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RADBALL
Radball – ein Sport für besonders Hartnäckige
Geduld braucht, wer es in besagter Disziplin zu etwas bringen will. Die hatte einst angeblich einen tierischen Geburtshelfer.
So sieht es beim Radball aus: der Rottendorfer Dominik Fenger (links) und Moritz Hartl aus dem schwäbischen Kissing in Aktion.
Foto: HMB Media/Julien Becker | So sieht es beim Radball aus: der Rottendorfer Dominik Fenger (links) und Moritz Hartl aus dem schwäbischen Kissing in Aktion.
Manuel Fröhlich
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:21 Uhr

Während langsam, aber sicher viele E-Bikes, Mountainbikes oder noch verbliebene "normale" Straßenräder über den Winter eingemottet werden, ist in Rottendorf genau das Gegenteil zu beobachten. Dort werden ganz spezielle Fahrräder auf Hochglanz poliert, um ihre Saison zu starten. Ein Blick auf Radball – eine Sportart, deren Räder keine Bremsen haben, einen u-förmigen Lenker und nur einen einzigen Gang. Und die Ausdauer in jeglichem Sinn erfordert.

Ein Hauch von Zirkusakrobatik

Es hat etwas von Zirkusakrobatik, wenn Paul Flury in der Rottendorfer Erasmus-Neustetter-Halle auf seinem Radball-Rad fährt. Mit den Händen die senkrecht verlaufenden Griffe des Lenkers fest umgriffen, fährt der 22-Jährige in einem Halbkreis auf einen am Boden liegenden Ball zu. Als er ihn erreicht, verlagert er blitzschnell das Gewicht auf das Hinterrad, hebt das Vorderrad leicht an und dreht den Lenker mit einer ruckartigen Bewegung. Kurz darauf schlägt es mit 70 km/h ein. Entweder im Netz, wenn Flury den Ball im Tor versenkt hat, oder krachend an der Hallenwand, wenn er sein Ziel verfehlt hat. Der ausgebildete Elektriker ist Teil der Radballmannschaft des TSV Rottendorf und nahm mit seinem Team am vergangenen Sonntag am Finale des Bayernpokal-Wettbewerbs teil.

Ballgefühl, Balance, Beweglichkeit – das sind nur drei Fertigkeiten, die der Radball von seinen Akteuren fordert. Alle drei treffen zusammen, wenn Flury mit seinem Vorderrad den Ball beschleunigt, wie es ein Fußballer mit seinem Fuß tut. Schließlich ist das Ziel des Radballs und das des Fußballs auch das gleiche: Möglichst viele Tore zu erzielen und dabei gleichzeitig möglichst wenige zu kassieren. Ansonsten gibt es allerdings einige Unterschiede: So ist das Spielfeld mit 11 x 14 Metern deutlich kleiner als ein Fußballfeld, und statt zweimal 45 Minuten treten die Radballer zweimal sieben Minuten an. Auch der Ball ist bei den Radsportlern deutlich kleiner, aber durch eine Füllung mit Rosshaar um einiges schwerer. Ein Team besteht bei der populärsten Variante des Radballs nur aus zwei Spielern, einem Feldspieler und einem fliegenden Torwart.

Freihändig stehen auf den Pedalen

Flurys Teamkollege ist der 25-jährige Dominik Fenger, den mit seinen braunen Haaren den blonden Flury nicht nur optisch perfekt ergänzt. Fenger, wie der Name schon phonetisch vermuten lässt, ist dabei der Torwart. Der 25-jährige studierte Elektrotechniker muss dabei sein Tor beschützen, ohne mit seinen Füßen den Boden zu berühren. Freihändig steht er auf seinen Pedalen, balanciert das Fahrrad auf der Stelle und wehrt mit den Händen Torschüsse ab. Was von außen kinderleicht aussieht, ist es in Wirklichkeit ganz und gar nicht: "Zwei bis drei Jahre braucht man schon, um Radball so richtig zu können", sagt Fenger, der aktuell immer von seiner Arbeitsstelle in Nürnberg zum Training pendelt. Man müsse deshalb schon begeistert sein vom Sport, um nicht schon vorher frustriert aufzugeben.

"Am Anfang gewinnt man da gar nichts, außer Erfahrung", ergänzt der Trainer Andre Elflein lachend. "Aber die Hartnäckigkeit zahlt sich aus, denn dann macht es richtig Spaß!" Elflein selbst ist seit über 41 Jahren aktiver Radballer, und noch immer leuchten seine Augen, wenn er von seiner Sportart schwärmt: "Es ist einfach etwas Besonderes, das nicht jeder macht. Und Radball ist extrem dynamisch, die ständige Bewegung fasziniert mich!"

Achtbare Resultate

Beim Pokalfinale am Sonntag schlug sich das Duo Flury/Fenger, das aktuell in der Landesliga antritt, gegen die anderen Teams aus höheren Ligen achtbar. Dem späteren Vierten aus Bechhofen trotzten sie sogar ein 3:3-Unentschieden ab, am Ende belegten sie den achten Rang. Den Pokal mit nach Hause nehmen konnte der hohe Favorit und Bundesligist RMC Stein. In einem engen Finale setzte der sich im Vier-Meter-Schießen durch.

Ein Mops wie dieser, aufgenommen im Jahr 2018, soll im 19. Jahrhundert unfreiwillig an der Entstehung des Radballsports mitgewirkt haben.
Foto: Ulises Ruiz | Ein Mops wie dieser, aufgenommen im Jahr 2018, soll im 19. Jahrhundert unfreiwillig an der Entstehung des Radballsports mitgewirkt haben.

Bei der Erfindung der Sportart Radball vor rund 150 Jahren hat übrigens angeblich ein Mops Pate gestanden. Denn ein solcher Mops war es, der dem Amerikaner Nick Kaufmann vor sein Fahrrad lief und ihn vor eine schwere Wahl stellte: Sollte er dem Vierbeiner ausweichen und damit einen Sturz riskieren? Oder sollte er einfach weiterfahren, dabei jedoch den Hund möglicherweise verletzen? Kaufmann entschied sich für keine der Alternativen, sondern schob den Hund sanft mit seinem Vorderrad zur Seite. Die Idee des Radballs war geboren.

 
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