Wenn am Mittwoch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten das weitere Handeln in der Corona-Krise beschließen, sind höchstwahrscheinlich nur minimale Lockerungen zu erwarten, die allenfalls Schulen und Kitas betreffen werden. Ansonsten deutet alles auf eine Verlängerung des Lockdowns hin, was auch für den Amateursport eine weitere Zwangspause bedeutet. Auch für die Fußball-Regionalliga Bayern, die anders als die Regionalligen im Westen und Südwesten nicht als Profiliga eingestuft ist. Die vierte Liga in Deutschland nimmt jedoch einen Sonderstatus im Amateurbereich ein durch die Verzahnung mit der Dritten Liga, also dem Profifußball. Damit ist hier das Zeitfenster für die Abwicklung des Spielbetriebs begrenzt.
Am Montagvormittag hat sich der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV), Rainer Koch, zur allgemeinen Situation des bayerischen Amateurfußballs während des zweiten Lockdowns geäußert. "Der Amateursport benötigt eine greifbare Perspektive", fordert er. Und: "Ein Signal, wann wir wieder zurück auf die Sportplätze können – Schritt für Schritt, sehr verantwortungsvoll, mit den Hygienekonzepten der Vereine, die sich schon beim Re-Start im vergangenen Sommer bewährt haben."
Der gesamte Breitensport sei seit Beginn der Pandemie ein verlässlicher Partner der Politik gewesen, habe sich stets zurückgenommen und in den Dienst der Covid-19-Bekämpfung gestellt. Jetzt sei es an der Zeit, an Formen der Lockerung zu denken. "Den gesamten Breitensport in der Diskussion völlig außen vor zu lassen, wird sonst schlimme Folgen für unsere Gesellschaft haben, speziell bei den Kindern und Jugendlichen."
Kaum zeitlicher Spielraum für die Regionalliga-Saison
Abseits der sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen des Lockdowns ist im Sport der Ligenbetrieb gefährdet, wenn zunächst noch nicht einmal das Training möglich ist. Während im Spitzensport - im Fußball in den obersten drei Ligen - die Einschränkungen rein sportlich kaum Spuren hinterlassen, ist gerade die mittlere Leistungsebene an der Schwelle zum Profitum stark betroffen, nicht zuletzt wegen wirtschaftlicher Aspekte. Die Dritte Liga startet in die Saison 2021/22 am letzten Juli-Wochenende. Das heißt: Bis dahin muss in der Regionalligen die Meisterschaft entschieden sein, die Relegation gespielt sein, ehe die Aufsteiger nach einer Mini-Pause Anfang Juni in die Vorbereitung starten können. Der bayerische Verbandsspielleiter Josef Janker hat deswegen bereits deutlich gemacht, die Regionalliga bis zum 8. Mai abgewickelt sehen zu wollen.
Zumal eineinhalb Wochen darauf für den Bayern-Meister die Relegation gegen den Nord-Titelträger ansteht. Gesetzt den Fall, der verlängerte Lockdown dauert bis Ende Februar an und in Bayern könnte ab März wieder trainiert sowie ab Anfang April gespielt werden, müssten in rund vier bis fünf Wochen je nach bisher absolviertem Programm sechs (Fürth II) bis zwölf (Garching) Partien ausgetragen werden. Der FC 05 Schweinfurt hätte noch neun, der TSV Aubstadt sieben Spiele vor sich. Zusätzlich in dieses knappe Zeitfenster fielen die Play-offs der Top Vier um die Meisterschaft. Ursprünglich waren diese im Best-of-Five-Modus angedacht, davon wird man sicher abrücken müssen.
Noch kein Austragungsmodus für die Play-offs planbar
In Frage kommen für diese vier Play-off-Plätze jene Mannschaften, die nicht nur zu Rundenende auf den ersten vier Tabellenplätzen rangieren, sondern auch einen Lizenzierungsantrag für die Dritte Liga gestellt haben. Nach dem aktuellen Tabellenstand wären das Aschaffenburg, Bayreuth, Nürnberg II und Schweinfurt. Sollte einer dieser Klubs noch abrutschen, wäre er aus der Wertung, einen außer Konkurrenz spielenden Nachrücker wird es nicht geben, das dieser ja keine Absicht auf die Dritte Liga geltend gemacht habe. Dann würde sich der Kreis der Play-Off-Teilnehmer auf drei reduzieren - ein alternativer Modus existiert noch nicht. Im Norden sieht es ähnlich aus: Da wird in zwei Staffeln gespielt, deren Beste ebenfalls Play-offs austragen sollen.
Wie lange ein Lockdown noch andauern darf, ehe Liga-Pokal oder Liga abgebrochen werden müssten, ist angesichts des in vielen Szenarien stemmbaren Programms derweil noch Spekulation. Fest steht allerdings das Prozedere im "worst case" - des Abbruchs bei einem Lockdown bis in das späte Frühjahr hinein: Dann wird möglicherweise auf einen Absteiger verzichtet und der Meister nach der Quotientenregel ermittelt. Dann sähe derzeit das Ranking folgendermaßen aus: 1. Viktoria Aschaffenburg (Quotient 2,0), 2. 1. FC Nürnberg II, 3. SpVgg Bayreuth (je 1,96), 4. FC 05 Schweinfurt (1,91).
Schweinfurt fehlen drei Punktspiele aus dem Oktober
Den Schweinfurtern würde somit zum Verhängnis, dass ihnen im Oktober gleich drei Spiele gegen Abstiegskadidaten unglücklich weggebrochen waren: gegen Garching (Corona-Fall), Schalding-Heining (Gäste hatten vor dem 05-Stadion einen Unfall) sowie in Memmingen (wegen der Corona-Testphase für das DFB-Pokalspiel gegen Schalke 04).
Dass, anders als im Westen und Südwesten, in Bayern nicht durchgespielt wurde in der Corona-Krise, sieht man beim BFV als richtige Entscheidung an. Zum einen arbeiten in Bayern deutlich weniger Vereine unter Profibedingungen, zum anderen gibt es den immer noch gültigen Grundsatzbeschluss, dem die bayerischen Regionalligisten nach dem ersten Lockdown mehrheitlich zugestimmt hatten: keine Spiele ohne Zuschauer. Der BFV setzt sich im Gegenzug für Finanzhilfen zu Gunsten der Vereine ein - was möglicherweise für den FC 05 nicht gelten könnte, weil er mit seinem Regionalliga-Team kein e.V., sondern eine aus dem Hauptverein ausgegliederte GmbH stellt, die beispielsweise während eines Lockdowns das Mittel der Kurzarbeit hat und somit staatliche Unterstützung erhält.
Keine finanziellen Direkthilfen durch den DFB
Unterstützungen für alle Amateurvereine wird es, betont BFV-Präsident Koch, durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) nicht geben: "Finanzielle Direkthilfen des DFB sind rechtlich nicht zulässig. Sie wären in nachhaltiger, flächendeckender Form auch unrealistisch. Hypothetisches Beispiel: Jeder Verein würde 5000 Euro erhalten, dann wäre das angesichts unserer knapp 24 500 Vereine ein Gesamtvolumen von mehr als 122 Millionen Euro – ohne langfristigen Effekt."
Unterhalb der Regionalliga Bayern hält Janker derweil auch eine Verlängerung des Spielbetriebs bis in den Frühsommer hinein für denkbar. In manchen Bezirken werde das ohnehin schon seit vielen Jahren praktiziert, lediglich an der Schnittstelle zur Verbandsebene müsse sich eine Einigung finden lassen.