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Lacrosse
Lacrosse bei der FT Würzburg: Was diese Sportart mit Fußball, Eishockey und Handball gemeinsam hat
Bei der FT Würzburg fliegen Hartgummibälle quer über den Platz und durch die Luft. Und im besten Fall treffen sie ins Tor. Warum es bei Lacrosse für den Einstieg nie zu spät ist.
Kristin Bauder von der FT Würzburg trainiert auf dem Sportgelände an der Mergentheimer Straße ihren Wurf: Sie spielt Lacrosse.
Foto: Julien Becker | Kristin Bauder von der FT Würzburg trainiert auf dem Sportgelände an der Mergentheimer Straße ihren Wurf: Sie spielt Lacrosse.
Manuel Fröhlich
 |  aktualisiert: 12.06.2022 02:23 Uhr

Ich hab Ball" – dieser Ausruf schallt beinahe im Sekundentakt über das Sportgelände der FT Würzburg an der Mergentheimer Straße, wo die Lacrosserinnen und Lacrosser des Vereins trainieren. Eine Tatsache, die in einer Ballsportart wie Lacrosse zuerst kaum überrascht. Doch der Schein trügt: Die Spielerin, die trotz Gebissschutzes laut schreit, dass sie den Ball habe, hat ihn gar nicht. Eine Finte also? Mitnichten.

Mit leicht gebeugten Knien und einem konzentriertem Blick hält Josefine Klein ihren Lacrosse-Schläger mit beiden Händen fest. Sie streckt diesen sogenannten „Stick“, der am Ende mit einem Kescher-ähnlichen Netz bespannt ist, nach vorne in Richtung ihrer Gegenspielerin, geht dann einige Schritte auf sie zu und ruft.

So wird klar, was sie meint: Bei ihr, also ihrer Gegenspielerin, ist der Ball, und das gibt "Josie" mit ihrem Ruf zu verstehen. Als jene den Hartgummiball mit ihrem Schläger zu einer Mitspielerin passt, ist von dort erneut das "Ich hab Ball" zu hören.

So groß wie ein Fußballfeld, mit Linien wie eine Eishockeyfläche

Der Sport, dem Klein und ihre Mitspielerinnen nachgehen, kommt aus dem amerikanischen Raum und hat das selbe Ziel, wie viele andere Ballsportarten auch: in einer festgelegten Zeit möglichst viele Tore zu erzielen, in jedem Fall aber eins mehr als die gegnerische Mannschaft.

Dabei spielen sich pro Team neun Feldspieler und ein Torhüter den Ball mit dem Stick gegenseitig zu. Jedes Team gliedert sich in je drei Verteidiger, Mittelfeldspieler und Angreifer, und bespielt ein Feld, das in etwa die Größe eines Fußballplatzes hat.

Die Lacrosse-Spielerinnen der FT Würzburg (von links: Charlotte Kielholz, Emily Fuchshuber, Annika Leitenmaier und Eva Gräber) laufen sich auf dem Sportplatz an der Mergentheimer Straße vor dem Training mit Schläger warm. Eine Mannschaft besteht aus neun Spielerinnen und einer Torhüterin.
Foto: Julien Becker | Die Lacrosse-Spielerinnen der FT Würzburg (von links: Charlotte Kielholz, Emily Fuchshuber, Annika Leitenmaier und Eva Gräber) laufen sich auf dem Sportplatz an der Mergentheimer Straße vor dem Training mit Schläger ...

Mit den Linien erinnert es an eine Eishockeyfläche: Statt in Hälften ist es in Drittel unterteilt und die Tore stehen nicht am Ende, sondern sind etwas nach vorne gerückt. Auch hinter dem Tor kann gespielt werden. Wer angreift, darf den Kreis um das Tor nicht betreten, wie beim Handball. Mit einem möglichst platzierten Schlag schießt eine Angreiferin den Ball auf, bestenfalls an Verteidigung und Torhüterin vorbei in das Tor.

Gute Augen-Hand-Koordination ist wichtig beim Lacrosse

Was Fußball, Eishockey und Lacrosse gemeinsam haben, ist die Intensität: Gerade die Mittelfeldspielerinnen haben einen enormen Bewegungsradius, sind viel unterwegs. "Außer einer vernünftigen Kondition ist aber auch eine gute Augen-Hand-Koordination von Vorteil", beschreibt Josefine Klein das Anforderungsprofil für Lacrosse-Spieler.

Dann kann's ja losgehen. Kurz noch den richtigen Griff zeigen lassen, und schon fliegt der erste Hartgummiball, der etwas weniger als 150 Gramm wiegt, in die gewünschte Richtung. Den Stick in die richtige Position gerückt, landet der Ball auch tatsächlich in der Tasche ("Pocket"), wie das kleine Netz zum Auffangen genannt wird. Doch die Freude hält nur kurz, denn er prallt von dort ab und landet mit dumpfem Geräusch im Rasen.

"Man muss leicht nachgeben, um die Geschwindigkeit des Balls abzufedern", erklärt Kleins Mitspielerin Emily Fuchshuber, die schon für die Jugend-Nationalmannschaft im Einsatz war. Sie ging vor einigen Jahren auf ein Internat in England und hat dort schon mit 13 Jahren begonnen, Lacrosse zu spielen. Im Team ist sie damit jedoch die Ausnahme.

