Bernd Hollerbach hat in seiner langen Zeit im Profifußball viele Kontakte geknüpft. Ein Mann, mit dem der Trainer der Würzburger Kickers sich gut versteht, ist Alfred Draxler. Draxler ist Sportjournalist und als solcher ziemlich einflussreich, schließlich ist er Chefredakteur der „Sport Bild“, Europas auflagenstärkster Sport-Zeitschrift und obendrein bestens vernetzt unter den Größen des deutschen Fußballs.
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Hollerbachs Kickers-Elf hatte gerade in einem begeisternden Fußball-Zweitliga-Spiel den VfB Stuttgart mit 3:0 (2:0) besiegt. Da meldete sich Draxler über den Internet-Kurznachrichtendienst „Twitter“ zu Wort: „Die Bundesliga sucht Trainer, Hollerbach ist der Beste!“
3:0 ist kein Zufall
Sie würden ihren Coach, der bei den Kickers bis 2019 unter Vertrag steht, am liebsten am Dallenberg festketten. Mit dem Sieg gegen Stuttgart haben Hollerbach und sein Team sich am Ende eines aus Kickers-Sicht unvergesslichen Fußballjahres 2016 noch einmal in den bundesweiten Fokus gespielt. Ein 3:0 der Würzburger gegen den VfB Stuttgart klingt schon an sich unglaublich. Dass das Ergebnis aber nicht irgendwelchen Zufällen entsprang, sondern genau die Kräfteverhältnisse auf dem Platz widerspiegeln, macht es erst so richtig sensationell.
"Können uns von Würzburg etwas abschauen"
Die Kickers hatten schon in ihrer Stadion-Zeitung darauf hingewiesen: In der Saison 2009/10 spielten die Schwaben im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Barcelona. Der FWK war damals Landesligist. „Die Entwicklung der beiden Vereine ist relativ gegenläufig“, stellte VfB-Trainer Hannes Wolf fest und ergänzte: „Wir können uns von Würzburg durchaus etwas abschauen.“ Dass einer vom großen VfB so etwas sagt, dass geht den Kickers dann wohl runter wie Öl.
Schröck in vorderer Reihe
„Wir wollten Stuttgart gar nicht erst ins Spiel finden lassen“, sagte Tobias Schröck. Der Senkrechtstarter dieser Saison spielte mit seinem Einsatz dabei eine ganz entscheidende Rolle. Wie schon beim 0:0 gegen Fortuna Düsseldorf, hatte Hollerbach den zweikampfstarken 23-Jährigen, auf dem Feld eigentlich eher im defensiven Bereich des Mittelfelds zu Hause, weit nach vorne geschoben auf dem taktischen Tableau. Eine Maßnahme, die sich auszahlte. „Wir hatten beim Stuttgarter Spielaufbau immer wieder einen Fuß dazwischen. Dann wird es für jede Mannschaft schwer, ins Spiel reinzukommen“, stellte Schröck fest.
Dass der schwäbische Liga-Riese aber derart hilflos über den Rasen irrte, wie er es in der ersten Halbzeit tat, war aus Sicht der Gäste durchaus bedenklich. Der VfB zeigte, auch das gehört zu den Wahrheiten dieses Spiels, eine erschreckend schwache Vorstellung. „Man sollte unsere starke Leistung deshalb aber nicht schmälern“, betonte Kickers-Innenverteidiger Clemens Schoppenhauer. Das will auch keiner! Schließlich haben die Kickers die Stuttgarter mit ihrer forschen Gangart erst soweit gebracht.
Ein Hauch von ganz großer Fußballkunst
Die beiden Tore von Rico Benatelli (27.), der den Ball nach einer Reihe von Zufälligkeiten aus kurzer Distanz über die Linie schob, und Schoppenhauer (40.), der nach einer Ecke den Ball umringt von einigen Stuttgartern ins Tor spitzelte, entsprangen zwar eher dem unbändigen Würzburger Willen als gepflegtem Kombinationsspiel. Beim dritten Kickers-Tor zeigten die Kickers aber nach einem Ballgewinn im Mittelfeld einen Hauch von ganz großer Fußballkunst, als Schröck Nejmeddin Daghfous perfekt bediente und der VfB-Keeper Mitchell Langerak gekonnt aussteigen ließ (80.
). Gleich reihenweise erspielten sich die Würzburger Tor-Gelegenheiten, schnürten die Gäste bisweilen richtiggehend in der eigenen Hälfte ein. Der einstige Erstliga-Schiedsrichter der Kickers Peter Sippel stellte in der Halbzeit fest, dass dies „die beste Halbzeit,“ gewesen sei, die jemals in diesem Stadion gespielt wurde“. Mag sein, dass er sogar Recht hat. Erinnern werden die, die dabei waren, sich sicher noch länger an diesen 19. Dezember 2016, als der einstige Landesligist aus Würzburg den Ex-Champions-League-Teilnehmer aus Stuttgart mit 3:0 abfieselte.