Bei den Frauen ist es genau zehn Jahre her. Bei den Männern muss man sogar bis zu den Wurzeln des am Sonntag zum 27. Mal stattfindenden Würzburger Residenzlaufs zurückgehen. Seither ist es keinem deutschen Starter mehr gelungen, sich an die Spitze des Laufs der Asse zu setzen. Das liegt natürlich nicht am Unvermögen der hiesigen Läufer, sondern daran, dass der Wettbewerb rund um das Unesco-Weltkulturerbe unter afrikanischen Athleten einen hohen Stellenwert genießt. So wird es auch heuer kein Deutscher ganz nach vorne schaffen.
Davon abgesehen wird der sportliche Höhepunkt des Residenzlaufs allerdings ein neues, frisches Gesicht haben. „Es ist uns gelungen, innerhalb des Laufs der Asse ein namhaftes B-Feld aufzuziehen“, freut sich Organisationsleiter Reinhard Peter und betont, dass das „B“ keinesfalls despektierlich gemeint sei. „Wir haben die von manchem zunächst belächelte Regel eingeführt, dass man im Lauf der Asse über zehn Kilometer starten muss, wenn man schneller als 37 Minuten ist. Es ist zwar möglich, mit einer besseren Zeit beim Hauptlauf über die Ziellinie zu kommen. Derjenige wird aber nicht als Sieger geehrt, sondern der Erste, der 37 Minuten oder darüber läuft.“
Die Maßnahme hat Früchte getragen. Bis zur Wochenmitte haben bereits mehr als 50 Starter aus Deutschland für den Lauf der Asse gemeldet. Darunter sind Sportler, deren persönliche Bestzeit über zehn Kilometer unter 31 Minuten liegt. Etwas mehr sind es bei Patrick Fiederling, der aus Höhefeld bei Wertheim nach Würzburg kommt und 2011 den Hauptlauf gewonnen hat. Auch aus der Domstadt und seinem Umland werden sich diesmal zahlreiche Athleten beim Lauf der Asse versuchen – und um Prämien für die bayerischen und unterfränkischen Wertungen laufen. „Für das Elite-B-Feld nehmen wir insgesamt zwischen 4000 und 5000 Euro in die Hand. Wir meinen es ernst mit dem Vorhaben, diesen Lauf in der Region zu stärken“, erklärt Peter und weist darauf hin, dass die Siegerehrung diesmal unmittelbar nach dem Lauf direkt auf der Strecke stattfinden wird.
Wer von den afrikanischen Läufern am Ende ganz oben auf dem Treppchen stehen wird, ist völlig offen. „Es ist schwer zu prognostizieren, welcher Athlet der absolute Favorit ist und ob ein Läufer in der Lage ist, den Streckenrekord zu brechen. Es gibt auch wieder einige, die ihr Europadebüt über zehn Kilometer geben“, erklärt Peter und freut sich auf diese Wundertüte. „Bei uns in Würzburg haben manche ihren ersten Sieg in Europa gefeiert, ehe sie später Weltmeister wurden oder ein Topresultat bei Olympischen Spielen eingefahren haben.“ Bei den Männern liege die Messlatte schon relativ hoch, so Peter: „Wenn es uns gelingt, hier wieder eine Zeit unter 28 Minuten hinzubekommen, dann wäre das schon ein fantastisches Rennen.“
Auch die Frauen werden sich mächtig strecken müssen, um an den im letzten Jahr von Margaret Wangari aus Kenia gelaufenen Streckenrekord heranzukommen. Die 31:14 Minuten waren 2014 die elftschnellste Zeit, die von einer Frau über diese Distanz weltweit gelaufen worden ist. Zuzutrauen ist dies Cynthia Chepchirchir Kosgei. Die Kenianerin hat kürzlich den Berliner Halbmarathon gewonnen. Mit Andrea Mayr läuft auch die amtierende österreichische 10-km-Meisterin auf, die sich zudem fünfmalige Berglauf-Weltmeisterin nennen darf.
Die deutsche Vize-Meisterin über zehn Kilometer aus dem letzten Jahr geht ebenfalls an den Start. Simret Restle-Aple dürfte mit der dort gelaufenen Zeit allerdings nicht vorne mitmischen. Die gebürtige Eritreerin war zwei Jahre lang gesperrt, weil sie 2012 positiv auf das Blutdopingmittel Epo getestet worden war. Sie begründete dies seinerzeit mit einer Medikamenten-Verwechslung. „Wir gehen ganz offen mit diesem Thema um“, sagt Peter, der betont, dass Restle-Aple kein Antrittsgeld erhält: „Sie hat aber wieder das Recht zu laufen wie jeder andere Starter auch. Dass sie in einer bestechenden Form ist, sieht man an ihren Ergebnissen in dieser Saison. Unter den deutschen Läuferinnen wird sie ganz sicher ein Ausrufezeichen setzen.“
Ein solches bei den Männern setzen dürfte Frederick Ngeny, dessen Bestzeit über zehn Kilometer bei 28:02 Minuten liegt. Der Kenianer hat zudem genau wie Kosgei bei den Frauen am letzten März-Wochenende den Berliner Halbmarathon gewonnen. Beim Residenzlauf im vergangenen Jahr war er Fünfter. Um den Sieg mitlaufen sollte auch Japhet Korir, der den Residenzlauf 2013 mit persönlicher Bestzeit von 27:52 Minuten gewonnen hatte.
