Mehr oder weniger unfreiwillig kam Bernhard May mit 15 Jahren zum Golfsport. Im Teneriffa-Urlaub mit seinen Eltern wurde ihm während des Besuchs auf einer Golfanlage ein Schläger in die Hand gedrückt. „Ich wollte das eigentlich gar nicht ausprobieren. Damals habe ich Fußball und Tennis gespielt, Golf hat mich nicht interessiert“, erzählt er. Er ließ sich überreden. „Und dann war es vom ersten Moment an um mich geschehen. Zu Hause habe ich anschließend zum Leidwesen meiner Mutter den Garten umgegraben, ein Netz aufgebaut und eine Driving Range (Übungsplatz) daraus gemacht.“ Heute ist May fast 50 und seit rund einem halben Jahr Präsident des Golf Club Würzburg (GCW) mit etwa 800 Mitgliedern; das Amt hat er nach 34 Jahren von seinem Vater Rudi May übernommen, der die 56 Hektar große Anlage zwischen Giebelstädter Steige, Rottenbauerer Grund und Y-Spange ab 1994 bauen ließ. Daneben ist der Diplom-Kaufmann und verheiratete Vater dreier Kinder seit mehr als 20 Jahren Geschäftsführer der Golfplatz Würzburg GmbH, die Eigentümerin und Betreiberin der Anlage ist. Im Interview spricht Bernhard May über verbreitete Vorurteile über den Golfsport, neue Ideen zur Imagesteigerung und Golf als Kurzurlaub.
Frage: Herr May, wo ist denn die Schranke am Eingang zur Anlage geblieben, von der mir erzählt wurde?
Bernhard May: (lacht) Eigentlich ist es nicht lustig, denn tatsächlich denken manche, dass es so etwas gibt. Eine Schranke, an der man klingeln muss und dann trotzdem nicht reingelassen wird, gab es bei uns nie. Aber dass die Leute sich erst gar nicht hierher trauen, ist natürlich ein Manko.
May: Im ersten Punkt gebe ich Ihnen recht. In Deutschland gibt es noch immer Clubs, die ihre Hürden für eine Mitgliedschaft bewusst hochhalten – und damit auch das elitäre Image. Davon möchte ich mich für unseren Club ganz klar distanzieren. Wir möchten uns einem breiten Publikum öffnen. Den zweiten Punkt muss ich aber entschieden dementieren. Golf ist nicht nur Sport, sondern nach Stabhochsprung sogar die komplexeste Sportart überhaupt. Obwohl der Ball ruht, erfordert der Golfschwung in seinem Ablauf höchste Konzentration. Und wer sich vier Stunden am Stück konzentriert hat und acht bis zehn Kilometer auf dem Gelände gelaufen ist, der ist platt und weiß, dass er Sport getrieben hat.
May: Ich glaube, dass sie historisch geprägt, über Jahrzehnte gewachsen und mitunter bis heute gepflegt sind. Daher sind sie teilweise auch berechtigt – wenngleich sie in vielerlei Hinsicht mit dem Golfsport von heute nichts mehr zu tun haben. Für mich ist es eine ganz wichtige Mission, mit diesen Vorurteilen aufzuräumen.
May: Ich gebe zu: Dass die karierten Hosen von früher nicht mehr Standard sind, ist nicht unbedingt ein Verlust. Seit es seit ein paar Jahren keine strikte Kleiderordnung mehr gibt, tragen die meisten Golfer normale Freizeitkleidung. Eine Revolution war, als der damals durchtrainierte Tiger Woods einen Nike-Vertrag bekam. Damit war plötzlich das kragenlose Shirt in. Auch bei uns darf man in T-Shirt und Jeans spielen. Gepflegt sollte die Kleidung sein, das ist unsere einzige Etikette in dieser Sache.
Golf ist ein Hobby für Rentner und Menschen mit zu viel Zeit.
May: Der Altersdurchschnitt bei uns im Club liegt bei 49 Jahren, und unsere Mitgliederstruktur zeigt einen breiten Durchschnitt durch ganz normale Bevölkerungs- und Berufsschichten. Nicht nur pensionierte Rechtsanwälte und Zahnärzte spielen also Golf. Dass diese angeblich so langweilige Sportart sogar ein Hobby für toughe Jungs ist, zeigt zum Beispiel unsere Zusammenarbeit mit den Handballern der DJK Rimpar Wölfe, den Basketballern von s.Oliver Würzburg oder den Fußballern der Würzburger Kickers.
May: Zugegeben: Golf ist nicht die günstigste Sportart, aber lange nicht so teuer, wie viele denken. Wir haben Angebote für Einzelpersonen, Familien und Unternehmen. Zum Beispiel können Einsteiger sonntags an einem Schnupperkurs für 19 Euro teilnehmen. Außerdem bieten wir wie Fitnessstudios auch monatliche Zahlungen an. Wer Mitglied werden möchte, den kostet es nicht mal 2000 Euro im Jahr, bei uns Golf zu spielen (zum Spielrecht und Jahresbeitrag von zusammen 1950 Euro in den ersten zwölf bis maximal 24 Montaten kommen noch Verbandsbeiträge und eine Gastronomievorauszahlung als Guthaben fürs Restaurant ins Höhe von insgesamt knapp 220 Euro, Anmerkung der Redaktion) . Damit ist der Golfsport häufig günstiger als Skilaufen, das aber immerhin Volkssport ist.
