Als der Handballsportclub Coburg seinen ersten Treffer zum 1:1 in diesem Zweitliga-Derby erzielt hatte, ging vor dem Block ihrer Fans ein schwarz-gelber Konfettiregen auf den Hallenboden nieder. Die im weiteren Verlauf viel Unmut auf sich ziehenden Schiedsrichter aus Berlin unterbrachen das Spiel, damit Helfer das Spielfeld von den Plastikschnipseln freikehren konnten. Später mussten die Wischer noch ein zweites Mal ran.
Da wollten die Rimparer Wölfe scheinbar nicht hintenanstehen. Auch sie räumten am Samstagabend vor 2638 Zuschauern in der s.Oliver Arena etwas Schwarz-Gelbes aus dem Weg, nämlich die ersatzgeschwächte Coburger Sieben.
Coburger Fans erweisen ihrem Team einen Bärendienst
In der neunten Liga-Auflage dieses Frankenderbys behielten die Rimparer nach einer umkämpften Begegnung mit 31:29 (15:14) knapp die Oberhand – und bleiben damit gegen den ambitionierten Bundesliga-Absteiger weiter unbesiegt. „Was sich die Fanscharen hin- und herrufen, blendet man als Spieler und Trainer komplett aus“, sagte DJK-Coach Matthias Obinger später: „Die Unterbrechung durch die Papierschnipsel trug natürlich nicht gerade zur Konzentration bei. Aber da haben die Fans eher der eigenen Mannschaft einen Bärendienst erwiesen. Wir sind damit ganz locker umgegangen.“
Pöbeleien und Plastikschnipsel waren beileibe nicht die einzigen Widrigkeiten, welche die Grün-Weißen zu überstehen hatten. Die größte Klippe, die es für sie in diesem stürmischen Match zu umschiffen galt, waren zwei Rote Karten nach dem Seitenwechsel. Kapitän Stefan Schmitt und Linksaußen Sebastian Kraus, die Anfang der Woche ihr gemeinsames Karriereende zum Saisonende verkündet hatten, handelten sich binnen zwei Minuten in strittigen Situationen jeweils eine Disqualifikation ein, über die sie beide hernach schmunzelten. „Wir haben zeigen wollen, dass es auch ohne uns geht. Und es geht auch ohne uns“, sagte der 33-jährige Schmitt. Der gleichaltrige Kraus fügte hinzu: „Wir können anscheinend gleich die Handballschuhe an den Nagel hängen.“
20 Jahre junger Philipp Meyer springt in die Bresche
Das sei mal dahingestellt. Aber ihre Mannschaftskameraden hatten die beiden Unterzahlsituationen tatsächlich schadlos überstanden. „Die Roten Karten waren vermeintlich ein Nachteil für die Hausherren. Doch die Halle ist dadurch so richtig wach geworden, Rimpar hat noch mal eine Schippe draufgepackt“, bemerkte HSC-Coach Gorr. Auch Obinger fand, dass die Feldverweise eher ein Weckruf für sein Team gewesen seien.
Für Abwehrchef Schmitt, der wegen der dritten Zeitstrafe runter musste (36.), sprang der erst 20-jährige Philipp Meyer in die Bresche. Er läuft normalerweise für den Wölfe-Unterbau in der Bayernliga auf. „Da kommen National- und Bundesligaspieler auf ihn zu – und er macht‘s einfach gut, weil er mit Begeisterung und Leidenschaft bei der Sache ist“, lobte Obinger das Nachwuchstalent: „So ein junger Kerl muss vor der Kulisse bei diesem knappen Spielstand damit erst mal fertig werden.“ Das zeichne allerdings die ganze Mannschaft aus, die in dieser „Derby-Schlacht“ cool geblieben sei.
