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Fußball: B-Klasse
In Mühlhausen rollt der Ball nicht mehr
redsp
 |  aktualisiert: 08.10.2014 20:06 Uhr

Eine Fußballmannschaft hat einen großen Kader, die Spieler verstehen sich untereinander und die Trainingsbeteiligung ist gut – und doch kann sie trotz ihrer Ambitionen nicht am Spielbetrieb teilnehmen. Was sich in den letzten Monaten beim FV Mühlhausen abgespielt hat, kann getrost als einmalig bezeichnet werden, denn nachdem es zum Bruch zwischen Mannschaft und Vereinsführung gekommen ist, wurden die Fußballer nach einer Mitgliederversammlung vom Spielbetrieb in der B-Klasse Würzburg 3 ohne ihr Einverständnis abgemeldet und haben den Verein verlassen.

„Einen solchen Fall, dass eine ganze Mannschaft auf der Suche nach einem neuen Verein ist, hat es meines Wissens noch nicht gegeben“, sagt Stefan Hemmerich, der zwar mittlerweile das Amt des Bürgermeisters in Reichenberg bekleidet, zuvor allerdings schon als Konfliktmanager für den Bayerischen Fußballverband (BFV) tätig war und in dieser Funktion mit dem FV Mühlhausen in Kontakt kam. Inzwischen habe er den Fall an Kollegen aus der Münchner Zentrale übergeben, doch auch diese konnten keine Schlichtung herbeiführen.

Eine wahre Schlammschlacht

Schon seit längerem beklagte der Vorstand des etwas acht Kilometer vor den Toren Würzburgs gelegenen Vereins, dass die Mannschaft immer wieder durch unsportliches und rufschädigendes Verhalten auffiel und kam Ende 2013 zu der Entscheidung, die Mannschaft für die kommende Saison nicht mehr zu melden. Die Spieler sahen das freilich anders, beschwerten sich über das Verhalten der Vereinsführung und wollten die Entscheidung nicht akzeptieren. Bei der jährlichen Mitgliederversammlung im Frühjahr stellten die Fußballer die Mehrheit, da es beim FV keine andere aktive Sportabteilung gibt, und setzten schließlich den Antrag durch, dass die Mannschaft wieder gemeldet werden müsse. Der Vorstand weigerte sich weiterhin und musste nach einer wahren Schlammschlacht mit Rechtsanwälten auf beiden Seiten per einstweiliger Verfügung zur Meldung der Mannschaft gezwungen werden.

Das Verhältnis zwischen Fußballern und Vorstand war zerrüttet, ein weiterer Knall nur eine Frage der Zeit. Schließlich wurde am 17. September 2014 eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. „Von der Mannschaft kamen Anträge, die auf die Ablösung der gesamten Vorstandschaft abzielten“, sagt der Vorsitzende des FV, Klaus Hehn, und spricht von dem Versuch einer „feindlichen Übernahme“. Daraufhin habe man alle Mitglieder – hauptsächlich Fußballer der Altherrenmannschaft – mobilisiert, die diesen Antrag schließlich mehrheitlich ablehnten und einen Antrag auf die Abmeldung der Mannschaft befürworteten. „Am 18. September haben wir Kreisspielleiter Marco Göbet diesen Beschluss dann schließlich übermittelt“, sagt Hehn, der froh ist, dieses Kapitel nun abgeschlossen zu haben. „Wir laufen ganz sicher nicht lächelnd herum und fühlen uns als Sieger – wir sind einfach nur erleichtert, da alles nur noch sehr viel Kraft gekostet hat. Es war keine einfache Entscheidung, aber es hat einfach nicht mehr gepasst, gerade auf der menschlichen Ebene, wenn man nur noch über Rechtsanwälte kommuniziert“, sagt Hehn, der einst selbst als Fußballer aktiv war.

Unverständnis beim Ex-Trainer

Etwas anders sieht das Ganze Spielertrainer Christoph Nörling: „Der Vorstand wollte die Mannschaft einfach nicht mehr und warf ihr Undiszipliniertheit vor, was nicht der Fall war. Es wurde dann nach jeder Kleinigkeit gesucht, um uns etwas vorzuwerfen.“ Die Abmeldung stoße nun bei der Mannschaft auf großes Unverständnis und Enttäuschung. „Der Verband macht eine gute Arbeit, aber der Verein hat sich überhaupt nicht auf die Konfliktmanager eingelassen. Unserer Meinung nach erfüllt er seine Funktion der Sportförderung ganz einfach nicht“, sagt Nörling, der nun mit der Mannschaft auf der Suche nach einem neuen Verein ist und für den das Kapitel Mühlhausen abgeschlossen ist.

„Die Ursachen des Konflikts sind tiefgründig und wahrscheinlich auch nicht einseitig, weshalb ich davon ausgehe, dass weitere Schritte keinen Sinn machen und die Sache damit erledigt ist“, vermutet Hemmerich. Vorstandsvorsitzender Hehn, der das Einklagen der Mannschaft in den Spielbetrieb als Tiefpunkt für den Ruf des Vereins bezeichnet, versucht indes den Blick nach vorn zu richten: „Es gibt Überlegungen, andere Abteilungen zu gründen, wie Radfahren, Wandern oder Joggen. Ob es noch einmal eine Fußballmannschaft beim FV geben wird, ist unklar, aber unter mir wird dies nur geschehen, wenn der Stamm dieser Mannschaft aus Mühlhausen käme. Eine Mannschaft nur aus Auswärtigen wie bisher wird es nicht mehr geben.“

 
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