Zweite Bundesliga, Männer
DJK Rimpar Wölfe - HC Elbflorenz
(Samstag, 19.30 Uhr, s.Oliver Arena)
"Siempre la familia" - immer die Familie. Manchmal beschreibt selbst ein WhatsApp-Status den Wesenskern eines Menschen. Im Fall von Lukas Siegler ist das wohl so. "Jeder, der mich kennt, weiß, dass Familie das Wichtigste für mich ist", sagt er bei einem Kaffeeplausch in Würzburg. Und damit meint der 22-Jährige zuallererst natürlich seine Eltern, seinen sechs Jahre jüngeren Bruder Julius, der ihm in Sachen Handball nacheifert und "Oma und Opa, die bei fast jedem Heimspiel zuschauen". Er meint aber auch das "familiäre Umfeld" bei seinem Verein DJK Rimpar Wölfe, wo er genau deswegen seinen Vertrag kürzlich bis 2021 verlängert und dafür Angebote anderer Zweitligisten ausgeschlagen hat. "Vielleicht wäre es für meine Persönlichkeitsentwicklung förderlich, von hier wegzugehen, aber ich bin noch nicht bereit dafür."
Höflich, umgänglich, warmherzig
Lukas Siegler ist nicht nur ehrlich, sondern auch höflich, umgänglich und warmherzig. "Erziehungssache", sagt er und lächelt etwas verlegen. "Anderen nett zu begegnen, das hat mir vor allem Mama mitgegeben." Ihm falle es leicht, "offen durch die Welt zu gehen". "Und so, wie ich gemocht werden will, geb ich jedem auch erst mal die Chance, gemocht zu werden."
Ihn aus der Nestwärme herauslocken könnte wohl allenfalls ein Erstligist. Es in die höchste deutsche Handballklasse zu schaffen, diesen Kindheitswunsch hat er noch immer. Der frühere Juniorennationalspieler teilt ihn mit seinem 16-jährigen Bruder, der in der Rimparer B-Jugend ausgebildet wird und im März vom Deutschen Handballbund zu einer Sichtung eingeladen wurde. "Unser Traum ist es, einmal zusammen in einer Bundesliga-Mannschaft zu spielen."
Obinger: "Gesegnet mit unglaublichem Talent"
Die vielleicht wichtigste Lektion auf dem Weg, sich diesen Traum zu erfüllen, hat der Rückraumlinke in den knapp vier Jahren seit seinem Zweitliga-Debüt 2015 gelernt. "Lukki ist gesegnet mit einem unglaublichen Talent. Aber Talent reicht auf dem Niveau eben längst nicht mehr", sagt sein langjähriger Coach Matthias Obinger, der ihn schon in der B-Jugend und später auch beim HSC Bad Neustadt in der Dritten Liga trainiert hat. "Inzwischen hat er verstanden, dass Entwicklung keine Tür ist, durch die man hindurchgeht, sondern eine Leiter, die zu besteigen Zeit, Geduld und Fleiß braucht."
Nach Verletzungen angekommen in der Liga
Siegler ahnt, worauf sein Trainer anspielt. "In unserer Fast-Aufstiegssaison 2016/17 war ich etwas frustriert und hitzköpfig, weil ich im Angriff kaum zum Einsatz kam. Heute weiß ich, dass das meiner Leistung in der Abwehr gut getan hat." Vorne wie hinten ist der Rechtshänder nach dem schwierigen vergangenen Jahr, als zwei Handverletzungen innerhalb kurzer Zeit und ein Bänderriss in der Vorbereitung ihn immer wieder zurückwarfen, in dieser Runde eine feste Größe im DJK-Kader. Hatte er sich anfangs die Spielzeit im linken Rückraum noch mit Benedikt Brielmeier geteilt, so steht der Youngster mittlerweile rund 40 Minuten pro Partie auf der Platte. "Ich würde sagen, dass ich jetzt erst so richtig in der Liga angekommen bin und meine erste relativ konstante Saison spiele. Auf der Leiter ging es abgesehen von den Verletzungen kontinuierlich nach oben. Viel davon hab ich Obi zu verdanken." Der prognostiziert: "Lukki kann in Rimpar ein Leistungsträger der Zukunft werden." Zum viertbesten Torschützen und zweitbesten Feldtorschützen hat er es mit 87 Treffern schon gebracht.
Handballer-WG in der Innenstadt
Den ersten Schritt heraus aus der familiären Komfortzone in Waldbüttelbrunn hat Lukas Siegler zumindest räumlich auch schon gewagt. Vor einem Jahr ist er zusammen mit Tino Fischer aus der zweiten Mannschaft in eine WG in die Würzburger Innenstadt gezogen - "gefährlich nahe an der Sanderstraße", sagt er und grinst. Doch zu ausgiebigen Kneipenbesuchen bleibt neben Training und der Vorbereitung auf seine Abschlussprüfung als Steuerfachgehilfe - danach will er BWL oder Wirtschaftswissenschaften studieren - ohnehin gerade keine Zeit. "Zum Glück bekocht mich Mama während der Lernerei. Und eigentlich darf ich das ja gar nicht laut sagen, aber die Wäsche bringe ich ihr auch immer noch." Siempre la famila eben.