Fußballanhänger sind nicht selten abergläubisch. Da hört man oft, die Geschichte von einem Lieblingsgegner, von einem Klub, gegen den man in der Vergangenheit immer gut aussah. Nun ist das Ergebnis der Vorsaison in modernen Fußballzeiten, in denen die Mannschaften Jahr für Jahr munter durchgemischt werden, ohnehin von geringer Aussagekraft. Der Chemnitzer FC, im Sommer nach Insolvenz und einem Jahr in der Regionalliga in die Drittklassigkeit zurückgekehrt, ist einer jener Klubs gegen den die Würzburger Kickers in vier bisherigen Vergleichen noch nie verloren haben. In der drittgrößten Stadt Sachsens haben die Rothosen bei ihren beiden bisherigen Auftritten zwei Mal gewonnen. Die Aufgabe am Sonntag (14 Uhr) dürfte für die Würzburger aber, da können weder die Historie noch die aktuelle Tabellensituation darüber hinwegtäuschen, alles andere als leicht werden.
Der Chemnitzer FC hängt mit fünf Punkten Rückstand auf die Kickers auf Abstiegsplatz 17 fest. Der Trend der letzten Wochen spricht aber eine andere Sprache. Gerade im schmucken, 2016 eingeweihten Stadion an der Gellertstraße ist der CFC derzeit eine echte Größe. Drei Heimsiege gab es zuletzt gegen Jena (3:2), Kaiserslautern (3:1) und Duisburg (3:1). Auch beim 3:3-Remis in Münster am vergangenen Wochenende gelangen den Sachsen drei Treffer. Da kommt einiges zu auf die Kickers, deren Abwehr mit 33 Gegentoren die schwächste der Liga ist.
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Es geht aufwärts, seit Patrick Glöckner in Chemnitz Trainer ist. Der gebürtige Rheinländer, der 2017 gemeinsam mit Kickers-Coach Michael Schiele die Prüfung zum Fußballlehrer abgelegt hat, hat für die sportlichen Erfolge gesorgt, die ein bisschen davon ablenken, dass der DDR-Meister von 1967 (damals unter dem Namen FC Karl-Marx-Stadt) immer wieder als die Skandalnudel des deutschen Fußballs für Schlagzeilen sorgt.
Der Ruf ist ruiniert
Die Gedenkminute für eine Neonazi-Größe, die Trennung von Ex-Kapitän Daniel Frahn, weil er im Fanblock Seite an Seite mit Rechtsextremisten das Spiel verfolgte, dann der Rücktritt von Ex-Geschäftsführer Thomas Sobotzik, der von rassistischen und antisemitischen Hassparolen und Morddrohungen berichtete. Dazu noch der ständige Ärger um Insolvenzverwalter Klaus Siemon. Ein Streit, der bis heute schwelt. "Der Ruf ist ruiniert", stellte der Fan-Beauftragte des Klubs, Ralf Bernsdorf, diese Woche in einem Interview mit der "Freien Presse" fest.
Schiele lobt Hemmerich
Der Fußball, mit dem sich die Sachsen aus dem Drittliga-Keller befreien wollen, ist indes schön anzusehen, findet Kickers-Trainer Schiele. "Beide Teams wollen spielen", sagt er mit Blick auf das Aufeinandertreffen mit seinem "alten Bekannten" Glöckner. Bei den Kickers selbst lief es zuletzt in der Fremde deutlich besser als noch zu Saisonbeginn. "Wir verteidigen vielleicht besser", nennt Schiele einen Grund. Ohne Gegentor sind die Kickers in dieser Saison trotzdem noch nie geblieben, Gegner Chemnitz gelang dies immerhin einmal (0:0 gegen Magdeburg). Ein Thema, das Kickers-Mittelfeldmann Dave Gnaase nicht allzu hoch hängen will: "Natürlich wollen wir mal zu Null spielen. Aber wir sollten uns deswegen nicht selbst unter Druck setzen."
Bei den Kickers kehrt Kapitän Sebastian Schuppan nach abgelaufener Gelb-Sperre zurück ins Team, daran gibt es trotz des 3:2-Erfolgs beim 1. FC Kaiserslautern am vergangenen Samstag keinen Zweifel. "Er wird spielen", sagt Trainer Schiele unmissverständlich, "Er ist wichtig für das Team." Schiele wird sein Team wieder verändern. Vermutlich wird Leroy Kwadwo trotz einer ordentlichen Leistung als Schuppan-Vertreter wieder auf der Bank zuschauen. Luke Hemmerich indes darf sich Hoffnung machen, erneut in der Startelf zu stehen. "Er hat seine Chance genutzt", sagt Schiele über den blonden Flügelflitzer, der in Kaiserslautern nach sechs Ligaspielen erstmals wieder von Beginn an ran durfte.
"Dominik Widemann fand ich nach seiner Einwechslung gut", gibt Schiele außerdem noch Einblick in seine Überlegungen. FCN-Leihspieler Simon Rhein könnte indes, wenn die Trainingseindrücke nicht täuschen, auch in Chemnitz mit einem Platz auf der Bank zufrieden sein müssen.
Schoppenhauer meist Ersatz
Auf der anderen Seite war ein alter Bekannter der Kickers zuletzt immer außen vor: Abwehrspieler Clemens Schoppenhauer, in Würzburg von 2014 bis 2017 in Regionalliga, Dritter Liga und Zweiter Liga aktiv und im Sommer aus Aalen nach Chemnitz gewechselt, kam unter dem neuen Trainer Glöckner bislang nur in einem Spiel zum Einsatz.