Trotz der Abschaffung des Reitens als Disziplin nach den Spielen 2024 in Paris kämpft der Moderne Fünfkampf weiter um seine Olympia-Zukunft. Doch statt schnell Klarheit über einen Nachfolger für das seit den Tokio-Spielen umstrittene Springreiten zu schaffen, hat die Union Internationale de Pentathlon Moderne (UIPM) ein kompliziertes Verfahren eingeleitet, um eine geeignete fünfte Disziplin neben Schießen, Degenfechten, Schwimmen und Laufen zu finden.
Zunächst sollte nach mehreren Medienberichten der Radsport als Disziplin folgen, doch über den Ersatz ist noch nicht entschieden. Mehrere Kriterien sind laut Weltverbandsmitteilung vom Donnerstag aufgestellt worden, darunter die von Erfinder Baron Pierre de Coubertin formulierte Anforderung "des vollkommenen Athleten".
Spott in internationalen Medien
Auch für Henning Braunsdorf von der Sportgemeinschaft Bomhard-Schule in Uffenheim (SBU) ist Mountainbike keine perfekte Alternative. "Ich würde mir eine technisch anspruchsvollere Sportart wünschen", regt er an. Die SBU ist ein Stützpunkt für den Modernen Fünfkampf.
In internationalen Medien gab es direkt Spott, vor allem für die Abschaffung der Traditionsdisziplin. "Was auch immer an die Stelle des Reitens treten wird, es wird kein Moderner Fünfkampf mehr sein", schrieb die ungarische Tageszeitung "Nepszava" in einem Kommentar. Das Blatt höhnte zudem, man könne auch gleich Skat oder Poker aufnehmen, wenn es ausschließlich um Umweltschutz und den Komfort der Sportler gehe. "Es wäre ein kosteneffizienter Wettbewerb, ein Saal, ein paar Tische und Stühle würden ausreichen", hieß es in der Zeitung.
Uffenheimer vermutet Entscheidung im Affekt
Der internationale Verband hatte mit seiner Entscheidung auch auf die Vorfälle in Tokio und die folgende Kritik reagiert. Dort hatte die Deutsche Annika Schleu für großes Aufsehen gesorgt. Die damals Führende im Zwischenklassement war mit dem ihr zugelosten und völlig verunsicherten Pferd nicht zurechtgekommen, hatte verzweifelt Gerte und Sporen eingesetzt. Schleu und Bundestrainerin Kim Raisner waren heftig kritisiert und mit Vorwürfen der Tierquälerei konfrontiert worden. Trotzdem wollte UIPM-Präsident Klaus Schormann am Reiten festhalten.
Die Entscheidung die jetzt getroffen wurde, sei im Affekt gefällt, nachdem das Thema bei den Olympischen Spielen große Aufmerksamkeit erhalten habe, findet auch Braunsdorf. "Ohne Annika Schleu wäre es nie ein Thema geworden", erklärt der Uffenheimer. Er betont auch, dass beim Fünfkampf keine Amateure auf den Pferden säßen. "Das sind alles gute Reiter, die bestimmte Abzeichen machen müssen, bevor sie überhaupt zum Wettkampf antreten dürfen."
Erneute Veränderungen für die Athleten
Der Präsident des Weltverbandes, beteuert jedoch, dass die Entscheidung keine Reaktion auf das Olympia-Drama um Annika Schleu sei. "Wir haben schon 2016 diesen Gedanken aufgenommen, als wir eine Innovations-Kommisson zur Modernisierung des Fünfkampfs gründeten", sagte er. Die neue Disziplin müsse auch in das in Tokio erstmals praktizierte Konzept passen, den ganzen Wettkampf in einem Stadion zu präsentieren.
An die Athleten schrieb der UIPM nun angesichts des Kehrtwende: "Wir müssen flexibel sein und uns wieder einmal auf Veränderungen einstellen." Es geht für die auf größtmöglicher Bühne bloßgestellte Sportart auch darum, sich selbst im Olympia-Programm zu halten. Der Ersatz für das Reiten soll erstmals bei den Spielen 2028 in Los Angeles zum Einsatz kommen.
Arbeitsgruppen beraten und planen
Der UIPM-Präsident unterstrich, dass Radsport eher nicht als Ersatzdisziplin in Frage komme. "Wir haben unsere Ideen, werden damit aber noch nicht an die Öffentlichkeit gehen, sondern in Arbeitsgruppen sorgfältig planen und beraten", sagte Schormann den Tageszeitungen der Verlagsgruppe Rhein-Main. Dieser Prozess werde bis Ende 2022 dauern, weil auch in der Praxis getestet werden müsse, ob die Sportart in das Wettkampfformat passe.
Henning Braunsdorf findet es schade, dass Reiten nun komplett gestrichen wird, obwohl er auch mit dem alten Modell nicht glücklich war. "Das Losverfahren ist mir schon immer sauer aufgestoßen, weil Glück dabei eine große Rolle gespielt hat", findet der Uffenheimer Stützpunkttrainer für Modernen Fünfkampf. Natürlich habe der Tierschutz aus seiner Sicht Vorrang, aber der Moderne Fünfkampf, wie er seit 1912 bei den Olympischen Spielen betrieben wird, werde durch die Entscheidung verraten.
Mehr Zeit mit dem Tier als Alternative
Statt eine neue Disziplin in die so traditionsreiche Sportart, die lange Zeit hauptsächlich vom Militär ausgeübt wurde, einzuführen, wäre es aus seiner Sicht besser gewesen, die Bedingungen zu verbessern. Wettkämpfe im Modernen Fünfkampf finden meistens über ein ganzes Wochenende statt. "Wenn jeder Athlet mehr Zeit mit dem Tier hätte, könnten sich die beiden auch besser aneinander gewöhnen", so Braunsdorf, der auch für mehr Sicherheitsvorkehrungen wirbt, um Verletzungen von Tier und Reiter zu vermeiden.
Dass jeder Sportler ein eigenes Pferd bekommt, hält er für unrealistisch. "Theoretisch wäre das eine Alternative, von der Umsetzung her aber schwierig im Amateursport, denn allein der Transport der Pferde sei eine nicht zu lösende Herausforderung", sagt Braunsdorf. Für die Olympischen Spiele sei das vielleicht realistisch, unter diesem Niveau jedoch nicht umsetzbar.
Und nach dem internationalen Aufschrei dürfte es mehr als schwer finden noch Besitzer zu finden die ihre Pferde dafür zur Verfügung stellen.