Der Mythos lebt noch. Wenn am Betzenberg ein neuer Trainer kommt, ist das auch bundesweit eine Meldung wert, anders als bei manch anderem Fußball-Drittligisten, von dem man im Fußball-Land allenfalls am Rande Notiz nimmt. Das Schicksal 1. FC Kaiserslautern, stolzer vierfachen deutscher Meister und inzwischen tief gefallen auf Rang zwölf der Dritten Liga, lässt nur wenige Fußball-Anhänger völlig kalt. So ist das Gastspiel der Würzburger Kickers im Fritz-Walter-Stadion am Samstag (14 Uhr, live im SWR, Liveticker auf www.mainpost.de) dann auch eine Partie unter besonderere Beobachtung: mal wieder ein Neubeginn am „Betze“.
Sascha Hildmann ist der neunte Trainer in den letzten fünf Jahren, der sich am Traditionsverein aus der Pfalz versuchen darf. Als er bei seiner Vorstellung am Donnerstagmittag gefragt wurde, warum er sich diesen Job antue, antwortete er: „Hier zu arbeiten, ist eine Ehre. Für mich ist es das Größte, hier Trainer zu sein.“ Man könnte nun Augen rollend bemerken, dass so etwas schon mancher Trainer bei Dienstbeginn so ähnlich formuliert hat. Aber man muss wissen: Der 46-Jährige Hildmann ist in Kaiserslautern geboren. „Ich bin FCK-Fan“, sagt der neue Trainer.
Sein nach dem 0:5 in Unterhaching entlassener Vorgänger Michael Frontzeck, ein gebürtiger Mönchengladbacher, wird so etwas nicht über sich sagen. Der macht im Rückblick nämlich auch die enorme Erwartungshaltung in Kaiserslautern für sein Scheitern verantwortlich. „Die wenigsten Menschen dort wollen wahrhaben, was in den zurückliegenden 20 Jahren passiert ist. Und zwar nichts Positives. Der FCK ist wirklich ausgeweidet worden“, sagt er. Am Ende sei es ein Fehler gewesen, das Saisonziel direkter Wiederaufstieg mitzutragen. Der Klub ist derzeit den Abstiegsrängen näher als den Aufstiegsplätzen, steht im Tableau noch zwei Ränge hinter den Würzburger Kickers. Sport-Geschäftsführer Martin Bader, der als einstiger Erstliga-Manager in Hannover und Nürnberg im Sommer auch Drittliga-Neuland betrat, möchte sich vom großen Ziel aber nicht so schnell verabschieden. „Wir haben immer gesagt: Der 1. FC Kaiserslautern muss alles dafür tun, am Ende ein Wörtchen im Aufstiegskampf mitzureden“, so Bader am Donnerstag: „Diese Mannschaft ist in der Lage, um die vorderen Plätze mitzuspielen. Das sehen wir noch immer so.“
Kurzum, von den Pfälzern wird gewiss schon am Samstag gegen Würzburg ein Dreier erwartet. Auch wenn Neu-Trainer Hildmann, der im Übrigen im Oktober wenige Tage vor dem Gastspiel bei den Kickers als Chefcoach von Liga-Kontrahent SG Großaspach entlassen wurde, die Favoritenrolle gerne weiterschieben würde. „Skarlatidis, Schuppan, Hägele – das sind alles gestandene Dritt- oder sogar Zweitligaspieler. Da kommt ein starker Gegner auf uns zu“, versucht der Neue die Erwartungen an sein Debüt auf der Bank schon einmal zu dämpfen.
Ob es dabei auch ein Wiedersehen mit Wolfgang Hesl gibt? Der Torhüter, in der vergangenen Saison im Kickers Kasten von Patrick Drewes abgelöst, war nach seinem Wechsel vom Dallenberg zum Betzenberg eigentlich als Nummer drei vorgesehen gewesen. Aber nachdem sich Stammkeeper Jan-Ole Sievers verletzt hatte, rückte der 32-jährige Hesl auf den Posten zwischen den Pfosten und behauptete seinen Platz bei bislang zehn Saisoneinsätzen. Zwischenzeitlich trug Hesl sogar die Kapitänsbinde. Beim 0:5 in Haching bekam der Oberpfälzer Hesl aber – wie die meisten seiner Kollegen – schlechte Kritiken. Ob Hildmann also mit einem Torwartwechsel einen neuen Reiz setzen will? In jedem Fall sei es wichtig, findet Bader, dass der neue Trainer vor der Partie gegen die Kickers verpflichtet wurde: „Das ist ein wichtiges Signal für Mannschaft, Verein und Fans, dass wir das Spiel gegen Würzburg mit der größtmöglichen Konsequenz angehen.“
Für Kickers-Trainer Michael Schiele ist die Suche nach einer passenden Taktik für den Samstag nun ein bisschen wie das berühmte Stochern im Nebel. „Mal abwarten. Man braucht vielleicht auch zwei verschiedene Matchpläne für diese Partie“, sagt er: „In Großaspach hat Sascha Hildmann sein Team oft etwas defensiver agieren lassen. Ob das am Betzenberg möglich ist, ob es das ist, was die Fans erwarten, das müssen wir einmal abwarten.“