Es hat sich etwas gedreht im Land, trotz aller Einschränkungen, trotz aller noch immer nötigen Vorsicht: Die Stimmung ist eine andere als noch vor einer oder zwei Wochen. In den Biergärten sitzen wieder Leute, auf der Alten Mainbrücke in Würzburg wird Wein ausgeschenkt und der erste Geisterspieltag in erster und zweiter Fußball-Bundesliga ist erstaunlich geräuschlos über die Bühne gegangen. Warum also sollte nun nicht auch die Dritte Liga versuchen ihre Saison zu Ende zu bringen? Dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) jetzt mit Vehemenz den Neustart für die Würzburger Kickers und Co. betreibt, hat wohl auch damit zu tun, dass die Akzeptanz für den Fußball wieder steigt.
Es hat lange, viel zu lange gedauert, bis Klarheit herrschte. Der große DFB, aber auch die Drittliga-Klubs haben sich in den letzten Wochen nicht mit Ruhm bekleckert, sondern sich gegenseitig mit Dreck beworfen. Ob die Dritte Liga, die sich in den vergangenen Jahren mühsam aus ihrem Mauerblümchen-Dasein befreit hatte, sich davon so schnell erholen wird? Die ambitionierten Klubs werden ihre Anstrengungen, die Liga zu verlassen, nun potenzieren. "Bloß raus hier", lautet das Motto.
Nerviger Egoismus der Klubs
Schuld daran ist neben dem bis zu einem gewissen Grad verständlichen, aber ziemlich durchschaubaren und schnell nur nervigen Egoismus jedes Klubs, das mangelhafte Krisenmanagement des Verbandes. Angefangen hat alles damit, dass der DFB den Vereinen großzügige Finanzhilfen in Aussicht stellte, um kurz darauf zurückzurudern. Aus steuerrechtlichen Gründen nicht möglich - hieß es plötzlich. Den Klubs das Gefühl zu vermitteln, sie hätten bei der Verbandsentscheidung über eine Ligafortsetzung das letzte Wort, war ein Fehler. Die interne Abstimmung darüber eine Farce. Der DFB hielt sich lange zurück, die Abbruch-Befürworter und -Gegner fetzten sich in aller Öffentlichkeit und hoben den moralischen Zeigefinger. Die Diskussion lief aus dem Ruder. Am Ende führte jeder Verein selbst Gespräche mit Landes- und Kommunalpolitikern, um diese in seinem Sinne zu beeinflussen. Der DFB verpasste die Chance, die Sache bundesweit klären zu lassen. Der Verband hat in der Krise versagt.
Unters Dach der DFL
Nun also soll es wieder losgehen. Man darf gespannt sein, ob das wacklige Konstrukt bis zum Saisonende hält. Und dann? Dann wird vieles auf den Prüfstand kommen. Der Vorschlag für eine Zweiteilung der Liga liegt vor. Das wäre der Abschied vom Vollprofitum. Dies ist die eine Alternative. Eine andere: Die Dritte Liga professionalisiert sich nun erst recht unter dem Dach der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Warum der Bundesliga-Verband sich diesen Klotz ans Bein binden soll? Weil kein etablierter Zweitligist nach einer sportlich schwachen Saison in eine Amateur-Spielklasse absteigen will. Ansonsten werden sich erste und zweite Liga womöglich irgendwann gegen Auf- und Abstieg abschotten und zu einem geschlossenen Kreis werden. Dann wäre der Fußball hierzulande tatsächlich ein komplett anderer.