Während der Fußball-WM 2010 in Südafrika sorgte das „Tentakel-Orakel“ für reichlich Schlagzeilen: Krake Paul aus dem Sea Life Centre in Oberhausen wurde mit seinen Vorhersagen zu den WM-Spielen weltberühmt. Das tierische WM-Orakel tippte alle deutschen Partien – einschließlich der Halbfinal-Niederlage gegen Spanien – richtig. Heute gibt es kein großes Fußballturnier mehr ohne einen Tipper aus dem Tierreich: Während der EM 2016 soll unter anderem Krake Anna aus dem Konstanzer Großaquarium den Ausgang der EM-Partien vorhersagen.
Krake Paul war 2010 jedoch keineswegs der erste tierische WM-Tipper. Unsere Zeitung darf nämlich durchaus Anspruch darauf erheben, die Idee des Tier-Orakels erfunden zu haben. Und zwar während der WM 2006. Kater Fidel, Mitbewohner eines Sportredakteurs, trat in einem Tippspiel gegen Sportchef Günther Schwärzer an.
Unsere Sportredaktion wollte damals die Frage klären, ob Fachwissen Vorhersagen erleichtert, oder ob im Fußball auch der Zufall regiert. Konkret: Tippt ein Kick-Kundiger besser als ein blutiger Laie? Wider den tierischen Ernst war unser WM-Tipp „Fußball-Experte gegen Mäuse-Experte“ geboren. Beide versuchten, die Gewinner aller WM-Partien der K.o-Runde vorherzusagen. Wobei Kater Fidel seine Tipps folgendermaßen abgab: Der Stubentiger durfte sich jeweils zwischen zwei Mahlzeiten entscheiden, in jedem Futternapf steckte ein Länder-Fähnchen eines beiden Teams. Jene Mannschaft, für dessen Leckereien sich Fidel entschied, legten wir als jeweiligen Sieger fest.
Sehr zur Erleichterung unseres Sportchefs setzte sich am Ende das Fachwissen durch. 16 WM-Partien (Achtelfinale bis Finale) tippten die beiden ungleichen Kontrahenten, nach dem Finale gab es folgenden Endstand: Der Fußball-Experte triumphierte mit 10:8 gegen den Mäuse-Experten. Ein für einen Kater durchaus achtbares Ergebnis, wie wir damals fanden. Wobei der Sportchef sogar lange um den Sieg hatte zittern müssen. Nach den Achtelfinals hatte er „nur“ mit 6:5 in Führung gelegen.
Die Kontrahenten sind übrigens zehn Jahre nach ihrem Wettstreit beide wohlauf: Günther Schwärzer genießt vor der Kickers-Relegation einen Urlaub in der Karibik, der mittlerweile etwa zwölfjährige Fidel – für einen Kater ein durchaus stolzes Alter – geht noch immer auf Mäusejagd.