An den Anblick hätten sich die meisten Fans von Handball-Zweiligist DJK Rimpar Wölfe gewöhnen können. Der gelbe Mannschaftsbus mit Mannheimer Kennzeichen, der am Mittwochnachmittag auf dem Hof der s.Oliver Arena parkte, trug die Aufschrift: Deutscher Meister 2016. Nicht ganz aktuell, 2017 fehlt noch. Und die Sportler, die dem Bus entstiegen, haben durchaus das Potenzial, den Titel auch 2018 wieder zu verteidigen.
Unter ihnen der Schweizer Spielmacher Andy Schmid, von der Handball-Bundesliga (HBL) zum besten Spieler der vergangenen Saison gekürt. Er erblickte als Ersten in Würzburg seinen ehemaligen Nationaltrainer Rolf Brack, inzwischen sportlicher Berater der Wölfe. Ging schnurstracks auf ihn zu, begrüßte ihn und stellte sich auch Matthias Obinger höflich mit Handschlag vor. „Fast schüchtern“, wie der Rimparer Coach später berichtete, der Schmid antwortete: „Ich kenn' dich aus dem Fernsehen, da hab ich dich fast jeden Mittwoch gesehen.“
Der Nichtaufstieg hat sein Gutes
Ja, wäre es nur drei Tore besser gelaufen für die Unterfranken am letzten Spieltag an diesem 10. Juni, dann hätten sie in Lübeck gegen den VfL Bad Schwartau gewonnen und wären aufgestiegen. Dann wären in der neuen Runde auch Partien von ihnen im TV übertragen worden. Und dann würden ab September öfter Busse mit Titelgewinnern, Champions-Legaue-Teilnehmern, Nationalspielern aus ganz Handball-Europa und klangvollen Namen auf den Hof fahren. Aber wäre, hätte – es nützt nichts. „Weh tut der Nichtaufstieg nicht mehr“, sagte Rimpars Rückraumtorjäger Patrick Schmidt, mit sieben Treffern gegen die Löwen bester Werfer der Wölfe. „Aber ganz verarbeitet haben wir ihn noch nicht.“
Warum der verpasste Sprung ins Oberhaus aber auch sein Gutes hat, zeigte die 19:41 (7:21)-Niederlage des Zweitligisten vor 1611 Zuschauern, die den Löwen einen enthusiastischen Empfang bereiteten und „ihren“ Wölfen einen warmen mit stehenden Ovationen: „Dann wäre ein solches Ergebnis nicht einmalig gewesen, sondern Alltag für uns geworden“, wusste Obinger. Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter beim Titelträger und Weltmeister von 2007, sagte: „Rimpar hat eine junge Mannschaft mit einigen Talenten, der es ganz gut tut, noch mal ein Jahr Zweite Liga zu spielen und Erfahrung zu sammeln."
Wenngleich Freundschaftsspiele grundsätzlich nicht allzu aufschlussreich sind, erst recht nicht nach nur zwei Wochen Vorbereitung in Form von anstrengendem Athletiktraining, war der Klassenunterschied beider Teams schon vor dem Anpfiff selbst für Menschen mit Minusdioptrien im zweistelligen Bereich zu sehen gewesen. Körperlich nämlich. Mit dem Anpfiff offenbarte er sich umgehend auch spielerisch. Acht seiner zwölf Tore in der Anfangsviertelstunde erzielte der deutsche Meister nach Tempogegenstößen. Der dänische Trainer Nicolai Jacobson hatte es sich nicht nehmen lassen, seine erste Sieben aufs Feld zu schicken – mit Schmid auf der Mitte, Mads Mensah Larsen und Alexander Petersson im Rückraum, Gudjon Valur Sigurdsson und Patrick Groetzki auf den Außenpositionen und Europameister Hendrik Pekeler am Kreis. Das Tor hütete zunächst Andreas Palicka, bevor zur zweiten Halbzeit Mikael Appelgren kam. Zwischen den DJK-Pfosten stand indes der Einzige, der zumindest zu Beginn Erstklassigkeit aufblitzen ließ: Max Brustmann verhinderte zunächst einen noch schnelleren, noch höheren Rückstand.
Im Positionsangriff kamen seine Mitspieler nicht über die Mannheimer Mauer, auch das Spiel über den oder die Kreisläufer glückte nur vereinzelt. So eroberten die Löwen oft den Ball und konterten die Wölfe gnadenlos aus. „Sind die schnell“, sagte Linksaußen Sebastian Kraus später ehrfürchtig. Der Rückzug der Rimparer – um es schmeichelhaft zu formulieren – wirkte ausbaufähig.
„Das Spiel war in jeder Hinsicht lehrreich für uns“, meinte Obinger nach den 60 Minuten mit vielen Personal- und Systemexperimenten, die nicht eben hohe Handballkunst, aber durchaus Unterhaltungswert geboten hatten. Und nach denen sich die „Stars“ sympathisch nahbar gaben. Noch auf dem Weg zurück zu ihrem gelben Bus, der sie ins Trainingslager nach Ischgl in Österreich brachte, schrieben die Löwen Autogramme und posierten mit Fans für Selfies.
Zwei Talente feiern ihr Debüt
Auch die Rimparer gehen an diesem Freitag auf die Reise. In Weilheim in Oberbayern schwören sie sich bis Sonntag auf die neue Saison ein und bestreiten zwei weitere Tests. Mit dabei sein werden auch der 17-jährige Felix Karle aus der A-Jugend und der 20-jährige Philipp Meyer aus dem Perspektivkader der Jungwölfe. Beide feierten gegen die Mannheimer ihre Premiere im neuen grün-weißen Trikot mit schwarzen Krallenspuren an der Seite, die symbolisieren sollen, wie die Wölfe sein wollen: gierig und wild. „Es war ein besonderes Erlebnis und ein tolles Gefühl, gleich gegen den Meister spielen zu dürfen“, sagte Karle. Meyer nannte es „einfach nur Wahnsinn“, in einem solchen Spiel erstmals zum Einsatz gekommen zu sein und sprach von einem „emotionalen Debüt“ für ihn: Er stammt aus der Jugend der Rhein-Neckar Löwen.
„Wir wollen den Jungen auch in der neuen Saison eine Chance geben“, kündigte Obinger indes an. Und: „Wir greifen noch mal an.“
Die Statistik des Spiels
Rimpar: Brustmann (1.-44.), Wieser (45.-56.), Leikauf (57.-60.) – Kraus 1, Schmitt 1, Böhm, Schäffer 2, Schmidt 7/3, Kaufmann 3, Siegler 2, Meyer, Herth 2, Sauer 1, Karle.
Mannheim: Palicka (1.-30.), Appelrgren (31.-60.) – Schmid 3, Bliznac, Sigurdsson 5/1, Radivojevic 6, Baena 3, Tollbring 3/2, Rnic 4, Mensah Larsen 2, Pekeler 5, Groetzki 5, Trost, Reinkind 1, Guardioala 2, Petersson 2.
Spielfilm: 0:2 (2.) 2:2 (5.), 5:8 (12.), 5:13 (16.), 7:21 (HZ), 9:27 (38.), 12:31 (47.), 16:39 (56.), 19:41 (Endstand). Siebenmeter: 4/3 : 3/3.
Zeitstrafen: 1:1.
Zuschauer: 1611.