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Würzburg
Hochschul-WM: Würzburger Studenten kicken in China
Die Fußballer der Universität Würzburg treten bei der ersten offiziellen Hochschul-WM in China an. Noch ist unklar, ob das Team überhaupt einreisen darf.
Die Hochschulmannschaft der Uni Würzburg mit (hinten von links) Ferdinand Hansel, Levi Wendel, Erik Schnell-Kretschmer, Adrian Dußler, Yannick Reinhart, (Mitte von links) Physio Eva Wenzlik, Physio Sebastian Fries, Ben Müller, Stefan Wasser, Simon Wengeler, Co-Trainer Tim Lorenz, Delegationsleiter Anton Kramer, Trainer Gerhard Bömmel und (vorne von links) Moritz Lotzen, Schriftführer Michael Dietl, Pascal Krämer, Alexander McBride, Paul Obrusnik. Es fehlen: Pascal Jeni, Max Wolf, Franz Ruppel, Lukas Illig und David Bröer.
Foto: Matthias Lotzen | Die Hochschulmannschaft der Uni Würzburg mit (hinten von links) Ferdinand Hansel, Levi Wendel, Erik Schnell-Kretschmer, Adrian Dußler, Yannick Reinhart, (Mitte von links) Physio Eva Wenzlik, Physio Sebastian Fries, ...
Felix Mock
Felix Mock
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:57 Uhr

Wenn alles klappt, stehen sie in einer Woche auf dem Rasen des Sports-Center-Stadions im chinesischen Jinjiang und warten vor 18 000 Zuschauern im Flutlicht auf den Anpfiff ihres WM-Spiels gegen die Gastgeber. Wenn. "Stand jetzt können wir nicht fliegen. Wir haben noch keine Visa", sagt Stefan Wasser. Der Verteidiger des Würzburger Fußballvereins wird die Hochschulfußballer in China als Kapitän auf das Feld führen – sofern die Einreiseerlaubnis der 23-köpfigen Würzburger Delegation bis dahin vorliegt.

Doch davon ist auszugehen. Zwar war der bürokratische Hindernislauf für das Team von Trainer Gerhard Bömmel fast kniffliger als die sportliche Qualifikation – die sicherte sich die Mannschaft mit einem klaren 6:0-Erfolg im Finale der Deutschen Meisterschaft gegen die Uni Duisburg-Essen. Stundenlange Telefonate und emsige Internet-Recherchen machten es schließlich möglich, die Reise nach Fernost in die Wege zu leiten. Einzig die Unterlagen sind noch nicht angekommen.

Ein paar Tage haben die Hochschulfußballer noch, ehe der Flieger in das etwa 10 000 Kilometer entfernte Jinjiang im Südosten Chinas abhebt. An Bord ist dann gefühlt die halbe Bayernliga, der Rest schnürt die Treter in der Regional- oder Landesliga. Was die Kicker eint: Sie studieren an der Würzburger Universität oder an der Fachhochschule und sind nicht vor dem 1. Januar 1994 geboren.

WFV-Kapitän Lorenz als Co-Trainer

Kapitän beim WFV, Co-Trainer der Hochschulmannschaft: Tim Lorenz
Foto: Heiko Becker | Kapitän beim WFV, Co-Trainer der Hochschulmannschaft: Tim Lorenz

Aufgrund dieser Altersgrenze darf der eigentliche Spielführer Tim Lorenz als Co-Trainer nur von der Seitenlinie helfen. "Das weiß ich schon länger, deswegen habe ich mich damit abgefunden", sagt er. Bömmel hat mit Lorenz einen qualifizierten Mann an der Seite, der als Spieler einen kurzen Draht zum Team hat. Auf die Frage nach vereinsbedingten Rivalitäten winken beide ab. "Die Jungs kennen sich gut, das ist ein Selbstläufer. Der Geist in dieser Mannschaft ist wirklich überragend", sagt Bömmel, der das Uni-Team seit 2014 betreut und vorher bei der TG Höchberg aktiv war.