Für manche Menschen ist das das Budget für einen Familienurlaub.
May: Natürlich ist das viel Geld. Aber es hat ganz einfach etwas damit zu tun, dass eine Golfanlage einer Investition von vielen Millionen Euro bedarf. Sie muss privat finanziert, gebaut und betrieben werden. Wir würden gerne Golf für 500 Euro im Jahr anbieten – alleine es geht nicht, weil die Betriebskosten, die anfallen, um eine Anlage auf diesem hohen Qualitätsniveau zu halten, es nicht zulassen. Dafür müsste sich etwas an den politischen Rahmenbedingungen ändern. Die Politik fördert zwar viele Randsportarten wie auch Skispringen oder Rennrodeln, aber Golf gehört bislang nicht dazu. Daher ist es leider nicht möglich, unseren Sport für die breite Masse zu sozialisieren und für jedermann zugänglich zu machen.
May: Definitiv! In Deutschland wird man Golf nur als Breitensport wirklich etablieren können, wenn er normal gefördert wird wie viele andere Sportarten. Dann könnte man viel mehr öffentliche Plätze bauen, wie sie zum Beispiel unsere Partnerstadt Dundee in Schottland hat. Auch in den USA oder Schweden gibt es Tausende von Golfplätzen, die von den Kommunen gebaut wurden und die keine Mitgliedschaften erfordern. Da zahlt man für eine Runde Golf Eintritt wie bei uns für eine Runde Schwimmen im Freibad. Hierzulande aber gibt es keinen einzigen öffentlichen Platz, weil es kein Förderungssystem gibt.
May: Dass es meinem Vater gelungen ist, diese Anlage auf diesem hohen Niveau zu etablieren, ist eine Lebensleistung. Wir sind seit elf Jahren als einziger Club im Radius von 100 Kilometern Mitglied der derzeit 35 „Leading Golf Courses of Germany“. Da aber auch der Golfsport dem Wandel unterliegt und sich in einem Spagat zwischen Tradition und Innovation befindet, müssen wir uns auch den veränderten Bedürfnissen unserer Kunden anpassen.
May: Zum Beispiel war es früher klar, dass eine Golfrunde 18 Loch beinhaltet. Heute spielen immer mehr Leute nur noch eine Neun-Loch-Runde, wünschen sich After-Work-Golfturniere. Golf wird jünger, und die jungen Leute haben nicht mehr so viel Zeit. Dem muss man mit seinem Angebot Rechnung tragen, um auch denjenigen, die voll im Berufsleben stehen, Golf zu ermöglichen. Wir haben in diesem Jahr zum Beispiel auch erstmals Neun-Loch-Turniere für Damen am Vormittag etabliert, die toll angenommen werden.
Unser Credo ist, den Leuten auf unserer Anlage einen Kurzurlaub zu ermöglichen – für zwei Stunden, für vier Stunden, einmal in der Woche oder jeden Tag. Das kann jeder mit seinem Zeitbudget für sich entscheiden.
May: Wir sind zum Beispiel in den Sozialen Medien präsent und laden zu coolen Events wie unserer Sommerparty ein, bei denen nicht mehr nur an runden Tischen gemütlich zu Abend gegessen wird. Dadurch wollen wir zeigen, dass wir einen lässigen Lifestyle leben. Auf unserer Anlage wird viel gefeiert.
May: Ja, und zwar den Mann, der sie auf dem Platz vor einigen Jahren fast mit einem Ball erschlagen hätte, während sie an Abschlag acht stand. (lacht) Der Ball flog nur ganz knapp an ihrem Kopf vorbei. Meine Schwester war darüber sehr aufgebracht. Der Spieler ging dann zu ihr und entschuldigte sich. So kamen die beiden ins Gespräch. Um wenige Jahre später genau an dieser Stelle, an Abschlag acht, vor rund 120 Menschen auf dem Golfplatz zu heiraten. Inzwischen haben sie zwei Töchter.
Ihr Schwager ist der Sportjournalist Götz Schmiedehausen. Er hat vor einigen Jahren ein Magazin mit dem Titel „GolfPunk“ gegründet. Was außer vielleicht noch den früheren „Handballpunk“ Stefan Kretzschmar als prominenten Golfer hat Golf mit Punk gemein?
May: Der Titel des Magazins war natürlich bewusst provokativ. Aber richtig Punk wird Golf nie sein. So, wie wir mit unserer Anlage aufgestellt sind, wollen wir den echten Punk auch nicht als Zielrichtung ausgeben. Uns ist es wichtig, in einer tollen Natur eine lässige Sportart zu betreiben. Wenn es mehr junge, erfolgreiche und coole Golfer-Typen als Vorbilder gäbe, würde das dem Image unseres Sports sicher auch helfen.