Wer mit dem Namen Gorpishin zur Welt kommt, der hat eigentlich keine Wahl. Der muss Handballer werden.
Sergej Gorpishin wurde am 31. August 1997 geboren. In Erlangen. Als Sohn einer Basketballerin und eines Handballers, die sich in Moskau auf einem Sportinternat kennengelernt hatten. Der Name des Mannes: Wjatscheslaw Gorpishin, in seiner Sportart besser bekannt unter dem Spitznamen „Slava“. Was übersetzt „Ruhm“ bedeutet. Wie passend. Denn ruhmreich war die Karriere des Zwei-Meter-Abwehrrecken in der Tat. Als Erstligaprofi mit ZSKA Moskau wurde er zweimal russischer Meister und als 270-facher Nationalspieler mit der russischen Auswahl Olympiasieger 1992 und 2000 sowie Vizeweltmeister 1999. Hinzu kamen 20 Jahre in der Ersten und Zweiten Liga in Deutschland, davon ab 1995 fünf beim HC Erlangen.
„Mein Vater hat mir Handball vorgelebt, und ich habe großen Respekt vor dem, was er erreicht hat. Was hätte ich also anderes werden sollen als auch Handballer“, sagt Sergej Gorpishin und lacht. Mit drei oder vier Jahren habe er angefangen. Seit Kurzem läuft der 20-Jährige für den Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe auf. Er kam in der Winterpause im Tausch für Jan Schäffer, der zu dem Klub gewechselt ist, bei dem Gorpishin junior wie damals Gorpishin senior seinen ersten Vertrag im deutschen Profibereich bekommen hat: dem HC Erlangen. Wie Schäffer ist der Russe, der zweisprachig aufgewachsen ist, aber nur den russischen Pass besitzt, gelernter Kreisläufer und Maschinenbau-Student. Für Rimpar läuft er mit Zweitspielrecht auf.
Bundesliga-Debüt gegen Flensburg-Handewitt
Möglichst viel Spielpraxis will er bei den Wölfen sammeln. Mehr, als im Erlanger Erstligakader möglich wäre. Dort hat er in der Hinrunde beim Vizemeister Flensburg-Handewitt sein Bundesliga-Debüt gegeben. „Zehn Minuten am Ende durfte ich rein.“ Einsatzzeiten erhielt er auch gegen Rekordmeister Kiel – „und gegen Hannover durfte ich eine ganze Halbzeit spielen. Das sind die Momente, in denen ich mich belohnt fühle für die Schinderei im Training.“
Bevor er vom Verein in seiner Geburtsstadt verpflichtet wurde, trug er das Trikot des Drittligisten HF Springe unter Oleg Kuleschow, ebenfalls ehemaliger russischer Auswahlakteur und Bundesligaprofi. Kuleschows Co-Trainer? „Slava“ Gorpishin, der mit seiner Frau und Sergejs jüngerer Schwester in Hildesheim lebt. „Papa sagt mir immer ungeschönt die Wahrheit“, erzählt der Junior, dessen Stärken wie die des Seniors früher vor allem in der Abwehr liegen.
- An diesem Donnerstag empfangen die Wölfe um 20 Uhr den ThSV Eisenach: Wie sich die Rimparer schlagen, erfahren Sie in unserem Liveticker.
Berufung ins russische A-Team
Nicht nur in puncto Spielanlage und Bundesliga wandelt der 20-Jährige auf den Spuren seines Vaters. Jüngst wurde der Juniorennationalspieler erstmals zu einem Lehrgang mit dem russischen A-Team eingeladen. Im April geht es dafür nach Mazedonien. „Es erfüllt mich mit Stolz, für mein Land berufen zu werden“, sagt er. Eigentlich fühle er sich europäisch, typisch russisch aber sei an ihm, „im Moment zu leben“.
Und nun also Rimpar. Täglich pendelt er von Erlangen zum Training dorthin. „Ein hochtalentierter, schlauer, toller Typ“, sagt DJK-Coach Matthias Obinger über den Zwei-Meter-Mann. „Als Blockspieler bringt er in der Abwehr Stärken ein, die wir bisher nicht hatten.“ Zusammen mit Patrick Gempp muss er Leistungsträger Jan Schäffer ersetzen. „Natürlich habe ich Respekt vor den großen Fußstapfen“, beteuert Gorpishin, „aber ich hoffe, meine Füße sind groß genug, um sie auszufüllen.“ Seine Schuhgröße? Er grinst: „48 2/3.“
„Wo 15 und Gorpishin drauf steht, muss es auch drin sein“
Der Name Gorpishin sei dabei „Fluch und Segen zugleich“. „Der Vorteil: Jeder im Handball kennt ihn. Der Nachteil: Trotzdem verhackstückt ihn fast jeder Hallensprecher“, scherzt er. Seine Teamkollegen nennen ihn „Sergio“. Der Spanier Isaías Guardiola hat ihm den Spitznamen in Erlangen verpasst, weil er Sergej nicht aussprechen konnte.
In Rimpar trägt Gorspishin die Nummer 15. Wie Schäffer. Vor allem aber: wie sein Vater früher. „Unsere Familiennummer“, sagt Sergej nicht ohne Stolz. „Papa hat mir mitgegeben: 'Trag das Trikot mit Würde. Wo 15 und Gorpishin drauf steht, muss es auch drin sein'.“ Name verpflichtet.
DJK Rimpar Wölfe – ThSV Eisenach (Donnerstag, 22. Februar, 20 Uhr, s.Oliver Arena)
Erster Doppelspieltag des Jahres in der Zweiten Handball-Bundesliga. Für die DJK Rimpar Wölfe (5./29:15) geht es gegen zwei Ostklubs, die beide um den Klassenerhalt kämpfen. An diesem Donnerstag (20 Uhr, s.Oliver Arena) empfängt das Team von Trainer Matthias Obinger den ThSV Eisenach (18./10:34), am Sonntag (17 Uhr, beide Spiele im Liveticker auf mainpost.de), gastieren die Rimparer beim EHV Aue (16./14:30). Die überraschend deutliche 22:27-Niederlage vom vergangenen Samstag im Verfolgerduell beim ASV Hamm-Westfalen sei aufgearbeitet, versichert Obinger. „Sie wurmt mich nicht mehr, nur darf sich dieses Fehlerausmaß nicht wiederholen.“ „Selbstkritisch und einsichtig“seien seine Spieler in der Analyse gewesen.
Eisenach kommt in akuter Abstiegsgefahr nach Würzburg. Nach ihrem Auftaktsieg in Aue verloren die Thüringer neun Partien in Folge. Im Dezember wurde Coach Christoph Jauernik freigestellt, sein Assistent Arne Kühr übernahm. Unter ihm starteten die Wartburgstädter jedoch auch mit Niederlagen in Nordhorn-Lingen und gegen Emsdetten in die zweite Saisonhälfte. Beide fielen allerdings knapp aus. „Eisenach spielt seit dem Trainerwechsel strukturierter“, findet Obinger. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das auch Punkte bringt.“ Bester Werfer beim Ex-Erstligisten ist Matthias Gerlich im linken Rückraum. Das Hinspiel gewannen die Wölfe mit 29:28.