"Unsere wichtigste Aufgabe wird es sein, die Mannschaft in den 14 Tagen zusammenzuhalten. Dass uns da keiner mental flöten geht, dass wir die Stimmung oben halten", sagt Lorenz. Ein Lagerkoller wäre der Genickbruch, da nickt das Trio einstimmig. Diese Erfahrung haben sie gemacht bei der Hochschul-EM in Portugal, doch seien die Umstände andere gewesen. Studentenwohnheim, Mensaessen. Keine freien Tage, keine Rückzugsorte. "Es ist normal, dass man sich nach 14 Tagen auf den Sack geht", sagt Wasser.

Unterkunft im 5-Sterne-Hotel

In Jinjiang tauschen sie das Studentenwohnheim gegen ein 5-Sterne-Hotel und spielen im Zwei-Tages-Rhythmus – deutlich bessere Voraussetzungen. Die Kosten übernimmt der Veranstalter, ein kleiner Eigenanteil bleibt am Team hängen. Peanuts, im Vergleich zur Chance, sich zum Weltmeister zu krönen. Ein Preisgeld steht nicht in Aussicht, wohl aber die Möglichkeit, im Folgejahr zurückzukommen und den Titel zu verteidigen.

Die Gruppeneinteilung der Hochschul-WM in Jinjiang
Foto: Screenshot | Die Gruppeneinteilung der Hochschul-WM in Jinjiang

Das ausgeschriebene Ziel ist die Qualifikation für das Viertelfinale. In der Vorrundengruppe A bekommen es die Würzburger Akademiker mit Studenten der Universität Malaga (Spanien), der Technischen Universität Taiyuan (China) und der Wollongong-Universität Sydney (Australien) zu tun. Steht das Bömmel-Team nach den drei Spielen auf Rang eins oder zwei, wartet die K.o.-Runde. Bekannt ist keiner der Kontrahenten. "Das ist aber der Reiz bei solchen Turnieren", erklärt Wasser. Kein Abtasten, Anpfiff und los. Einzig vage Vermutungen lassen Rückschlüsse auf den Spielstil zu. "Die Jungs aus Spanien können meistens kicken und lassen den Ball gut laufen. Die Russen spielen weniger Fußball und gehen eher über den Kampf, auch die Australier werden eher über die Physis kommen", sagt Wasser.

"Bisschen kneten kann er schon"

Mit an Bord ist Sebastian Fries, Konditionsmonster des TSV Karlburg. Auch er ist aufgrund seines Alters nicht spielberechtigt (Lorenz: "Hätten ihn gerne auf dem Platz dabei"), wird offiziell als Physiotherapeut im Kader geführt (Wasser: "Bisschen kneten kann er schon, hat er gesagt"), ist aber eher zur mentalen Unterstützung dabei (Lorenz: "Psychologisch mega wichtig, dass er mitkommt"). Das fachgerechte Kneten wird Eva Wenzlik übernehmen, die auch die Leiber der WFV-Fußballer in der Bayernliga in Schuss hält. "Spaß beiseite", wirft Trainer Bömmel ein, "das ist kein Unfug. Es ist wirklich wichtig, dass wir so Spitzentypen wie ihn dabeihaben. So funktioniert diese Mannschaft." 

Selbiges gilt für Michael Dietl, Mittelfeldspieler des TSV Abtswind. Dietl kann aufgrund einer Schambeinentzündung nicht spielen, kommt aber ebenfalls als Betreuer mit – auch, weil so kurzfristig keine Nachnominierung inklusive Visum möglich ist. Dietls Aufgabe in Fernost bestimmen Wasser und Lorenz spontan während des Gesprächs und in dessen Abwesenheit. "Für Turniere haben wir in der Unimannschaft ganz klassisch eine Mannschaftskasse mit Strafenkatalog. Das wird Michi dann übernehmen, der hat ja nix zu tun", sagt Lorenz und lacht. Zu spät zum vereinbarten Treffpunkt kommen oder blödsinnige Kommentare in der Whatsapp-Gruppe hinterlassen (Lorenz: "Da ist Ben Müller ganz vorne dabei, kostet einen Euro") sind die häufigsten Verstöße.