Womöglich sorgt am Ende auch ein Läufer aus Unterfranken für Schlagzeilen: Solomon Eshete Merne. Aufgrund der politischen Verhältnisse in seinem Land suchte der Äthiopier vor längerem Asyl in Deutschland; er startet für den TV Wasserlos (nähe Alzenau). Darüber hinaus gehen bei den Männern noch drei Debütanten aus dem ostafrikanischen Land auf den Rundkurs um die Residenz. Ein Deutscher wie zuletzt Carsten Eich im Jahr 1991 wird zwar auch diesmal nicht vorne im Lauf der Asse zu finden sein. Vielleicht brechen die Äthiopier aber in die Phalanx der Kenianer ein, die seit nunmehr 13 Jahren den Sieger bei den Männern stellen.
27. Würzburger Residenzlauf: Zeitplan und Nachmeldung
ZEITPLAN
Lauf 1: Lauf der Kindergärten 10.30 Uhr: Lauf A (600 Meter, ohne Zeitnahme).
10.45 Uhr: Lauf B (600 Meter, ohne Zeitnahme).
Lauf 2: Bambini-Lauf 11 Uhr: Strecke 1 km, Jahrgänge 2006 und jünger (mit Zeitnahme).
Lauf 3: Lauf der Schulen A 11.15 Uhr: zwei bis drei Starts in Minutenabständen, Strecke 1 km, Jahrgänge 2006 und jünger.
Lauf 4: Jugend-Lauf 11.35 Uhr: Strecke 1,8 km, Jahrgänge 2005 – 2000 (getrennte Wertung nach A-, B- und C-Jugend).
Lauf 5: Lauf der Schulen B 11.37 Uhr: Strecke 1,8 km, Jahrgänge 2005 bis 2000.
Lauf 6: No-Limits-Lauf 12.25 Uhr: Strecke 2,5 km, auf die Residenzlaufrunde gehen: a) Schüler/innen (Jahrgang 1999 und älter), die mit ihren Schulen an der Veranstaltung teilnehmen (ohne Zeitnahme); b) junge Läufer/innen; c) gehandicapte Sportler/innen; d) Gesundheitssportler/innen; e) Firmenläufer/innen, die einsteigen; f) Beginner/innen; g) alle Walker/innen (auch mit Stöcken).
Lauf 7: Fit&Fun- sowie Firmen-Lauf 13.10 Uhr: Strecke 5 km, Frauen und Männer sowie Altersklassen (keine AK-Wertung!).
Lauf 8: Haupt-Lauf 14 Uhr: Strecke 10 km (= vier Runden um die Residenz), Männer und Frauen sowie Altersklassen (gesonderte Wertung!). Läuferinnen und Läufer, die 10 km bereits unter 43 bzw. 37 Minuten gelaufen sind, starten kostenfrei (!) beim Lauf der Asse. Als Sieger/in kann nur geehrt werden, wer das Ziel nach 43 bzw. 37 Minuten oder in einer langsameren Zeit erreicht!
Lauf 9: Handbike-Rennen 15.25 Uhr: Strecke 10 km, es wird gegen die klassische Laufrichtung gefahren. Das Rennen wird abgewunken, wenn drei Handbiker acht Runden absolviert haben, alle anderen dürfen ihre Runde noch beenden. Das Rennen ist auch offen für Rollstuhlfahrer!
Lauf 10: Lauf der Asse 16.30 Uhr: Strecke 10 km, internationale Beteiligung (Frauen: Bestzeit unter 43 Minuten; Männer: Bestzeit unter 37 Minuten). Bei diesem Lauf gibt es auch Sonderpreise für die schnellsten Läufer/innen aus Unterfranken und Bayern. Streckenrekorde, Männer: 27:33 Minuten (Leonard Komon/Kenia); Frauen: 31:14 Minuten (Margret Wangari/Kenia).
NACHMELDUNG Entweder am Freitag und Samstag zu den normalen Ladenöffnungszeiten im Sportgeschäft Decathlon (Industriegebiet Ost) oder am Sonntag ab 9 Uhr auf dem Residenzplatz (Zusatzgebühr von fünf Euro/Kinder und Jugendliche drei Euro) bis jeweils eine Stunde vor dem entsprechenden Lauf. Eine Ausnahme stellt der Hauptlauf (14 Uhr) dar. Nachmeldungen hierfür müssen bis spätestens 12 Uhr getätigt sein! Außerdem sind sie grundsätzlich nur mit Leihchip und gegen Barzahlung möglich.
RAHMENPROGRAMM Für musikalische Unterhaltung sorgen vor der Residenz die „Main-City-Stompers“ (11 – 14 Uhr) mit Dixie-Klängen sowie die Cover-Rockband „Broken Silence“ (14 – 18 Uhr). Für Kinder gibt es zahlreiche Spiel- und Sportangebote.
