Das hat es seit fünf Jahren nicht mehr gegeben. Im Jahr 2014, damals noch in der Regionalliga Bayern, hatten die Würzburger Kickers das Auftaktmatch in die Saison mit 2:1 gewonnen. Gegner damals im Münchner Stadion an der Grünwalder Straße: die zweite Mannschaft des FC Bayern. Seither gab es zum Saisonauftakt keinen Sieg mehr für die Rothosen. Nun hieß der Gegner wieder FC Bayern München II, diesmal am heimischen Dallenberg und nun sprang auch er so sehnlichst erwartete Auftaktdreier heraus. 3:1 (1:0) hieß es am Ende für das Team von Trainer Michael Schiele.
Das Personal
Kickers-Trainer Michael Schiele musste tatsächlich auf seine neue Mittelfeld-Kreativkraft Albion Vrenezi verzichten. Der Leihspieler von Zweitligist Jahn Regensburg hatte bereits beim Abschlusstraining am Freitag gefehlt. Der Kosovare habe „muskuläre Probleme“ so die Erklärung der Kickers. Auch Frank Ronstadt fehlte wie erwartet auf dem Aufstellungsbogen. Er soll erst am Montag wieder ins Training einsteigen. Auffallend: den Posten als Ersatzmann für Torhüter Eric Verstappen nahm nicht etwa Leon Bätge ein, sondern Neuzugang Vincent Müller saß auf der Bank.
Die Aufstellung
Wie in den Vorbereitungsspielen agierten die Kickers mit einem Vierermittelfeld vor einer Viererabwehrkette. In der Zentrale verteidigte Hendrik Hansen neben Kapitän Sebastian Schuppan. So rückte Daniel Hägele, in der vergangenen Saison noch Stamm-Innenverteidiger, ins zentrale Mittelfeld. Dort sollte er dem Würzburger Spiel Ruhe und Struktur geben. Die Rechtsveteidiger-Posten scheint fest an Luke Hemmerich vergeben zu sein. Der Ex-Cottbuser war auch der Mann für Standards. Ein Pendant auf der linken Seite fehlt noch immer im Kader. Vorerst übernimmt mit Leroy Kwadwo ein Innenverteidiger die Position. Im zentralen Mittelfeld ackerte Patrick Sontheimer an der Seite von Hägele. Dave Gnaase, in der letzten Saison noch ein Eckpfeiler des Teams, saß zunächst auf der Bank. Dass Dominik Widemann im linken Mittelfeld für den verletzten Vrenezi ins Team rückte war nach den Eindrücken der Vorbereitung überraschend. Keine Überraschung war der Einsatz von Fabio Kaufmann. Auch auf das Sturmduo mit Dominic Baumann und Luca Pfeiffer hätte man ohne große Sorgen wetten können.
Der Spielverlauf
Würden, wie bei manchem Trainingsspiel, ausdauernde Ballstafetten mit Punkten belohnt, die Münchner hätten in dieser Wertung schon früh in der Partie uneinholbar in Führung gelegen. Die Gäste ließen den Ball sehr gefällig durch die Reihen laufen, gaben das Spielgerät kaum einmal ab. Sonderlich effizient war der Bayern-Ballbesitzfußball aber nicht. Denn wenn es in Richtung Kickers-Tor ging, dann hatte die Würzburger Abwehr die Sache meist im Griff. „Unser Abwehrverhalten war heute schon ziemlich gut“, fand Stürmer Pfeiffer. Der ist ja vorrangig für ganz andere Dinge zuständig.
Und Pfeiffer lieferte schon nach neun Minuten genau das, was das Würzburger Publikum vom Neuzugang erwartet. Mit der ersten Chance gelang ihm das 1:0. Sontheimer hatte den Ball lang und weit in den Strafraum getreten, Schuppan war entschlossen hochgesprungen und hatte den Ball mit dem Kopf verlängert. Pfeiffer setzte vehement nach und köpfte zum Führungstreffer ein. Dass die Pfeife von Schiedsrichter Daniel Schlager stumm blieb war, auch wenn Pfeiffer und der Gäste-Keeper Christian Früchtl nach dem Kopfball zusammenrasselten, richtig. Pfeiffer war schlichtweg schneller am Ball gewesen.
Es sollte lange Zeit auch der einzige gefährliche Torabschluss der Rothosen bleiben. Die Kickers verlegten sich gegen weiter emsig kombinierende, aber kaum einmal gefährliche Gäste aufs Kontern, leisteten sich bei ihren Gegenstößen aber zu viele Flüchtigkeitsfehler. „Nervosität“ sei da noch im Spiel gewesen, meinte Trainer Schiele später über die erste Halbzeit, mit der er trotz Führung nicht zufrieden war.
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Nach dem Seitenwechsel sorgten vor allem Standardsituationen vor dem Münchner Tor für Gefahr. Zweimal leistete Luke Hemmerich die Vorarbeit, einmal per Freistoß, einmal per Eckball. Pfeiffer und Hägele fanden mit ihren Kopfbällen jeweils in Bayern-Keeper Früchtl ihren Meister.
Auch Kickers-Torhüter Verstappen konnte sich auszeichnen, als er in der 58. Minute gegen den umtriebigen Bayern-Angreifer Kwasi Okyere Wriedt die Oberhand behielt. Ein Schuss vom Münchner Neuzugang Timo Kern, für 400 000 Euro von Mitaufsteiger Waldhof Mannheim geholt, knallte an die Latte des Kickers-Kastens. Als Wriedt dann tatsächlich in der 77. Minute der 1:1-Ausgleich gelang, war das nicht einmal unverdient.
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Doch die Kickers schlugen zurück. Als die jungen Münchner noch im Hochgefühl des Ausgleichs in der Abwehr nicht ganz so konzentriert zu Werke gingen, ließ Fabio Kaufmann auf dem rechten Flügel die Partie mit einer Einzelaktion wieder auf die Seite der Rothosen kippen. Der Deutsch-Italiener setzte sich entschlossen im Zweikampf durch, ließ einen trockenen Schuss folgen und traf zum 2:1 für die Kickers. Nur zwei Minuten später, der schönste Treffer der Partie: Hemmerich, in der zweiten Halbzeit bester Würzburger, zog auf dem rechten Flügel einen unwiderstehlichen Sprint an und legte klug zurück auf Gnaase. Der war in der 66. Minute für den leicht angeschlagenen Sontheimer in die Partie gekommen. Der klasse Direktschuss mit der Innenseite in die Maschen des Münchner Kastens war auch als Statement im Kampf um einen Stammplatz im Mittelfeld zu verstehen.
Dass die Gäste hernach nicht aufsteckten, weiter mutig ihre Chance suchten, war aus Münchner Sicht gewiss löblich. Am Endresultat änderte dies freilich nichts mehr.
Die Stimmen
Kickers-Trainer Michael Schiele: "Wir haben heute ein gutes Zweikampfverhalten gehabt, viele Bälle gewonnen, aber leider nicht alle Konter gut ausgespielt. Da hat noch der letzte Pass gefehlt. Diese drei Punkte vor einer tollen Kulisse nehmen wir auf jeden Fall sehr gerne mit.“
Bayern-Trainer Sebastian Hoeneß: "Wir haben ein gutes Spiel gemacht und die Partie über weite Strecken bestimmt und diktiert."
Einige der Neuen wie Pfeiffer und Hemmerich sind sehr vielversprechend gestartet und scheinen auch gute Charaktere zu sein.