Derlei Aktionen verdeutlichen, wie die Mannschaft funktioniert. Elf Freunde müsst ihr sein – selten scheint diese Forderung so zutreffend, selten wirkt eine WM-Reise so sehr wie eine ausgelassene Klassenfahrt. "Ich lebe den WFV wie wenig andere", sagt Lorenz. "Aber die Unimannschaft, das ist nochmal was anderes als Vereinsfußball. Im Verein kommt der Druck oft von außen, wir legen ihn uns nur selbst auf. Es ist ein guter Ausgleich." Genau das sei der Punkt, grätscht ihm Wasser ins Wort: "Hier spiele ich einfach mit vielen guten Freunden zusammen. Und das verleitet dazu, doch noch ein bisschen mehr zu geben und sich zu zerreißen."

"Da drehe ich mich als Verteidiger im Kreis"

Den Würzburger Uni-Fußball als albernes Kicken abzutun, ist jedoch falsch – dafür sind die Ambitionen der Sportler zu hoch. "Das ist eine Stärke dieser Mannschaft", sagt Bömmel. "Spaß haben schön und gut. Aber wir wissen, wann wir feiern können und wann nicht." Zudem sei schlicht zu viel Qualität vorhanden, die Bömmel und Lorenz an der Seitenlinie regelmäßig staunen ließe. "Wenn ich Luki (Illig), Adi (Dußler), Ben (Müller) und Mo (Lotzen) in der Zentrale zuschaue, drehe ich mich als Verteidiger im Kreis. Was die da zeitweise veranstalten, ist beeindruckend", sagt Lorenz.

Jedes Team hat Schwächen, konsequenterweise auch das der Unterfranken. "Unsere Chancenverwertung lässt zu wünschen übrig. Vielleicht auch die Durchschnittsgröße. Wir sind eine ziemlich kleine Mannschaft und haben wenige Äste wie ihn dabei", sagt Bömmel und deutet auf den 1,90 Meter großen Wasser. Deshalb setzt der Trainer auf hohes Anlaufen des Gegners im 4-2-3-1. "Es ist ein verdammt laufintensives Spiel. Deswegen ist es wirklich ärgerlich, dass Michi Dietl ausfällt und Sebastian Fries nicht darf. Dafür brauchst du einen breiten Kader", ergänzt Lorenz.

Abflug ist am kommenden Montag, Ankunft in China am Dienstag – Jinjiang ist Deutschland sieben Stunden voraus. Einen Tag haben die Würzburger dann Zeit, sich zu akklimatisieren und den Jetlag zu verdauen, ehe das Auftaktspiel gegen die Universität Malaga ansteht. Sollte das Team das Viertelfinale erreichen, könnte in der zweiten Woche die Sportakademie Smolensk (Russland) warten. "Mit Smolensk haben wir noch eine Rechnung offen, sie haben uns beim letzten Aufeinandertreffen geschlagen", sagt Lorenz. "Könnte 'ne heiße Nummer werden." Klingt fast so, als sei eine Verlängerung der Klassenfahrt über die Vorrunde hinaus geplant. 

Kader der Würzburger Hochschulmannschaft
Delegationsleiter: Anton Kramer
Trainer: Gerhard Bömmel
Co-Trainer: Tim Lorenz (WFV)
Physiotherapeuten: Eva Wenzlik (WFV)
Betreuer/Schriftführer: Sebastian Fries (TSV Karlburg), Michael Dietl (TSV Abtswind)
Tor: Pascal Krämer (TSV Lengfeld)
Abwehr: Max Wolf (TSV Abtswind), Paul Obrusnik (WFV), Stefan Wasser (WFV), Franz Ruppel (SG Barockstadt Fulda), Simon Wengeler (TSV Rottendorf)
Mittelfeld: Ben Müller (TSV Aubstadt), Lukas Illig (TSV Großbardorf), Adrian Dußler (TSV Abtswind), Moritz Lotzen (WFV), Erik Schnell-Kretschmer (WFV), David Bröer (TG Höchberg), Alexander McBride (ASV Rimpar), Levi Wendel (TSV Kleinrinderfeld)
Angriff: Pascal Jeni (TSV Karlburg), Ferdinand Hansel (TG Höchberg), Yannick Reinhart (TSV Forst)
 
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