Der Macher des Bergtheimer Handballs ist tot. Wolfgang Kreisel starb wie jetzt bekannt wurde am Donnerstag, 23. Juli, plötzlich und unerwartet kurz vor seinem 74. Geburtstag. Er hinterlässt seine Frau Franziska, zwei erwachsene Söhne und eine Enkelin. Bis unmittelbar vor seinem Ableben kümmerte sich Kreisel noch für seinen HSV um organisatorische Details, die derzeit eng mit der Corona-Pandemie zusammenhängen. Er telefonierte bis zuletzt mit Vereinsmitgliedern und schrieb E-Mails.
Auch die vereinseigene Publikation "Handball-Arena" hat der langjährige Vorsitzende noch am Mittwochmorgen digital verschickt – so wie jede Woche seit Jahr und Tag. Darin griff Kreisel gerne in die Nostalgiekiste – zuletzt mit einem 1983 entstandenen Foto der ersten Frauen-Mannschaft, die er sechs Jahre später mit vielen Eigengewächsen als Coach erstmals bis in die drittklassige Regionalliga führte und danach sieben Spielzeiten in Serie dort hielt. Später schaffte er mit den Bergtheimerinnen erneut den Sprung auf dieses Niveau. Seine deutlich jüngere Frau, die alle liebevoll Sissy nennen, war dabei stets an seiner Seite.
Graue Eminenz im Hintergrund
Auch nach seinem Rücktritt als Trainer im Jahr 2013 sprang Kreisel noch einmal als Trio mit Frau und Sohn Silvester ein. Er selbst war in der Halle aber fortan kaum noch anzutreffen, bei Spielen schon gleich gar nicht. Vielmehr zog er als graue Eminenz im Hintergrund die Fäden und eckte weiter an, wenn es um seinen HSV ging, den er 2006 vom SV Bergtheim abgespalten hatte. Auch bei "Verhandlungen" mit der Gemeinde wegen der Hallenzeiten und -kosten, mit dieser Redaktion aufgrund der aus seiner Sicht zu geringen Berichterstattung oder auch mit dem Verband war Kreisel bis zuletzt unnachgiebig, manche würden es auch als engstirnig bezeichnen.
Doch selbst seine Kritiker erkennen an: Kreisel hat sich wie kaum ein Zweiter für den Handballsport in der Region und vor Ort verdient gemacht. Es gibt fast kein Amt, das er nicht bekleidet hat. "Wolfgang war menschlich, hatte immer ein offenes Ohr und war ein Handball-Experte durch und durch. Er hinterlässt bei uns eine große Lücke", sagt Michael Lauter, der vom Tod ebenfalls überrascht worden ist. Der stellvertretende HSV-Vorsitzende hat Kreisel in Bergtheim seit 1979 durchgehend unterstützt, weiß also, wovon er spricht. Besonders die Nachwuchsarbeit sei ihm immer am Herzen gelegen, so Lauter. In jüngerer Zeit stellten sich in der HSV-Jugend auch wieder größere Erfolge ein.
Abteilung 1973 gegründet
Kreisel gründete die Handball-Abteilung vom ETSV Würzburg kommend 1973. Im Jahr darauf verunglückte er bei einem Autounfall – und war seither inkomplett querschnittsgelähmt. Dem Sport kehrte Kreisel dennoch nicht den Rücken, im Gegenteil. Er war der Motor des anhaltenden Aufschwungs, der die Bergtheimerinnen zu einem Aushängeschild im Freistaat werden ließ. Bei der Organisation von Freizeitaktivitäten war der Tausendsassa ebenfalls ganz vorne mit dabei.
Auch wenn Kreisel jemand war, der viel redete und auf den Tisch hauen konnte: um sich selbst machte er kein großes Bohei. In den letzten Jahren kam er auf kein Foto mehr dazu, zu seinem 70. Geburtstag vor vier Jahren sollte eigentlich niemand zum Gratulieren vorbeikommen. Und auch die Beerdigung findet auf seinen Wunsch hin im allerengsten Familienkreis statt.