Viele lernen die Sportart beim Studieren im Hochschulsport kennen

Die meisten Spielerinnen der FTW beginnen erst spät mit Lacrosse, meist im Studium, wenn sie über den Hochschulsport mit dem Sport in Kontakt kommen. Eine Sportart für Spätberufene also? "Es ist zwar auf jeden Fall von Vorteil, wenn man bereits einen Mannschaftssport gespielt hat. Aber dadurch, dass fast alle im gleichen Alter anfangen, hat niemand Probleme, wenn's am Anfang mal nicht so gut klappt", erklärt Jennifer Müller.

Kristin Bauder (links) und Nora Länder von der FT Würzburg passen sich im Training den Ball zu.
Foto: Julien Becker | Kristin Bauder (links) und Nora Länder von der FT Würzburg passen sich im Training den Ball zu.

Sie spielte kurz Fußball, doch habe sie sich dort unwohl gefühlt, weil andere von ihrem Können weiter gewesen seien: "Hier ist es wie eine große Familie und Anfänger sind immer willkommen."

Josefine Klein spielt seit mittlerweile seit sechs Jahren Lacrosse, ist Kapitänin des Würzburger Teams. Die 24-Jährige ist hin- und hergerissen: "Es ist Fluch und Segen zugleich: Einerseits kriegen wir über das Studieren immer wieder neue Leute dazu, andererseits haben wir dadurch auch eine hohe Fluktuation, wenn Spielerinnen nach dem Ende des Studiums beispielsweise wegziehen."

Würzburger Lacrosserinnen sind auf der Suche nach einem Trainer

Dabei sind die Voraussetzungen für die Würzburger Lacrosse-Frauen kaum zu übertreffen: Schließlich haben sie mit dem "Beate-Uhse-Cup" im September nicht nur ein weithin bekanntes Freizeitturnier vor Ort, sondern treten auch in der ersten Liga an, die – um Fahrten und Kosten für die reinen Amateure zu verringern, in regionalen Gruppen gespielt wird. Dort treffen sie auf Mannschaften aus Stuttgart, Tübingen oder München. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 60 Vereine mit rund 5000 Mitgliedern, die Lacrosse anbieten.

Die Spiele, die über vier Viertel mit je 15 Minuten gehen, sind oft spektakulär, im Schnitt fallen rund 15 Tore. Ergänzend spielen die Würzburgerinnen regelmäßig mit Freizeitturnieren mit, wo der Spaß und das Miteinander mit anderen Lacrosserinnen und Lacrossern im Vordergrund stünden. Diese dauerten meist ein Wochenende, und auch das Feiern komme nicht zu kurz. "Wenn am Samstagabend gefeiert wird, lassen die Leistungen am Sonntag etwas nach", verrät Klein.

Anzeige für den Anbieter Instagram über den Consent-Anbieter verweigert

Feiern, trainieren und spielen müssen die Würzburger Lacrosse-Spielerinnen allerdings aktuell ohne Trainerin oder Trainer. Nachdem ihre langjährige Trainerin aus privaten Gründen ihr Engagement beendet hatte, sucht das Team nach einer neuen Person, die ihnen Anleitung und Anweisung gibt. Vorkenntnisse im Lacrosse seien dazu gar nicht notwendig: "Wir haben ein sogenanntes 'Playbook' mit Spielzügen und Trainingsübungen zusammengestellt, und gerade aus den USA gibt es auch viel Videomaterial, das helfen kann", erläutert Klein die Möglichkeiten.

Bei Regelverstößen gibt es auch im Lacrosse Zeitstrafen und Karten

Nötig sei vor allem Zeit und Interesse, sich ins Regelwerk einzuarbeiten. Denn Regeln gibt es im Lacrosse einige: Beispielsweise die Restraining Line, die ähnlich wie beim Eishockey eine Drittellinie ist. Dazu gilt die Regel, dass sich nie mehr als sieben Spielerinnen eines Teams gleichzeitig im äußeren Drittel des Feldes aufhalten dürfen. Regelverstöße werden auch hier mit Zeitstrafen oder Gelben Karten bestraft.

Die vergangene Saison haben die Würzburgerinnen Mitte Mai auf den letzten Platz der Bundesliga beendet. In der nächsten, die im Oktober startet, soll es für sie besser laufen – auch mit einigen neuen Spielerinnen.

Aus Würzburg zur Nationalmannschaft

Für die Lacrosse-Weltmeisterschaft im Juli in Limerick, Irland, wurde der Würzburger Felix Michelfeit (21) vom Deutschen Lacrosse Verband (DLaxV) in den Kader der deutschen U-21-Nationalmannschaft berufen.
Bereits vor zwei Jahren hatte Felix Michelfeit mit dem deutschen U-19-Team an der Europameisterschaft in Prag teilgenommen und den zweiten Platz erreicht. Er spielt derzeit beim HTHC Hamburg Warriors in der 1. Bundesliga Nord. Zuvor gehörte er auch der FT Würzburg an.
Quelle: jst
 
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