Obinger bekommt in der Kabine Gänsehaut
Schenkt man dem DJK-Trainer Glauben, so war er in der Halbzeitpause mit ganz wenigen Worten ausgekommen. „Die Spieler standen in der Kabine vor mir – und ich hatte Gänsehaut“, berichtete Obinger: „Wer in ihre Augen geschaut hat, der hat gewusst, wer hier als Sieger vom Platz geht. Und das ist keine Phrase.“ Sein Gegenüber Jan Gorr zeigte sich hingegen enttäuscht, dass „wir uns nicht zumindest mit einem Punkt belohnt haben, wenn wir zum Schluss in Ballbesitz sind und das Ding für uns machen können.“
Anders als im vorherigen Angriff hatte das Coburger Kreisanspiel beim Stand von 29:30 aus Sicht der Gäste nicht funktioniert – und das, obwohl die Oberfranken nach einer Zeitstrafe gegen den drei Siebenmeter parierenden DJK-Schlussmann Max Brustmann wegen Meckerns erneut in Überzahl gewesen waren. Die Wölfe läuteten nach ihrem Ballgewinn postwendend einen Konter ein. Der letzte Treffer zum 31:29 von Steffen Kaufmann ging im tosenden Jubel der Rimparer Anhängerschaft unter.
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Mit diesem so süß schmeckenden Erfolg ziehen die Wölfe in der Tabelle am fränkischen Rivalen vorbei auf Rang sieben. Der Rückstand auf den zweiten Aufstiegsplatz beträgt allerdings weiter drei Punkte, weil der dort rangierende VfL Lübeck-Schwartau parallel dem Spitzenreiter Bergischer HC im 15. Saisonspiel die erste Niederlage beibrachte.
Im sechsten Spiel in Serie ohne Niederlage
Die Rimparer haben nun zum sechsten Mal hintereinander nicht mehr verloren. Zuletzt in Dresden hatte ihre Abwehr das Spiel gewonnen; im Frankenderby wussten die Wölfe vor allem im Angriff zu überzeugen – und zwar fast durch die Bank. Allen voran schritt der agile Spielmacher Patrick Schmidt, der mit acht Treffern bester Torschütze auf dem Feld war und in dieser Kategorie sogar sein bärenstarkes HSC-Pendant Tobias Varvne in den Schatten stellte.
Oder Jan Schäffer, der seine ganze Kraft nicht nur in seine vier erfolgreichen Abschlüsse legte. Oder der wiedergenesene Benedikt Brielmeier, dem zwischen der 47. und 50. Minute drei astreine Treffer in Serie gelangen.
Vier Partien – angefangen mit dem Auswärtsauftritt am kommenden Freitagabend bei TuSEM Essen – stehen in diesem Jahr noch für die Wölfe an. Theoretisch können sie es am zweiten Weihnachtsfeiertag auf dem Platz abschließen, der ihnen am Ende der vergangenen Saison nicht vergönnt gewesen war.
Wolf des Tages
PATRICK SCHMIDT #17
Es war der Abend des DJK-Spielmachers. Angestachelt vom Sieg seines Lieblingsfußballklubs 1. FC Nürnberg am Nachmittag, lieferte er eine super Vorstellung ab. Auch vom Siebenmeterpunkt blieb Schmidt diesmal bei vier Versuchen ohne Fehlwurf.
Die Statistik des Spiels
DJK Rimpar Wölfe – HSC 2000 Coburg 31:29 (15:14)
Rimpar: Brustmann (1.-59.), Wieser (60.) – Kraus 2, Schmitt, Schömig 1, Böhm 1, Gempp, Schäffer 4, Schmidt 8/4, Kaufmann 6, Siegler 1, Meyer, Brielmeier 5, Herth 2, Sauer 1.
Coburg: Krechel (1.-40.), Kulhanek (41.-60.) – Hagelin, Wucherpfennig 1, Spross, Kelm 1, Weber 2, Lex 6, Kellner, Billek 3, Riehn 3/3, Varvne 7, Kirveliavicius 6.
Spielfilm: 2:3 (4.), 5:5 (11.), 8:8 (15.), 11:9 (22.), 12:12 (25.), 15:14 (Halbzeit), 19:16 (37.), 22:20 (42.), 26:23 (50.), 26:25 (52.), 29:27 (57.), 31:29 (Endstand).
Siebenmeter: 4/4 : 6:3.
Zeitstrafen: 7:4.
Rot: Schmitt (36., drei Zeitstrafen), Kraus (38., grobes Foulspiel, beide Rimpar).
Schiedsrichter: Tolga Karamuk/Nikos Seliger (beide Berlin).
Zuschauer: 2638.