auch in eine größere Halle zu führen. Das ist ja durch den Umzug der Wölfe in die Würzburger s.Oliver Arena schon passiert.
Brack: Mit dem Thema werden wir uns auf jeden Fall beschäftigen. Allein schon deswegen, weil wir auf Gegner treffen werden, die mit dem siebten Feldspieler agieren werden. Es gibt niemanden, der sich mit dem Thema so viel auseinandergesetzt hat wie ich. Vor allem nach der Regeländerung (der zusätzliche siebte Feldspieler muss nicht mehr mit einem Torwartleibchen gekennzeichnet werden, d. Red.) ist eine schnelle Anwendung dieser innovativen Taktik ein Muss, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Noch dazu, wo es mit Benni Herth hierzulande wahrscheinlich auch keinen anderen Mittelmann gibt, der das schon 1000 Mal gespielt hat. Gewinnen fängt an mit Beginnen!
Brack: Ich sehe die Charakterisierung eher als Kompliment denn als Problem. Erfolgreiche Teams brauchen Querdenker, die innovativ denken und Spaß daran haben, Dinge anders zu machen als andere. Und ich habe durchaus den Eindruck, dass auch die Wölfe nicht nur dem Mainstream folgen, sondern ihren eigenen, regionalen Weg gehen wollen.