Wo beginnen nach diesem 32. Würzburger Stadtderby, das so randvoll war an Emotionen und Geschichten? Am besten ganz am Ende, beim allerletzten Treffer, bei Tobias Riedner. Er war es, der den entscheidenden Elfmeter verwandelte und so den 5:4 (0:1, 2:2)-Sieg seines Würzburger FV im Pokal-Achtelfinale gegen die Kickers perfekt machte. Riedner, der Wanderer zwischen den Würzburger Fußballwelten, hatte im Herbst 2008 beim bislang letzten Sieg der Kickers an der Mainaustraße (2:1) getroffen – für die Rothosen. Einige Monate später war er zurückgewechselt in die Zellerau, wo er schon in der Jugend gekickt hatte. Und so traf er im Frühjahr 2010 beim 4:1-Sieg für den WFV gegen die Kickers. Und diesmal? Diesmal saß er, der Derby-Spezialist, zunächst auf der Bank. „Ich habe eine Stunde zugeschaut, dann war ich heiß genug“, sagte Riedner nach der Partie mit einem Lächeln auf den Lippen.
Dramatik in den letzten Minuten
Als er nach 69 Minuten für den zuvor bei guten Chancen glücklosen Pascal Bloemer eingewechselt wurde, hätten mit diesem Ende wohl nur wenige der 3000 Zuschauer auf der picke-packe-vollen Sepp-Endres-Sportanlage gerechnet. Das war die Phase, als sich die Waagschale Richtung Kickers zu neigen schien. Der furchtlos auftretende WFV hatte es in der Anfangsphase versäumt, sich selbst für sein starkes Spiel zu belohnen: Als Bloemer nach toller Vorarbeit des spielfreudigen Wojtek Droszcz allein aufs Kickers-Tor zulief, hatten viele WFV-Anhänger bereits den Torschrei auf den Lippen, doch Bloemer brachte den Ball nicht an Keeper Daniel Tsiflidis vorbei (16.). Dies war nur die größte von einigen WFV-Gelegenheiten in der ersten halben Stunde. Weil aber die Zellerauer zunächst nicht trafen, schien es, als ob sich die Kaltschnäuzigkeit des Regionalligisten gegen die Leidenschaft des Bayernligisten durchsetzen würde. Als sich Kickers-Spielgestalter Manuel Duhnke nach 37 Minuten eine Schusschance bot, fackelte er nicht lange und donnerte das Leder mit Karacho in die Maschen. Der Favorit führte, die „Roten“ jubilierten. Und die „Blauen“ haderten. Denn hernach war vom Zellerauer Anfangsschwung kaum mehr etwas zu sehen. Mit ganz viel Cleverness schienen es die Kickers zu schaffen, den Spielfluss der Gastgeber zu stören. Es lief auf einen schmucklosen Gäste-Sieg hinaus – dachte man. Ricardo Borba (64.) und Manuel Duhnke (70.) trafen bei Freistößen das Aluminium des WFV-Tores. Gefahr versprühten die Rothosen meist nur bei Standardsituationen.
Die wahre Dramatik, die echte Derby-Atmosphäre bekamen die Besucher schließlich komprimiert am Ende geboten. An diese Schlussphase wird man sich zumindest an der Mainaustraße noch lange zurückerinnern. Und im Mittelpunkt stand Tobias Riedner. Er war es, der in der 82. Minute den Ball nach einer Ecke zum 1:1 über die Linie drückte. Plötzlich war das Spiel wieder offen, und der WFV bekam das, was man gerne eine zweite Luft nennt. „Wir haben plötzlich gemerkt, dass fast das ganze Stadion hinter uns steht. Das hat zusätzliche Kräfte frei gemacht“, berichtete Riedner, der nur fünf Minuten später den Ball genau in den Lauf von Christian Kamolz legte. Und der – übrigens auch schon einmal ein Rothosen-Akteur – traf zum viel umjubelten 2:1. Die Partie hatte sich gedreht!
Denkste! Denn die Kickers hatten noch einen letzten Pfeil im Köcher: Ein unwiderstehliches Solo von Ricardo Borba und ein Tor aus nahezu unmöglichem Winkel in der dritten Minute der Nachspielzeit. Der nackte Derby-Wahnsinn. Es folgte das Elfmeterschießen, in dem WFV-Keeper Jan-Peter Grunz zum Helden wurde (lesen Sie dazu unten stehenden Text). Kickers-Coach Dieter Wirsching war trotzdem nicht bedient: „Der WFV kann sich freuen. Entscheidend bei uns war, dass Alexander Konjevic vom Platz musste. Aber für uns zählt die Liga. Sie ist wichtiger“, sagte er und war alsbald verschwunden. Geduscht haben die Kickers wieder am heimischen Dallenberg. Eine der vielen kleinen Spitzen rund ums Spiel. Eine andere: Die Tür zur Gäste-Kabine war in der Nacht vor dem Spiel gestohlen worden. Dieses Derby ist eben doch ein besonderes Spiel, weiß auch WFV-Coach Michael Hochrein: „Diesen absolut verdienten Sieg“, sagte er, „widmen wir allen ,Blauen' in Würzburg, die in letzter Zeit viel durchmachen mussten.“ Am Mittwoch waren sie es, die jubeln durften.
Die Statistik des Spiels
Würzburger FV – FC Würzburger Kickers 5:4 (2:2, 0:1) n. E.
Würzburger FV: Grunz – Ganzinger, Asta, Steinmetz, Schömig – Karsanidis – Istrefi, Droszcz, Dellinger (76. Krautschneider) – Bloemer (69. Riedner), Kamolz (90. Günder).
FC Würzburger Kickers: Tsiflidis – Bauer, Konjevic (52. Trunk), Sonnenberger, Murphy – Weidner – Borba, Duhnke, F. Wirsching (83. Eichler) – Bieber (62. Desic), Dan.
Tore: 0:1 Duhnke (37.), 1:1 Riedner (82.), 2:1 Kamolz (87.), 2:2 Borba (90.+3). Elfmeterschießen: 2:3 Sonnenberger, 3:3 Schömig, Grunz hält gegen Murphy, 4:3 Istrefi, 4:4 Dan, Tsiflidis hält gegen Krautschneider, Grunz hält gegen Desic, Tsiflidis hält gegen Günder, Grunz hält gegen Duhnke, 5:4 Riedner. Gelb: Schömig, Asta, Kamolz / Konjevic, Bieber. Schiedsrichter: Hanslbauer (Stein). Zuschauer: 3000 (ausverkauft).
die liebenswerte welthauptstadt der provinz bleibt halt gern unter sich, nech...
selbst in den von würzburger fans verspotteten und geschmähten "dörfern" ist mehr respekt, anstand und sportsgeist vorhanden, als bei diesen fans. wem dies nicht behagt und u.a. gesänge wie, "lasst ihn liegen, schei.. tritt sich fest" als menschenverachtend bezeichnet, wird zum beispiel (ohne distanzierung dieses gesanges!) vom wfv höflich aufgefordert, sich einen anderen verein zu suchen.
so hat halt jeder verein die lautstarken fans, die er möchte...
bravo, ganz großes kino im christlichen fußball-würzburg!
peter kemp
Schweinfurter.............!
Glückwunsch verdienter Sieg!
Hoffe der Sieg gibt Auftrieb und in der Liga passiert sowas wie in dem Kuhkaff letzte Woche nicht mehr!
Ich kann mich nur wiederholen Würzburg ist Blau und keiner mag die kickers!!!! meisterix sein kommentar sagt alles ! Die Nr. 1, die Nr. 1 der Stadt sind WIR