Der Trainer selbst saß im Bus. Kickers-Coach Michael Schiele hatte nach dem 2:1-Sieg der Würzburger Drittliga-Fußballer gegen den KFC Uerdingen noch auf dem Spielfeld des Düsseldorfer Stadions die Sitzordnung für die Heimreise geregelt. Manch einer vermutete bei den Bildern, als sich die Kicker im Kreis wie Schulbuben meldeten, der Trainer hätte eine Taktik-Abfrage gestartet. Dabei ging es nur darum, wer in welchem Fahrzeug, die Heimreise antritt. Wegen der Corona-Richtlinien fährt nicht mehr das komplette Team in einem Bus. Und wer im Kleinbus oder Auto unterwegs war, der kam natürlich früher zu Hause an.
Der Coach selbst hatte indes Zeit. Schließlich muss der 42-Jährige nach einem kräfteraubenden Spiel ja nicht möglichst rasch auf die Massagebank kommen, um die müden Beine zu pflegen. Anstrengend ist dieser ungewöhnliche Geisterspielbetrieb mit immer zwei Spielen pro Woche natürlich auch für die Trainer, zumindest mental. Mit dem Schlusspfiff beginnt die Vorbereitung auf die kommende Partie. Am Samstag (14 Uhr) geht es am Dallenberg gegen Hansa Rostock. Es könnte womöglich schon das entscheidende Spiel auf dem Weg in Liga zwei werden. Der Weg scheint nach den Ereignissen des Dienstagabends vorgezeichnet. Nicht nur, dass die Kickers für ihre Geduld und Hartnäckigkeit im Offensivspiel gegen nach einer Gelb-Roten-Karte dezimierte Uerdinger mit dem späten Siegtreffer von Luca Pfeiffer in der 88. Minute belohnt wurden. Kurze Zeit darauf ließen die direkten Aufstiegsrivalen aus Rostock (1:1 gegen Kaiserslautern) und Duisburg (0:1 in Köln) auch noch Punkte. Derzeit läuft im Aufstiegsrennen vieles auf Eintracht Braunschweig und die Kickers zu. Zwei Teams, die unmittelbar vor dem Liga-Neustart nach der Corona-Pause nicht jeder auf dem Zettel hatte.
Die Kickers haben einen Lauf, nicht erst seit Beginn der Geisterspiele, sondern eigentlich schon fast seit dem Hinspiel gegen Rostock. Da kassierten die Rothosen an der Ostsee eine 0:1-Niederlage und standen weit hinten im Tableau auf Platz 16. Seither geht es kontinuierlich bergauf. Nicht nur in der Tabelle, auch im Auftreten auf dem Platz. Es ist etwas zusammengewachsen in Würzburg. Und offensichtlich wurde auch an ganz bestimmten Schwächen gearbeitet.
Dass im Umfeld die ein oder andere Kritik am Trainer geäußert wurde, kam nicht von ungefähr. Die Kickers waren das Team mit den meisten Gegentoren. In der Rückrunde hat nur noch Hansa Rostock weniger Treffer kassiert. Das ist ebenso bemerkenswert wie die erstaunliche Fitness der Rothosen-Mannschaft, die nicht nur wegen der vielen Wechselmöglichkeiten in der Spätphase der Partien immer etwas zuzusetzen hat. 14 von 17 Toren nach der Corona-Pause fielen in der zweiten Halbzeit. "Wir haben in der Zwangspause einfach sehr viel gearbeitet", nennt Außenverteidiger Leroy Kwadwo, der den ersten Würzburger Treffer von Fabio Kaufmann mit einer tollen Flanke eingeleitet hatte, einen einfachen Grund. Es deutet viel darauf hin, dass der Lohn für die harte Arbeit in diesem Sommer sehr süß schmecken könnte.