Drei dürre Sätze auf einer Vereinshomepage waren es, die in den vergangenen Wochen in Handballerkreisen für reichlich Spekulationen gesorgt haben. In diesen drei Sätzen teilte ein Drittligist mit, dass der Vertrag mit seinem Trainer in beiderseitigem Einverständnis aufgelöst worden sei. Es folgten Dank und gute Wünsche für den Scheidenden sowie die Bekanntgabe von interimsweise übernehmenden Nachfolgern, die bis Saisonende tätig bleiben sollen.
Darüber hinaus: kein Wort. Vor allem keine Erklärung für den Grund der Trennung von dem früheren Profi, der in den vergangenen 20 Jahren bereits mehrere höherklassige Klubs insbesondere in Bayern trainiert hat und durch seine erfolgreiche handballerische Vita bundesweit bekannt ist.
Der Trainer schweigt zu den Vorwürfen
Nun haben die Spekulationen ein Ende. Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg hat Recherchen dieser Redaktion bestätigt, dass sie gegen den Trainer wegen des Verdachts der Urkundenfälschung ermittelt: Es bestehe der Verdacht, dass er "in einer Apotheke einen gefälschten Impfpass vorgelegt hat, um ein digitales Impfzertifikat mit QR-Codes zu erlangen", teilt Marco Schmitt, Oberstaatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg, auf Anfrage mit. Es gelte die Unschuldsvermutung.
Der Trainer selbst verweist in einem Telefonat mit dieser Redaktion auf das laufende Verfahren und sagt nur, dass er nichts sagen werde. Sein Anwalt habe ihm geraten, zu den Vorwürfen nicht öffentlich Stellung zu nehmen.
"Gewisser Vertrauensbruch": Verein hält sich bedeckt
Auch der Verein hält sich bedeckt. "Wir haben uns auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt", sagt ein Vertreter des Drittligisten und spricht von einem "gewissen Vertrauensbruch", der da gewesen sei. Wie sehr das Verhältnis zu dem Trainer gelitten hat, der im Verdacht steht, mit einem gefälschten Impfpass auch die Gesundheit seiner Spieler aufs Spiel gesetzt zu haben, dazu will sich der Klubvertreter nicht äußern. "Es hat jedenfalls keinen Corona-Fall in der Mannschaft gegeben."
Digitale Impfpässe gelten als sicherer gegenüber Fälschungen als die gelben aus Papier. "Nach der Digitalisierung ist es in der Regel zu spät", Fälschungen noch ausfindig zu machen, erklärt ein leitender Vertreter der Polizeidienststelle, in deren Zuständigkeitsbereich der Drittligist beheimatet ist. Weder bestätigt noch dementiert der Beamte, ob die Polizei mit dem Fall des Handballtrainers zu tun gehabt habe.
So gelangen Hinweise an die Polizei
Er sagt aber ganz allgemein: "Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie so etwas an die Polizei gelangt." So könne es sein, dass einem Arbeitgeber bei der Kontrolle des Impfdokuments etwas seltsam vorkommt und er der Polizei einen Hinweis gebe. Oder aber den mittlerweile geschulten Augen von Apothekerinnen und Apothekern falle bei der Digitalisierung auf, dass Angaben nicht stimmen könnten. "Sie fragen dann dort an, wo die angeblichen Impfungen stattgefunden haben sollen. Gibt es Ungereimtheiten, melden sie diese an uns. Wir verifizieren die Angaben dann und legen der Staatsanwaltschaft wenn möglich das Originaldokument vor", erklärt der leitende Polizeibeamte.
Der Fall des Handballtrainers erinnert an den von Fußballlehrer Markus Anfang. Der ehemalige Coach des Zweitligisten Werder Bremen hatte im November 2021 mit den Ermittlungen gegen ihn für einen Skandal gesorgt. Zwei Tage lang hatte er die Vorwürfe dementiert, dann war er von seinem Posten zurückgetreten. Am 5. Januar räumte er schließlich über seinen Anwalt ein, einen gefälschten Impfpass genutzt zu haben. Die Bremer Staatsanwaltschaft stellte einen Strafbefehl in Aussicht. Damit käme es nicht zu einer Gerichtsverhandlung. Anfang hat wohl eine Geldstrafe zu erwarten.
Strafrahmen von Geld- bis Freiheitsstrafe
Für Urkundenfälschung als solche gibt es einen Strafrahmen, der bei einer Geldstrafe anfängt und bei fünf Jahren Freiheitsstrafe endet. Die Strafe bemisst sich in der Regel auch danach, ob ein Verdächtiger oder eine Verdächtige schon zuvor straffällig geworden war – und ob er oder sie geständig ist.
Beruflich und privat können die Konsequenzen im Fall von Menschen wie Markus Anfang wesentlich gravierender sein als die eigentliche Strafe.
Mitarbeit: Uli Sommerkorn
Ich kann es nicht verstehen, dass die Politik bis Ende November 2020 gebraucht hat, die Gesetzeslücke derart zu schließen, dass es sich dabei um eine Urkunden-Fälschung handelt...
Denn bis dahin war es zwar nicht legal, einen Impfpass zu fälschen, aber ernsthafte Sanktionen hatte man auch nicht zu befürchten...